Internationale Studie identifiziert 29 neue Genvarianten
Einem internationalen Wissenschaftsverbund unter Beteiligung des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) und des Schleswig-Holsteinischen Exzellenzclusters Entzündungsforschung ist es gelungen, 29 neue Genvarianten zu identifizieren, die mit der Entstehung von Multipler Sklerose (MS) in Verbindung stehen und tiefe Einblicke in die Biologie einer der häufigsten neurologischen Krankheiten gewähren. Da viele der erkannten Gene in direktem Zusammenhang mit dem Immunsystem stehen, konnten die Experten eine Immunschwäche als wahrscheinliche Ursache von MS ausmachen.
"Dieser Forschungserfolg ist ein Meilenstein auf dem Weg der Entdeckung der Entstehungsmechanismen der Multiplen Sklerose", sagt Prof. Dr. Stefan Schreiber, Direktor der Klinik für Allgemeine Innere Medizin am UKSH und Sprecher des Exzellenzclusters Entzündungsforschung. "Diese Arbeit wird großen Einfluss auf die Debatte über die Ursachen der MS nehmen und damit neue Wege zur Erforschung kausaler Therapien eröffnen", ergänzt der Neurologe Prof. Dr. Dr. Kuhlenbäumer, Direktor des Instituts für Experimentelle Medizin am UKSH.
MS ist eine der am weitesten verbreiteten Erkrankungen des Nervensystems. Betroffen sind weltweit 2,5 Millionen zumeist junge Erwachsene. Die Krankheit entsteht durch einen Defekt von Nervenfasern in Gehirn und Rückenmark und deren Isolierung, der Markscheide. Die verletzten Nervenbahnen können für alltägliche Handlungen wie das Sehen, Gehen, Fühlen, Denken und die Kontrolle von Darm und Blase keine korrekten Informationen mehr weiterleiten. Die nun veröffentlichten Erkenntnisse belegen die Schlüsselrolle der körpereigenen Abwehrkräfte und erklären, wie sich der Angriff auf Gehirn und Rückenmark vollzieht.
Die Forschungsarbeit eines internationalen Forscherverbundes, geleitet von den Universitäten von Cambridge und Oxford, wurde heute im Wissenschaftsjournal "Nature" veröffentlicht. Es ist die weltweit größte MS-Genomstudie. 250 Wissenschaftler untersuchten die DNA von 9.772 MS-Betroffenen und 17.376 nicht betroffenen Kontrollpersonen. Dabei gelang es, 23 bereits bekannte genetische Verbindungen zu bestätigen und 29 neue genetische Varianten zu entschlüsseln, die zur Auslösung der MS beitragen.
Eine große Zahl der identifizierten Gene spielen eine Schlüsselrolle für die Funktion des Immunsystems - insbesondere bei der Funktion der T-Zellen. Diese weißen Blutkörperchen sind einerseits für die Abwehr fremder Erreger zur Erhaltung des Autoimmunsystems verantwortlich. Andererseits aktivieren sie die körpereigenen Botenstoffe in den Zellen des Immunsystems (Interleukine). Auffällig am Forschungsergebnis ist, dass ein Drittel der identifizierten Gene bereits für die Entstehung anderer Autoimmunkrankheiten (Morbus Crohn, Diabetes Typ 1) ausgemacht wurden. Damit sind ist offensichtlich, dass gleiche Auslöser in unterschiedlichen Krankheitsbildern auftreten.
Vorherige Studien haben bereits auf einen Zusammenhang zwischen Vitamin D-Mangel und einem erhöhten MS-Risiko hingewiesen. Gemeinsam mit zahlreichen Genen, die direkt mit dem Immunsystem in Verbindung stehen, haben die Forscher zwei Gene identifiziert, die am Vitamin D-Stoffwechsel beteiligt sind und damit das Zusammenspiel von genetischen und umweltbedingten Risikofaktoren erklären helfen.
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