„Lange Zeit glaubte man, dass durch den Einsatz hochwirksamer Antibiotika bakterielle Infektionskrankheiten für alle Zeiten besiegt seien. In den letzten Jahren werden diese Waffen jedoch zunehmend stumpf, weil viele Erreger, auch durch zu häufigen Einsatz in Kliniken und Arztpraxen, resistent geworden sind und es keine neuen wirksamen Antibiotika gibt", beklagt Prof. Dr. Werner Solbach, Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck.
„Es müssen dringend neue Antibiotika entwickelt und den Patienten zur Verfügung gestellt werden", sagte der Mediziner als Gastgeber einer Klausurtagung der Hamburger Akademie der Wissenschaften und der Leopoldina, Nationale Akademie der Wissenschaften, zu der an der Universität zu Lübeck und dem UK S-H hochrangige Vertreter aus der Wissenschaft, pharmazeutischen Industrie, Krankenkassen und Politik zusammengekommen waren.
Die Industrie könne die Entwicklungskosten eines neuen Antibiotikums in Höhe von rund einer Mrd. Euro kaum noch erwirtschaften. Deshalb seien in Zukunft neue Formen der Partnerschaft zwischen öffentlich geförderter Forschung, Industrie und Krankenkassen unabdingbar, so Prof. Solbach. Denkbar sei z.B. auch, den Patentschutz für die Pharmaindustrie zu erweitern.
Erschwerend komme hinzu, dass der Forschungsansatz bei der Entwicklung neuer Antibiotika nach neuesten Erkenntnissen revidiert werden muss. „Man ist bisher davon ausgegangen, dass man neue wirksame Mittel findet, wenn man die Gene der Bakterien kennt. Diese Annahme hat sich als Trugschluss erwiesen", erklärt der Mediziner. Es seien zwar Moleküle entdeckt worden, die Bakterien abtöten oder ihr Wachstum hemmen. „Sie sind aber wegen der Nebenwirkungen für den Einsatz im menschlichen Organismus nicht geeignet." Deshalb konzentriere man sich jetzt wieder auf die Suche nach Stoffen, die in der freien Natur vorkommen.
Im Anschluss an die Klausurtagung werden jetzt Vorschläge erarbeitet, wie die Problematik der Antibiotika-Resistenzen gelöst werden kann. Sie sollen allen Tagungsteilnehmern und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.
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