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Managing Infections of the Skeletal System in Germany (MISSinG)

Donnerstag, 11. November 2010

Unter der Zielsetzung "Infektionen des Skelettsystems in Deutschland beherrschen" fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) einen deutschlandweiten Forschungsverbund von 19 verschiedenen Institutionen unter der Koordination von Priv.-Doz. Dr. med. Dirk Stengel (Unfallkrankenhaus Berlin und Universität Greifswald). Die Universität zu Lübeck ist in diesem BMBF-Netzwerk mit zwei unabhängigen Projekten vertreten und erhält vom BMBF eine Gesamtfördersumme von 611.036 Euro. Das Projekt hat eine Laufzeit von 3 Jahren und ist am 1. September 2010 gestartet.

Die beiden Projekte BIPROM-P und Triple-D des MISSinG-Verbundes werden von Lübeck aus koordiniert und in Zusammenarbeit mit der Universität Kiel und dem Berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhaus Hamburg durchgeführt. Das Projekt BIPROM-P (Biologische Profilerstellung von Osteomyelitis basierend auf Proteinen) wird von Priv.-Doz. Dr. Dr. med. Jens K. Habermann geleitet und wird mit 402.859,23 € gefördert. BIPROM-P beschäftigt sich mit der Entdeckung von Eiweißen im Gewebe und Blut, die die Krankheitsaktivität von Knochenentzündungen (Osteomyelitis) anzeigen und somit eine patientenfreundliche Diagnostik und Verlaufsüberwachung erlauben. Das Projekt wird durch Priv.-Doz. Dr. med. Arndt P. Schulz geleitet und mit 208.176,80 Euro gefördert. Triple-D beschäftigt sich mit der Detektion von Arzneistoffen und deren Anwendung während der Operation, um entzündliches Gewebe besser und nachhaltiger entfernen zu können. In diesem Sinne ergänzen sich die beiden Lübecker Projekte für eine verbesserte Diagnose, Therapie und Nachsorge in hervorragender Weise zum Wohle der an Osteomyelitis erkrankten Patienten. Im Folgenden sollen die beiden Projekte etwas detaillierter dargestellt werden.

Bei der Knochenentzündung (Osteitis) handelt es sich um eine schwerwiegende Komplikation in der Unfallchirurgie und Orthopädie. Es handelt sich dabei um eine bakterielle Infektion des Knochens, die nach offenen Brüchen, operativer Versorgung von Knochenbrüchen, aber auch durch nicht adäquate Behandlung von aufgetretenen Komplikationen entstehen kann. Sofern die Erkrankung frühzeitig erkannt wird, besteht noch eine Aussicht auf eine Ausheilung ohne verbleibende Schäden. Die Therapie erfolgt in der Regel operativ, da die konservative Antibiotikatherapie aufgrund der schlechten Knochendurchblutung nur selten anschlägt. Da der Übergang zur sekundär - chronischen Form der Osteomyelitis fließend ist, erweist sich die Heilung häufig als schwierig. Die chronische Osteomyelitis neigt dazu, auch nach eventuellen Heilungserfolgen Rezidive zu bilden, sodass die Krankheit immer wieder aufflackern kann. Um chronischen Knocheninfekten vorzubeugen wird bei den meisten Operationen an Knochen- und Gelenken prophylaktisch ein Antibiotikum verabreicht um dieser Komplikation vorzubeugen. Da die Durchblutung des Knochens aber insbesondere im Bereich der Extremitäten nur eingeschränkt ist muss im Blut ein sehr hoher Wirkspiegel erreicht werden um im Knochen eine ausreichende Konzentration zu bewirken.

Das Projekt Triple-D (Projektleiter: Priv.-Doz. Dr. med. Arndt P. Schulz) wird in Zusammenarbeit zwischen der Klinik für Chirurgie des Stütz- und Bewegungsapparates der Universität zu Lübeck (Direktor: Prof. Dr. med. C. Jürgens, Chefarzt der Sektion für Unfallchirurgie: Priv.-Doz. Dr. med. A. Paech, Dipl. Ing. R. Wendlandt), dem Zentrum für Biomedizintechnik, Institut für Medizinische Sensor- und Gerätetechnik der Fachhochschule zu Lübeck (Leiter: Prof. Dr. Ing. S. Klein) und dem Pharmazeutischen Institut der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (Direktor: Prof. Dr. H. Steckel) durchgeführt. Ziel dieses Forschungsprojektes ist die Entwicklung eines in-vitro Knochenmodells zur Detektion von Arzneistoffen. Ein solches Knochenmodell soll eine in-vivo Arzneistofffreisetzung simulieren. Das Modell soll Informationen über freigesetzte Arzneistoffmenge, Lokalisation des Arzneistoffes, Arzneistoffadsorption an das umliegende Knochengewebe und Arzneistofftransport im Knochengewebe liefern. Mit diesem Modell werden Entscheidungen zur Bestimmung der Freisetzung für unterschiedlichste Arzneistoffgruppen von Implantaten in menschlichen Knochen unterstützt und erleichtert. Zudem erlaubt das Modell die wirklichkeitsnahe Untersuchung neuartiger Technologien zur Wirkstofffreisetzung. Die angestrebten Projektziele liefern einen wissenschaftlichen und technischen Beitrag zur Untersuchung und Optimierung von pharmakologisch beschichteten Medizinprodukten, wie z.B. Osteosyntheseimplantaten. Die Projektergebnisse sind daher für Forschung und Entwicklung neuartiger beschichteter Medizinprodukte relevant. Insbesondere erlaubt die Entwicklung eines validierten, wirklichkeitsnahen Modells für die Wirkstofffreisetzung die Anzahl von Tierversuchen während der Entwicklungsphase solcher Systeme zu reduzieren. Bis es möglich ist, mit humanen Zellen besetzte Testproben (sogenannte Hydroxylapatit-Scaffolds) in die Apparatur zu integrieren, werden aber noch circa 18 Monate Forschungsaufwand nötig sein.

Das Projekt BIPROM-P (Projektleiter: Priv.-Doz. Dr. Dr. med. Jens K. Habermann) wird in Zusammenarbeit zwischen der Klinik für Chirurgie der Universität zu Lübeck (Prof. Dr. med. H.-P. Bruch (Direktor), Priv.-Doz. Dr. Dr. med. U.J. Roblick (Stellvertretender Klinikdirektor und Leiter des Regionalzentrums Chirurgischer Studien Lübeck-Kiel), Frau Dr. rer. nat. S. Blindow, und M.Sc. T. Gemoll) und dem Berufsgenossenschaftliches Unfallkrankenhaus Hamburg (BUKH; Prof. Dr. med. C. Jürgens (Direktor), Prof. Dr. med. K. Seide (Leiter des Labors für Biomechanik) und Dr. med. C. Grimme (Leitender Oberarzt) durchgeführt. Ziel von BIPROM-P ist zunächst die Entdeckung von Körpereiweißen (Proteinen), die im entzündeten Gewebe im Vergleich zum benachbarten, gesunden Gewebe vermehrt oder vermindert vorkommen. Anhand dieser Eiweiße lässt sich dann die Abgrenzung des entzündeten vom gesunden Gewebe genauer definieren als es bisher möglich ist.

Zusätzlich ist zu vermuten, dass sich die entzündlichen Prozesse im Gewebe auch im Blut der betroffenen Patienten widerspiegeln. Daher sollen die im Gewebe entdeckten Eiweiße auch auf Ihr Vorkommen im Blut hin untersucht werden. Darüber hinaus werden im Blut auch Entzündungseiweiße vermutet, die nicht vom Gewebe stammen. Diese sogenannten generalisierten Entzündungsmarker werden mittels verschiedener Analysetechniken vorbehaltslos in Ihrer Gesamtheit im Blut analysiert. Die Arbeitsgruppe erhofft sich dadurch Bluteiweiße definieren zu können, die sich in ihrem Vorkommen klar zwischen völlig Gesunden und Erkrankten unterscheiden. Ein weiterer wichtiger Fortschritt wäre hierbei auch die Differenzierung zwischen akuter und chronischer Knochenentzündung anhand von Bluteiweißen. Dieses würde eine patientenfreundliche, individuelle und nicht-invasive Behandlung z.B. für die individuelle Steuerung medikamentöser Therapien oder die Bestimmung des optimalen Operationszeitpunktes erstmals ermöglichen. Allerdings muss mit einer Vorlaufzeit von 3 Jahren gerechnet werden, bevor erste Marker in der klinischen Routine getestet werden können. Weitere Informationen zu der Arbeitsgruppe und dem Projekt finden Sie im Internet unter (http://www.chirurgischeforschung-luebeck.de).

Verantwortlich für diese Presseinformation

Oliver Grieve, Pressesprecher des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein,
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