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Projekt „Schüler retten Leben“ startet in Lübeck

Mittwoch, 09. November 2016

Landesweit sollen Schüler der 7. und 8. Klassen zu Lebensrettern ausgebildet werden – Ziel ist eine verbindliche Einführung von Erster Hilfe in den Unterricht

Mit einer ersten Unterrichtseinheit für Schülerinnen und Schüler an der Grund- und Gemeinschaftsschule St. Jürgen in Lübeck startet die Landesarbeitsgemeinschaft Erste Hilfe Schleswig-Holstein (LAG EH S-H) und das Institut für Rettungs- und Notfallmedizin (IRuN) des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein das Projekt „Schüler retten Leben“. Ziel der Initiative ist es, landesweit Schüler der 7. und 8. Jahrgangsstufe zu befähigen, einen Herz-Kreislauf-Stillstand zu erkennen und einen Notruf sowie Wiederbelebungsmaßnahmen selbstständig vornehmen zu können. Im Beisein von Bildungsministerin Britta Ernst und UKSH-Vorstandsvorsitzendem Prof. Dr. Jens Scholz übergaben die Initiatoren die ersten Übungsgeräte an die bereits ausgebildeten Lehrkräfte.

„Dass auch Laien Menschen wiederbeleben können, sollte immer mehr eine Selbstverständlichkeit in unserer Gesellschaft werden“, sagte Bildungsministerin Britta Ernst. Sie sei froh, dass die schleswig-holsteinischen Schulen, das UKSH und die Landesarbeitsgemeinschaft „Erste Hilfe“ ein so wichtiges Projekt gemeinsam vorantreiben. „Wenn auch nur ein einziges Menschenleben durch einen ausgebildeten Jugendlichen gerettet wird, hat dieses Projekt seinen Zweck bereits erfüllt“, sagte die Ministerin. Sie dankte den Lehrerinnen und Lehrern, die sich an der Pilotphase beteiligt haben und betonte, sie sei davon überzeugt, dass viele weitere Lehrkräfte ihrem Beispiel folgen werden.

„Nicht nur die in Wiederbelebung ausgebildeten Lehrer, sondern vor allem auch die Schüler sind hervorragende Multiplikatoren, um die einfachen und sehr effektiven Maßnahmen für eine Wiederbelebung anzuwenden und zugleich ihre Familien für das Thema zu sensibilisieren“, sagte Prof. Scholz, „wir freuen uns, gemeinsam mit der Landesarbeitsgemeinschaft einen nachhaltigen Beitrag im Kampf gegen den plötzlichen Herztod leisten zu können.“ „Diese Form der Ausbildung ist eine gelungene Weiterentwicklung der auch bei uns erfolgreichen Schulsanitäterausbildung. Jugendliche und junge Erwachsene engagieren sich ehrenamtlich für die Gesundung ihrer Mitmenschen, legen Berührungsängste ab und werden so zu Vorbildern der Gesellschaft“, sagte Schulleiter Stefan Pabst.

In Deutschland sind der plötzliche Herztod und der Kreislaufstillstand Ursache für mehr als 100.000 unerwartete Todesfälle pro Jahr. Bei Herzkreislaufstillständen kommt es nach vier bis fünf Minuten zu irreversiblen Schäden der Gehirnzellen. Bis zum Eintreffen der Rettungsdienste vergehen in der Regel aber mindestens acht Minuten, die gesetzliche Hilfsfrist liegt in Schleswig-Holstein sogar bei zwölf Minuten. Dieses Zeitfenster kann nur durch Ersthelfer überbrückt werden. Studien belegen, dass bei frühzeitigem Beginn von Wiederbelebungsmaßnahmen die Überlebenschancen nahezu verdreifacht werden können. „In Deutschland werden nur in ca. 30 Prozent aller Herz-Kreislauf-Stillstände Herzdruckmassagen durch Ersthelfer durchgeführt“, sagte PD Dr. Jan-Thorsten Gräsner, Direktor des IRuN, „in den Niederlanden und Skandinavien liegt die Laienreanimationsquote hingegen bei rund 60 bis 70 Prozent.“

Um die Reanimationsquote durch Ersthelfer zur erhöhen, befürwortete der Schulausschuss der Kultusministerkonferenz bereits 2014 die Einführung von zwei Unterrichtstunden zu diesem Thema und empfiehlt den Ländern, die Lehrkräfte entsprechend schulen zu lassen. „Es wäre am Ende hilfreich für eine nachhaltige Verbesserung der Reanimationsquote durch Laien, wenn Wiederbelebungstrainings landesweit im Unterricht für Schülerinnen und Schüler ab Klasse 7 stattfinden würden“, sagte Jörg Poser, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft Erste Hilfe. Die LAG EH S-H und das UKSH legten dem Ministerium für Schule und Berufsbildung ein mögliches Konzept für eine flächendeckende Umsetzung in Schleswig-Holstein vor.

Das Konzept sieht vor, dass alle Schüler im 7. bzw. 8. Schuljahr in einem Umfang vor zwei Unterrichtseinheiten in der Herz-Lungen-Wiederbelebung geschult werden. Dazu werden im Institut für Rettungs- und Notfallmedizin Schulungen für Lehrkräfte angeboten. Ziel ist es, pro Schule mindestens drei Lehrkräfte für die Unterrichtung der Lerninhalte auszubilden. „In Pilotschulungen haben wir bereits Lehrkräfte der Max-Planck-Schule in Kiel, der Grund- und Gemeinschaftsschule St. Jürgen in Lübeck und der Gemeinschaftsschule Neumünster-Brachenfeld geschult und haben sehr viel Zuspruch seitens der Teilnehmer erhalten. Unterstützend bieten wir für die Pilotschulungen an, dass unsere Mitarbeiter bei den ersten Unterrichtseinheiten in den drei jeweiligen Schulen anwesend sind“, sagte Dr. Gräsner. „Unser langfristiges Ziel ist, dass Schülerinnen und Schüler – und später als Erwachsene – in Notfallsituationen nicht wegschauen, sondern initiativ werden, Verantwortung übernehmen und helfen“, sagt Dieter Bremer, Lehrer an der GGS St. Jürgen.

Das Programm „Schüler retten Leben“ in Schleswig-Holstein wird durch die UKSH Förderstiftung mit 18.000 Euro unterstützt. Es ist Teil der bundesweiten Infokampagne „Ein Leben retten. 100 Pro Reanimation“, einer Initiative des Berufsverbands Deutscher Anästhesisten e.V., der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e.V. und der Stiftung Deutsche Anästhesiologie.

Das Institut für Rettungs- und Notfallmedizin des UKSH wurde 2015 gegründet, um die notfallmedizinische Kompetenz des UKSH als einzigem Maximalversorger des Landes an einer Stelle zu bündeln und die notfallmedizinische Versorgung in Schleswig-Holstein zu optimieren. Zu seinen Aufgaben gehört darüber hinaus die Stärkung der Kooperation mit den Partnern im Rettungsdienst sowie die Vereinheitlichung der Aus-, Fort- und Weiterbildung im Bereich Notfallmedizin.

Die Landesarbeitsgemeinschaft Erste Hilfe Schleswig-Holstein wurde im Jahr 1997 von den Hilfsorganisationen ASB, DLRG, DRK, JUH und MHD gegründet, um die Qualität der Erste-Hilfe-Ausbildung zu sichern sowie deren Inhalte und die Vermittlung dieser ständig den neuesten Erkenntnissen anzupassen. Im Jahr 2016 wird die LAG EH durch den DRK-Landesverband Schleswig-Holstein e.V. vertreten.

Für Rückfragen steht zur Verfügung:
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein
Institut für Rettungs- und Notfallmedizin, PD Dr. Gräsner
Tel.: 0431 500-31501, E-Mail: Jan-Thorsten.Graesner@uksh.de

Schülerin Lea Schild demonstrierte Bildungsministerin Britta Ernst, Schulleiter Stefan Pabst, UKSH-Vorstandsvorsitzendem Prof. Dr. Jens Scholz und PD Dr. Jan-Thorsten Gräsner, Direktor des IRuN (v.l.), was sie bereits über Wiederbelebung gelernt hat.

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