Auszeichnung für Forschungsgruppe "Minimal-invasiver Herzklappenersatz" der Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie am Campus Kiel
Dr. René Quaden, Assistenzarzt der Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, Campus Kiel, hat im Rahmen der 10. Jahrestagung der International Society for Minimally Invasive Cardiothoracic Surgery (ISMICS) in Rom den Robert Emery Young Investigator Award 2007 erhalten. Ausgezeichnet wurde seine Forschungsarbeit zum Herausschneiden der Hauptschlagaderklappe durch kleine, minimal-invasive chirurgische Eingriffe.
Seit mehr als vier Jahren arbeitet Quaden mit Privatdozent Dr. Georg Lutter in der Arbeitsgruppe "Minimal-invasiver Herzklappenersatz" der Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie an der Umsetzung des Projektes zum kathetergestützten Herausschneiden erkrankter Aortenklappen. Bisher konnte die 25-köpfige Arbeitsgruppe zeigen, dass die Entfernung einer erkrankten Herzklappe ohne die komplette Öffnung des Brustkorbs möglich ist, indem über die Blutgefäße mit einem Hochdruckwasserstrahlskalpell und einem speziellen Laser gearbeitet wird.
Mit der aktuellen Auszeichnung erhält die Arbeitsgruppe den zweiten international bedeutenden Preis in diesem Jahr für hervorragende wissenschaftliche Arbeiten. Dr. Tim Attmann war im Rahmen der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) 2007 mit dem Ulrich-Karsten Preis für ausgezeichnet worden. Ingesamt erhielt die Arbeitsgruppe damit den fünften Wissenschaftspreis in fünfjähriger Forschungstätigkeit am Campus Kiel.
Die besondere Herausforderung des Forscherteams um Georg Lutter liegt darin, die defekte Herzklappe vor dem Einsatz einer neuen Klappe herauszuschneiden. Wie soll das technisch funktionieren? Die alte, verkalkte Herzklappe muss zuerst isoliert werden. Dann ist es notwendig, den Bereich um diese Herzklappe herum vom Blutfluss zu trennen, also eine Art blutleeren Raum herzustellen. Innovativ ist hierbei die Idee, spezielle Ballons oberhalb und unterhalb der Klappe aufzublasen und dadurch die Zuwege der Blutbahnen zur Klappe zu verschließen. So entsteht ein Arbeitsbereich in einer Größe von etwa drei Kubikzentimetern, in dem die Kieler Forscher operieren können. Dort wird die defekte oder verkalkte Herzklappe mit Hilfe einer speziellen Lasersonde oder mittels eines starken Wasserstrahls herausgeschnitten, zerkleinert und über eine andere "Tunnelröhre" des Katheters heraustransportiert.
Wurde die alte Klappe entfernt, kann die neue biologische Herzklappe sauber eingesetzt werden. Dazu wird sie außerhalb des Herzens auf ein Drahtgerüst montiert, gefaltet und durch den Katheter in das menschliche Herz transportiert. Vor Ort wird sie entfaltet und eingesetzt. Dieses kombinierte Verfahren ist heute für den Patienten noch nicht verfügbar, wird in der modernen Herzklappen-Chirurgie jedoch eine große Rolle spielen.
In wenigen Jahren soll die Technik zur Verfügung stehen, die den perfekten chirurgischen Herzklappen-Ersatz über die Leiste mit modernen Kathetersystemen möglich macht. Auf das Öffnen des Brustkorbes und den Einsatz der Herz-Lungen-Maschine kann dann verzichtet werden. Für den Körper und Organismus des Patienten bedeutet dies, dass die gesamte Operation schonend durchgeführt werden kann und die Operationswunde im Bereich des Brustbeins nicht mehr notwendig ist. Patienten können dann früher nach Hause entlassen werden und benötigen keine lange Rehabilitation mehr.
Weltweit arbeiten gerade einmal fünf Arbeitsgruppen intensiv und erfolgreich auf diesem Gebiet. An sehr wenigen Zentren werden Verfahren des Herzklappenersatzes über die Leiste bereits am Menschen angewendet, jedoch ausnahmslos ohne Beseitigung der verkalkten, patienteneigenen Klappe, die nur komprimiert wird. Dadurch sind die Ergebnisse bisher nicht optimal. Es zeigen sich häufig Durchlässigkeiten zwischen den neuen und alten Klappen, so dass sich Beeinträchtigungen für den Patienten ergeben können. Die Arbeitsgruppe sieht daher die Notwendigkeit zur nachhaltigen experimentellen Forschung. Erst wenn die Methode ausgereift ist, sollte eine breite, klinische Anwendung am Patienten erfolgen.
Die Arbeitsgruppe Lutter, Quaden und Cremer hat in diesem Jahr mit ihren Kooperationspartnern bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft und beim Bundesministerium für Bildung und Forschung über 1,7 Mio. Euro eingeworben, um die kathetergestützte Klappen-Technologie voranzutreiben. Ohne diese Unterstützung wäre das Großprojekt undenkbar. Wichtige Partner bei der Durchführung sind außerdem das Laserzentrum in Lübeck und das Institut für Mikrotechnik der TU Braunschweig. Die Fördermittel werden in den nächsten drei Jahren für die Weiterentwicklung von Techniken eingesetzt, um die alte, verkalkte Herzklappe über einen Leistenkatheter herauszuschneiden und dann eine neue körpereigene Herzklappe zu implantieren.
Für Rückfragen stehen zur Verfügung:
Prof. Dr. Jochen Cremer, Direktor der Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel
Arnold Heller Str. 7, 24105 Kiel
Tel.: 0431 / 597-4400, Fax: 0431 / 597-4402
E-Mail: Jochen.Cremer@uksh-kiel.de
PD Dr. Georg Lutter, Leiter der Forschung der Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie
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