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Deutsche Krebshilfe fördert neues Projekt zur Erforschung der Strahlenempfindlichkeit von Frauen

Freitag, 24. April 2009

Deutsche Krebshilfe fördert neues Projekt zur Erforschung der Strahlenempfindlichkeit von Frauen mit einer genetischen Veranlagung für Brustkrebs

Die Deutsche Krebshilfe fördert für zwei Jahre mit 160.800 Euro ein neues Projekt des Instituts für Humangenetik und der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, das im Rahmen des Zentrums für Erblichen Brust- und Eierstockkrebs durchgeführt wird. Dabei wird die Strahlenempfindlichkeit von Frauen mit einem erblich bedingt erhöhten Brustkrebsrisiko erforscht. Unter Leitung von Dr. Simone Heidemann (Institut für Humangenetik) und Prof. Dr. Norbert Arnold (Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe) untersuchen die Wissenschaftler der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, wie sich die Strahlenbelastung durch Mammographie und Strahlentherapie bei Frauen mit einer erblichen Veranlagung für Brustkrebs auswirkt. Dazu prüfen sie, wie sensibel Zellen von Frauen, die bereits von Geburt an eine genetische Veränderung in einem der beiden bisher bekannten Brustkrebsgene BRCA1 oder BRCA2 tragen, auf eine Mammographie bzw. Strahlentherapie reagieren.

Sollten Frauen mit einer erblichen Veränderung in einem der BRCA-Gene auf Röntgen- und andere Strahlen mit zusätzlichen relevanten Erbgutveränderungen reagieren, müsste der Stellenwert der jährlichen Mammographien in der Krebsvorsorge sowie der Strahlentherapie in der Brustkrebstherapie für diese Frauen neu bewertet werden. Die Ergebnisse dieses Forschungsprojektes sollen ein neues Verständnis der individuellen Strahlensensibilität ermöglichen und richtungweisend für moderne Früherkennungs- und Behandlungskonzepte im Kampf gegen Brustkrebs und andere Tumorerkrankungen sein.

Die Antragsteller möchten innerhalb von zwei Jahren einen Test aufbauen, mit dem genetisch determinierte Veränderungen der Strahlenempfindlichkeit gemessen werden können. Sie werden dann prüfen, ob und unter welchen Bedingungen Frauen durch eine erbliche Veränderung der BRCA-Gene empfindlicher auf verschiedene Strahlungen reagieren. Sollte das den Kieler Forschern gelingen, könnten die Früherkennung und die Therapie nicht nur beim erblichen Brustkrebs in Zukunft deutlich verbessert werden.
Die strahlenbiologischen Forschungsarbeiten am Kieler Institut für Humangenetik sollen auch Ausgangspunkt für weitere Forschungsprojekte auf dem Gebiet der genetischen Grundlagen der Strahlenbiologie sein, die z.B. auch für individuelle Therapieentscheidungen im Nordeuropäischen Radioonkologischen Centrum Kiel (NRoCK) hilfreich sein könnten.

Hintergrund:
Etwa 10% aller Frauen erkranken im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs, meist im höheren Lebensalter mit durchschnittlich 63 Jahren. Bei Frauen mit einer erblichen Veranlagung für Brustkrebs ist das Brustkrebsrisiko gegenüber diesem so genannten Basisrisiko etwa achtfach erhöht. Etwa 10% aller Brustkrebserkrankungen beruhen auf einer erblichen Veranlagung. Dabei handelt es sich etwa bei der Hälfte der Frauen mit erblichem Brustkrebs um Veränderungen (Mutationen) in einem der beiden bisher bekannten Brustkrebsgene BRCA1 oder BRCA2. Eine solche genetische Veranlagung geht mit einem bis zu 80%-igen Krebsrisiko einher. Oft sind die Frauen bei Erkrankungsbeginn jünger (im Durchschnitt unter 45 Jahre), erkranken häufiger beidseits an Brustkrebs und auch an anderen Krebserkrankungen, wie z.B. Eierstockkrebs. Frauen mit einem schon im jungen Lebensalter erhöhten Brustkrebsrisiko wird daher ein intensiviertes Früherkennungsprogramm angeboten, welches 1996 durch Fördermittel der Deutschen Krebshilfe initiiert und seit 2005 in die Regelversorgung der gesetzlichen Krankenkassen überführt wurde. Dieses intensive Früherkennungsprogramm beinhaltet neben einer halbjährlichen Ultraschalluntersuchung und einer jährlichen MRT-Untersuchung der Brust ab dem 30. Lebensjahr lebenslang eine jährliche Mammographie. Das bedeutet für eine junge Frau, dass sie im Falle einer erblichen Veranlagung für Brustkrebs ca. 30 Mammographien mehr erhält als Frauen mit einem durchschnittlichen Brustkrebsrisiko, denen nur zwischen dem 50. und 69. Lebensjahr eine jährliche Mammographie empfohlen wird. Mit den zusätzlichen Mammographien steigt somit auch die Strahlenbelastung für diese Frauen.

Therapeutisch wird zurzeit noch nicht zwischen dem sporadischen (zufälligen) Brustkrebs und dem auf einer erblichen Veränderung beruhenden Brustkrebs unterschieden. Die konventionellen Bausteine einer Brustkrebstherapie setzen sich je nach Alter, Tumorstadium und Tumorbesonderheiten individuell aus der chirurgischen Entfernung des Tumors, der Bestrahlung des Operationsfeldes, der Chemotherapie zum Schutz vor Metastasenbildung und zielgerichteten (anti-)hormonellen Therapien zusammen. Viele Brustkrebspatientinnen profitieren von einer Strahlentherapie enorm - ihre Heilungschancen steigen. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass sich der auf einer erblichen Veranlagung beruhende Brustkrebs anders verhält als der sporadische Brustkrebs und deshalb möglicherweise anders auf die Therapie reagiert. Dies könnte in der Funktion der beiden BRCA-Gene begründet sein, die durch die Mutation beeinträchtigt ist. Die beiden BRCA-Gene codieren für Eiweiße, die an der Reparatur von Schädigungen des Erbmaterials beteiligt sind, wie sie zum Beispiel durch Röntgen-, radioaktive und ionisierende Strahlen entstehen. Daher stellt sich die Frage, ob Frauen mit einem defekten Brustkrebsgen möglicherweise aufgrund einer schlechter funktionierenden DNA-Reparatur sensibler auf Röntgen- und andere Strahlen reagieren als andere Brustkrebspatientinnen. Wenn mit einer Veranlagung für Brustkrebs eine erhöhte Strahlenempfindlichkeit verbunden wäre, müsste die Strahlenbelastung durch die zusätzlichen Mammographien im Rahmen der intensivierten Früherkennung bzw. durch die Strahlentherapie für diese Frauen deutlich reduziert werden. Umgekehrt könnte dies Aufschluss darüber geben, welche Personen mehr oder weniger sensibel auf eine Strahlenbelastung reagieren.

Verantwortlich für diese Presseinformation:

Oliver Grieve, Pressesprecher des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein,
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