Im Forschungsverbund 'Neurowissenschaften' der Kieler Medizinischen Fakultät und des 'Sonderforschungsbereiches 654 der DFG' werden die Ursachen von Gedächtnisstörungen erforscht. Wie 'Science' berichtet, ist es durch neue Untersuchungen gelungen festzustellen, welche Hirnareale für die Speicherung des Raumgedächtnisses verantwortlich sind.
Wenn wir uns an den Standort des Küchentisches bei den Großeltern erinnern oder wenn wir in einer fremden Stadt den Parkplatz unseres Autos wiederfinden, so bedarf es dazu einer großen Gedächtnisleistung des Gehirns, welches eine spezielle 'geistige' Landkarte erstellt. Diese muss detailliert genug sein, um markante Punkte zu umfassen. Bislang war unbekannt, wie unser Gehirn diese Leistung erbringt. Offenbar wird bei dieser Gedächtnisleistung ein spezielles Areal im Gedächtniszentrum, dem Hippocampus, eines besonderen Hirnteiles im Schläfenlappen benötigt. Diese Region ist wenige mm groß und heißt CA1-Region.
Ein interdisziplinäres Team der Kliniken für Neurologie und Psychiatrie im Forschungsverbund Neurowissenschaften der Kieler Medizin unter Leitung von Priv.-Doz. Dr. Thorsten Bartsch konnte diese Frage beantworten. Dies gelang durch die Mithilfe von Patienten, die an einer kurzzeitigen Neugedächtnisstörung litten, die man als vorübergehenden vollständigen Gedächtnisverlust (transiente globale Amnesie) bezeichnet. Die Patienten haben während einer solchen Attacke eine Schatzsuche in einem Computerspiel durchgeführt, die nach 14 Tagen nochmals abgefragt wurde. Im Vergleich zu Gesunden konnte gezeigt werden, dass die Erkrankten die Schatztruhe deutlich schlechter fanden. Die verantwortliche Hirnregion konnte mit der Kernspintomografie identifiziert werden. Die Studie hat damit den genauen Ort der Funktionsstörung und die Art der Gedächtnisstörung erstmals nachgewiesen. Dr. Bartsch aus der Klinik für Neurologie am UK S-H, Campus Kiel, wies darauf hin, dass damit erstmals beim Menschen eine Verknüpfung zwischen diesen Nervenzellen im Gedächtniszentrum und dem Raumgedächtnis gezeigt werden konnte - ein Befund, der bislang durch viele Experimente anderer Forschergruppen unklar geblieben war.
Das Ergebnis ist für das Verständnis des menschlichen Gedächtnisses von großer Bedeutung, weil es erstmals die Architektur und die Bedeutung von speziellen Nervenzellen beim Raumgedächtnis aufzeigt. Deshalb wurde es auch in der neuesten Ausgabe des Wissenschaftsjournals 'Science' veröffentlicht. Prof. Dr. Josef B. Aldenhoff, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am UK S-H, Campus Kiel, sprach von einem großen Erfolg bei der Erforschung des Gedächtnisses, der dieser Arbeitsgruppe des Sonderforschungsbereiches 654 gelungen ist. Prof. Dr. Günther Deuschl, Direktor der Klinik für Neurologie am UK S-H, Campus Kiel, dankte den Patienten für die Teilnahme an dieser nicht-belastenden Untersuchung, welche dieses bahnbrechende Ergebnis der Kieler Neurowissenschaften auf dem Gebiet der Gedächtnis- und Demenzforschung ermöglicht haben. Das Ergebnis sei nicht nur ein Durchbruch beim Verständnis des menschlichen Gedächtnisses, sondern es erlaubt, nun viele Symptome von Gedächtnisstörungen besser zu verstehen und damit die gezielte Entwicklung neuer Therapien bei Gedächtniskrankheiten.
PD Dr. Thorsten Bartsch mit einer Probandin beim Gedächtnistest
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Aufbau des Gedächtnistests: A. Blick auf die Schatzinsel mit den verschiedenen Orientierungsmarken, B. Kernspintomographie des Gehirns einer Patientin mit einer Läsion im CA1 Areal des Gedächtniszentrums des Hippocampus während einer transienten globalen Amnesie (TGA), C. Landkarte der Schatzinsel, D. 'Spuren' einer Patientin auf Schatzsuche während eines Gedächtnisverlustes
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