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Erster resorbierbarer Stent am UKSH implantiert

Freitag, 18. Mai 2012

Therapeutische Probleme herkömmlicher Gefäßstützen aus Metall sollen durch Auflösung des Implantats minimiert werden

Erstmals in Schleswig-Holstein wurde an der Klinik für Innere Medizin III - Kardiologie und Angiologie (Direktor Prof. Dr. Norbert Frey) am Campus Kiel des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) einem Patienten eine selbstauflösende Gefäßstütze - ein sogenannter resorbierbarer Stent - in ein Herzkranzgefäß eingepflanzt. Bei dem neuartigen Verfahren werden Stents verwendet, die aus biologisch abbaubaren Materialien bestehen und sich innerhalb von zwei Jahren vollständig auflösen.

„In unserem konkreten Fall haben wir einen Stent verwendet, der im Wesentlichen aus Polylactid, also einer Milchsäureverbindung besteht, und einfach ausgedrückt bei Kontakt mit Wasser in seine Einzelbestandteile zerlegt wird“, sagt Dr. Mark Rosenberg, Oberarzt an der Klinik für Innere Medizin III. „Die entstandene Milchsäure kann dann im Körper zu Wasser und Kohlendioxid verarbeitet werden, das dann letztendlich über die Atmung bzw. die Niere den Körper verlässt.“

Stents bestehen normalerweise aus Edelmetall-Legierungen. Sie wachsen nach der Implantation in die Gefäßwand ein und verbleiben dort das ganze restliche Leben lang. Um während der Einheilung des körperfremden Materials mögliche Gewebewucherungen zu verhindern, können herkömmliche Stents mit Wirkstoffen beschichtet werden, die das Zellwachstum unterdrücken. Diese wiederum erschweren jedoch den Einheilungsprozess. Ohne die zelluläre Schutzschicht bilden sich an den metallenen Stentoberflächen aber leicht Gerinnsel, die eine bedrohliche Gefäßverstopfung nach sich ziehen können. Um den gelegentlich tödlich verlaufenden Stentverschlüssen zu begegnen, müssen viele Patienten für die Einheilungszeit die Blutgerinnung unterdrückende Mittel einnehmen. Diese Gerinnungshemmer bergen aber wiederum ein erhöhtes Blutungsrisiko.

Auch nach der Einheilung ist die Gefahr vor Wiederverschlüssen nicht gebannt: „Da das Implantat nur für einige Monate als Gefäßstütze benötigt wird, erfüllt es danach keine Funktion mehr. Dieser Fremdkörper kann jedoch eine chronische Entzündung in den Gefäßwänden hervorrufen, die zu einer Wiederverengung von implantierten Stents führen kann“, sagt Dr. Rosenberg. Dementsprechend sei der Auflösungsprozess mit der Hoffnung verbunden, dass bei nicht mehr vorhandenem Stent weniger Gefäßirritationen künftig zu weniger Wiederverengungen führen werden. „Außerdem wird durch einen Metallstent das Gefäß wie in einem Käfig fixiert. Dadurch werden sämtliche Selbstheilungstendenzen von Herzkranzgefäßen unterdrückt“, sagt der Kardiologe.

Deshalb setzen die UKSH-Experten nun auf bio-resorbierbare Stents aus Polylactid. „Nach dem Auflösungsprozess bleibt ein strukturell und funktionell normales Herzkranzgefäß zurück“, so Dr. Rosenberg. Eine medikamentöse Beschichtung des Stents soll verhindern, dass sich im Bereich der Implantation wieder eine Engstelle bildet.

Die neuartige Methode wird im UKSH bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung eingesetzt. „Dabei handelt es sich um eine durch Gefäßverkalkung verursachte Einengung der Herzkranzgefäße, die zu einer Minderdurchblutung des Herzmuskels führt“, erklärt Dr. Rosenberg. Die koronare Herzerkrankung gehört zu den sogenannten Volkskrankheiten und ist daher sehr häufig. In der Bevölkerungsgruppe der über 65-Jährigen ist mehr als ein Viertel (28 Prozent) von einer koronaren Herzerkrankung betroffen. Darüber hinaus gelten die koronare Herzerkrankung und der aus ihr resultierende Myokardinfarkt als führende Todesursache in Deutschland.

Derzeit kann die Methode nur in bestimmten Fällen eingesetzt werden, da es den resorbierbaren Stent bisher nur in einer Größe (3 mm Durchmesser und 18 mm Länge) gibt. Um die Erfahrungswerte der neuen Methode weiter zu verbessern, schließt die Klinik alle Patienten, die mit diesem Gerüst behandelt werden, in ein Register ein.

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Prof. Dr. Dr. Norbert Frey,
Direktor der Klinik für Innere Medizin III - Kardiologie und Angiologie

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Der selbstauflösende Stent ist 18 Millimeter lang und hat einen Durchmesser von drei Millimetern.
Quelle: Abbott 2011

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Für Rückfragen steht zur Verfügung:
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel,
Klinik für Innere Medizin III - Kardiologie und Angiologie,
OA Dr. Mark Rosenberg,
Telefon: 0431 597-1405, E-Mail: Mark.Rosenberg@uksh.de 

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