"Der Sanierungsprozess des UK S-H kann gelingen. Zur Absicherung der Nachhaltigkeit ist die Beseitigung des Investitionsstaus unverzichtbar."
Sanierungsmanager Dr. Carl Hermann Schleifer stellt umfassendes Konzept vor.
"Der Sanierungsprozess des UK S-H kann, davon bin ich aufgrund meiner Wertungen und meiner Erfahrungen am Ende dieses Halbjahres überzeugt, gelingen. Aus meiner Sicht ist es realistisch, den Vorjahresfehlbetrag von 16.9 Mio. in € 2007 auf 8,5 Mio. € in 2008 und auf 4,3 Mio. € in 2009 zu senken, um 2010 ein leichtes Plus zu erzielen. Somit halte ich ein mindestens ausgeglichenes Betriebsergebnis ab 2010 für möglich. Allerdings wird der Sanierungserfolg erst dann nachhaltig sein, wenn der Investitionsstau beseitigt ist." Mit diesen Worten stellte Dr. Carl Hermann Schleifer das "Ziel-, Struktur- und Maßnahmenkonzept für das UK S-H" der Presse vor. Als Sanierungs- und Strategiemanager des UK S-H seit Juni 2007 hatte Dr. Schleifer das Konzept in einer Kabinettssitzung der Landesregierung am Dienstag, 1. Juli in Kiel präsentiert.
Das Universitätsklinikum ist ein zentraler Baustein für die Krankenversorgung der Bevölkerung in Schleswig-Holstein. Mit über 2.200 Betten, mehr als 240.000 ambulanten und über 100.000 stationären und teilstationären Patienten jährlich zählt es zu den größten Universitätskliniken in Deutschland. Rund 17% aller Krankenhauspatienten in Schleswig-Holstein werden hier behandelt.
Als größter öffentlicher Arbeitgeber im Land Schleswig-Holstein beschäftigt das UK S-H rund 10.000 Mitarbeiter in seinen 51 Kliniken und 26 Instituten an den beiden Standorten Kiel und Lübeck.
Mit den beiden Medizinischen Fakultäten in Kiel und in Lübeck hat das UK S-H einen deutschlandweit ausgezeichneten Ruf in der medizinischen Wissenschaft. Dies zeigen die herausragenden Ergebnisse des Exzellenz-Wettbewerbs des Bundes. Als einzige universitäre Einrichtung Norddeutschlands sind die Bedingungen für eine Exzellenz-Universität erfüllt.
"Grundsätzlich also," so Schleifer, "sind alle Voraussetzungen dafür gegeben, dass das Universitätsklinikum das universitäre Zentrum der Medizin im Norden wird."
Dazu gehört allerdings eine massive Verbesserung der wirtschaftlichen Situation. Diese würde sich für das UK S-H ohne einschneidende Sanierungsmaßnahmen im Zeitraum bis 2010 weiter verschlechtern (-16,9 Mio. € in 2007, -18,4 Mio. € in 2008, -22,4 Mio. € in 2009 und -26,3 Mio. € in 2010) .
Die Ursachen für die Ergebnisverschlechterung sind zum einen begründet
in den ineffizienten baulichen Strukturen (rund 12-13 Mio. €) und
dem vergleichsweise niedrigen Landesbasisfallwert von Schleswig-Holstein (rund 14,9 Mio. € Mehrerlöse, wenn eine Leistungsvergütung nach dem Bundesdurchschnitt erfolgen würde)
Zum anderen sind hinzugekommen:
gestiegene Energiepreise (3,3 Mio. €)
Inflationsrate oberhalb der Budgetsteigerungsrate der Krankenkassen,
Steigerung der Personalkosten auch auf Basis der Tarifauswirkungen.
Angesichts der kritischen Perspektive für das UK S-H war es mehr als richtig, dass die Landesregierung in ihrem Sanierungsauftrag vom 17. Juli 2007 dazu aufforderte, unverzüglich geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um einen Ausgleich des Betriebsergebnisses, einen Ausgleich des Bilanzverlustes, die Realisierung von Investitionen und die Stärkung der Managementkompetenzen zu erreichen. Erwartet werden umsetzbare Sanierungsschritte, damit 2008 und 2009 der jeweilige Vorjahresfehlbetrag halbiert sowie ein ausgeglichenes Betriebsergebnis 2010 erzielt wird. Bis zur Jahresmitte 2008 sollten Vorschläge für ein umfassendes Ziel-, Struktur- und Maßnahmenkonzept entwickelt werden. Dies soll auch aufzeigen, wie die Maximalversorgung gesichert und die medizinische Wissenschaft gestärkt werden können.
Dazu Schleifer: "Im UK S-H haben wir uns auf das "Projekt zur Verbesserung der Kosten- und Wettbewerbssituation des UK S-H" verständigt. Wir meinen, dass wir damit die Sanierung des Universitätsklinikums in dem vorgegebenen Zeitraum herbeiführen können. Dabei haben wir uns auf fünf zentrale Herausforderungen konzentriert, die wir allerdings nicht alle aus eigener Kraft bewältigen können:
Weiterentwicklung und enge Verzahnung von Medizin und Wissenschaft,
zunehmende Verschärfung der wirtschaftlichen Lage,
Realisierung von Wirtschaftlichkeits- und Produktivitätsreserven,
hoher Investitionsbedarf in Infrastruktur und technischen Neuerungen,
Etablierung moderner Führungsstrukturen."
Weiterentwicklung und enge Verzahnung von Medizin und Wissenschaft
Die exzellenten Leistungen von Forschung und Lehre in Verbindung mit der Krankenversorgung ist das Alleinstellungsmerkmal des UK S-H. Die Entwicklung von Leuchttürmen mit überregionaler Ausstrahlung und in enger Verzahnung von Wissenschaft und Medizin stärkt das Profil der universitären Medizin. Dies festigt die Position des UK S-H in der Gesundheitslandschaft im Norden. Auch werden innovative Ansätze in den medizinischen Studiengängen nachdrücklich gefördert.
Allerdings ist der bisherige Landeszuschuss von rund 75,5 Mio. € für Forschung und Lehre in den Kliniken und Instituten an zwei Campi problematisch gering. Die Finanzausstattung beträgt pro Studierenden in Kiel 17.273 €, in Lübeck 19.147 €, im Bundesdurchschnitt jedoch 30.031 €. Somit besteht allein für die Lehre gemäß Kostennormwertmodell der KMK ein Finanzierungsdefizit von rund 36 Mio. € pro Jahr. Auf der anderen Seite hält Schleswig-Holstein 132,4 Medizinstudienplätze pro 100.000 Einwohner vor; im Vergleich dazu Bayern nur 112,2; im Bundesdurchschnitt sind es 120,1.
Zunehmende Verschärfung der wirtschaftlichen Lage
Vor dem Hintergrund der geschilderten kritischen Rahmenbedingungen, die an sich zu einer weiteren Verschlechterung der Ergebnisse 2008, 2009 und 2010 geführt hätten, ist das gesetzte Ziel, ein ausgeglichenes Betriebsergebnis bis 2010 zu erreichen, besonders anspruchsvoll. Diesem Ziel dient in erster Linie die Umsetzung der im "Projekt zur Verbesserung der Kosten- und Wettbewerbssituation des UK S-H" durchgeführten Sanierungsschritte. Die Einzelprojekte gliedern sich in fünf Hauptprojekte: Hauptprojekt 1: Strukturen, Organisation, Prozesse, Hauptprojekt 2: Marketing und Vertrieb, Hauptprojekt 3: Führung, Leistung, Verantwortung, Vergütung, Hauptprojekt 4: Strukturelle Änderungen sowie Hauptprojekt 5: Bauinvestitionen. Die durch diese Projekte ausgelösten Sanierungsmaßnahmen zeigen erste Erfolge. Bereits in 2007 wurden 8 Mio. € realisiert; 26,4 Mio. € wurden in die Mittelfristplanung eingestellt, weitere Potentiale in Höhe von 22,2 Mio. € wurden noch nicht einbezogen, aber mit Maßnahmen hinterlegt. So lassen die Sanierungsvorhaben Verbesserungspotenziale von insgesamt 69 Mio. € in den Jahren 2007 bis 2010 erwarten. Damit kann der Anspruch zur jeweiligen Halbierung der Vorjahresverluste aus eigener Kraft erfüllt werden.
Einen Ausgleich des Bilanzverlustes kann das UK S-H allerdings nicht erreichen. Durch zusätzliche Umsatzrendite können allenfalls eigene Beiträge zum Schuldenabbau in geringem Umfang geleistet werden. Aber die wesentlichen finanzpolitischen Ziele können verwirklicht werden.
Realisierung von Wirtschaftlichkeits- und Produktivitätsreserven
Wirtschaftlichkeits- und Produktivitätsreserven müssen realisiert werden, um die Nachhaltigkeit des Sanierungsprozesses zu sichern.
Ein Kernelement ist dabei das Erlösmanagement. Zur Verbesserung ist zunächst eine Analyse der Marktposition des UK S-H vorgesehen. Darauf baut ein Programm zur Etablierung und zum Ausbau der Beziehungen zu den Einweisern auf. Gezielte Maßnahmen für Marketing und Vertrieb sollen etabliert, Kooperationen und Vernetzungen mit anderen Akteuren ausgebaut werden. Angestrebt wird eine Erlössteigerung über Fallzahlen, wobei die Zielfallzahlen im Lauf des Jahres erstellt werden.
Ein weiteres Kernelement ist die Optimierung von Prozessen und Strukturen in den einzelnen Kliniken. Zukünftig soll am UK S-H in Strukturen gearbeitet werden, die auf den Patienten ausgerichtet sind. Der Zielanspruch besteht in der fachabteilungs- und berufsgruppenübergreifenden Behandlung der Patienten entlang von klinischen Behandlungspfaden. Insofern ist die Prozessoptimierung der Primärbereiche, also der klinischen Medizin, ein Schwerpunkt der aktuellen Sanierungsbemühungen. Deutliche Produktivitätssteigerungen sind durch eine Optimierung von Aufbau- und Ablauforganisation in einzelnen Kliniken möglich. Das zeigt ein Vergleich innerhalb der Universitätsklinika. Danach entfallen in der produktivsten Klinik 48,0 Fälle pro Jahr je Vollkraft in den klinischen Diensten, in Lübeck sind es 31,8, in Kiel 23,0. Dabei sind sicherlich auch die erheblichen Mängel in der Infrastruktur zu berücksichtigen.
Hoher Investitionsbedarf in Infrastruktur und technische Neuerungen
Die perspektivische Entwicklung des UK S-H hängt zu einem großen Teil von einer zukunftsfähigen Gebäudestruktur auf beiden Campi ab. Die Behebung der infrastrukturellen Mängel ist unverzichtbar für den Sanierungserfolg und zur Förderung innovativer Diagnose- und Behandlungsmethoden. Große infrastrukturelle Nachteile für das UK S-H werden auch deutlich anhand eines Vergleichs der Gebäudeflächen in qm je stationärem Bett, z.B. Kiel 161, Lübeck 145, Berlin Buch jedoch nur 56 .
Der Investitionsbedarf beträgt für den Campus Kiel insgesamt 156,7 Mio. €, für den Campus Lübeck insgesamt 225,4 Mio. €. Davon sind rund 329 Mio. € als Investitionssumme für PPP-fähige Baumaßnahmen geeignet. Nach diesem Modell würde ein privater Unternehmer die Baumaßnahmen finanzieren, ausführen und das Management betreiben. Die Gebäude verbleiben im Eigentum des Landes und werden bis zum Abtrag des Kapitaldienstes angemietet. Das Einsparpotenzial solcher PPP-Modelle beläuft sich allein bei den Bau- und Gebäudemanagementkosten auf rund 77 Mio. € gegenüber einer herkömmlichen Realisierung. Demgegenüber können sie außerdem bis 2014 und somit 7 Jahre früher umgesetzt werden; weitere Einsparungen bei Personalkosten in Millionenhöhe kommen hinzu.
Da der private Unternehmer vorfinanziert, wäre das Land in den Jahren 2009 und 2010 in der Lage, die Baumaßnahmen, die nicht PPP-fähig sind, herkömmlich zu realisieren. Deren Finanzierung hängt endgültig von der Entscheidung des Haushaltsgesetzgebers ab. Als wichtige konventionelle Baumaßnahmen zur Verbesserung der Aufbau- und Ablauforganisation stehen in Kiel der Chirurgie-Zwischenbau und die Zentrale Notaufnahme, in Lübeck die Schwerbrandverletzteneinheit mit einem Investitionsbedarf von rund 53 Mio. € an.
Die insgesamt erforderlichen Investitionsmittel kann das UK S-H allein nicht aufbringen. Allerdings können sie beim PPP-Modell durch eine kontinuierliche Förderung seitens des Landes in Höhe von ca. 30 Mio. € jährlich verwirklicht werden.
"Ein solche Förderung," so Schleifer, "ist aus meiner Sicht gut angelegt. Er wäre nicht nur ein Signal für die nachhaltige Unterstützung des UK S-H seitens des Eigentümers Land, sondern würde auch einen neuen Motivationsschub im Universitätsklinikum bewirken."
Etablierung moderner Führungsstrukturen
"Aus eigener Kraft," so Schleifer, "kann die Entwicklung des UK S-H zu einem wettbewerbsfähigen Gesundheitsunternehmen gelingen." Dies setzt für den Bereich der klinischen Krankenversorgung voraus, dass der fachlich hochqualifizierte Chefarzt als Klinikunternehmer handelt. Dieses muss seinen Niederschlag auch in den Strukturen finden. Die zukünftige Klinikstruktur auf beiden Campi muss darauf aufbauen.
Gleichzeitig ist es notwendig, die Managementkompetenzen auf allen Ebenen zu stärken. Um den Handlungsspielraum der Verantwortlichen zu erweitern und betriebswirtschaftlich erforderliche Entscheidungen zügig treffen zu können, ist u.a. der konsequente Einsatz effektiver, betriebs- und personalwirtschaftlicher Instrumente geplant. "Unternehmerisches Denken und Handeln muss in allen Bereichen Einzug halten."
Zusammenfassend stellte Schleifer fest: "Das UK S-H kann sich als das universitäre Zentrum der Medizin im Norden mit zwei leistungsfähigen Standorten, einer nachgewiesenen und sichtbaren Qualität der Leistungen in der universitären Medizin sowie einem Netzwerk von Leistungserbringern aus allen Sektoren der Gesundheitswirtschaft erfolgreich auf dem Gesundheitsmarkt platzieren. In erster Linie garantieren die am UK S-H tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, dass das Universitätsklinikum Zukunft hat. Mit der Umsetzung des Sanierungs- und Strategiekonzeptes wird das Universitätsklinikum S-H zu dem Unternehmen UK S-H. Dann wird es im Wettbewerb nachhaltig bestehen!"
Presseinfo vom 2. Juli 2008 als pdf" i_ft="PDF" i_mt="2" i_xmed="doc" /]
Oliver Grieve, Pressesprecher des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein,
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