Als erste Klinik in Norddeutschland setzt die Klinik für Neurochirurgie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, eine neue, aus dem Gift der Kegelschnecke synthetisierte Substanz zur Behandlung von starken chronischen Schmerzen ein. "Die Erfolge, die wir mit dieser innovativen Therapie erzielen, sind sehr vielversprechend", erklärt Klinikdirektor Prof. Dr. Volker Tronnier.
Prof. Tronnier, Direktor der Klinik für Neurochirurgie am Campus
Lübeck, erklärt am Modell Funktion und Platzierung der Schmerzpumpe.
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Ziconotid heißt das neuartige Schmerzmittel, das erst seit 2006 in Deutschland zugelassen ist. Es ist eine synthetisch hergestellte organische Verbindung, die dem Gift der im Pazifik lebenden Kegelschnecke Conus magus entspricht. Das Gift wirkt auf die Nervenzellen, in dem es die Kalziumkanäle hemmt, die für die Schmerzweiterleitung wichtig sind. "Es eignet sich gut zur Bekämpfung von neuropathischen, also Nervenschmerzen, aber auch bei gemischten Schmerzen, wie sie etwa nach einer Bandscheibenoperation auftreten können", konstatiert Prof. Tronnier. Positive Erfahrungen hat man am Campus Lübeck auch in der Therapie von Schmerzen bei Multipler Sklerose, bei Querschnittslähmungen, nach Nervenverletzungen z. B. im Gesicht oder nach Amputationen gemacht.
Ziconotid ist das erste und bisher einzige Schmerzmittel dieser Art, das sich nicht vom Opium herleitet. Es verursacht keine Abhängigkeit und gilt als gute und sinnvolle Alternative zu Morphin, das in der Regel zur Bekämpfung schwerer chronischer Schmerzen verabreicht wird. "Da die Behandlung mit Ziconotid aber ein aufwändiges invasives Verfahren notwendig macht, kommt sie erst zum Einsatz, wenn alle konservativen Mittel und Methoden zu keinem befriedigenden Ergebnis geführt haben", betont der Neurochirurg.
Das Medikament wird als kontinuierliche Infusion über eine implantierte Schmerzpumpe verabreicht. "Zunächst wird dabei ein Katheter in den Nervenwasserraum gelegt, ähnlich wie bei einer Lumbalpunktion (Entnahme von Nervenwasser im Bereich der Lendenwirbelsäule)", erläutert Prof. Tronnier. "Dann testen wir 14 Tage, ob das Mittel anschlägt. Wenn der Patient von der Behandlung profitiert und keine oder tolerable Nebenwirkungen auftreten, wird in einem zweiten Schritt unter Vollnarkose eine Medikamentenpumpe im Bauchraum unter die Haut implantiert". Da das gesamte System unter der Haut liegt, ist der Patient im Alltag und in seiner Bewegungsfreiheit nicht eingeschränkt. Er muss allerdings regelmäßig eine Schmerzambulanz aufsuchen, um die Pumpe auffüllen zu lassen. Dabei wird das Medikament mit Hilfe einer dünnen Nadel durch die Haut direkt in die Pumpe appliziert. Sie wird von außen elektronisch gesteuert, so dass das Infusionsvolumen den individuellen Bedürfnissen des Patienten angepasst werden kann.
Die Kegelschnecke Conus magus, deren Gift Schmerzen lindern kann,
lebt im Pazifik.
Ebenso wie Morphin ist auch Ziconotid nicht nebenwirkungsfrei. "Es wirkt nicht nur auf der Ebene des Rückenmarks, wo die Schmerzsensoren sitzen, sondern auch im Gehirn, weil es sich mit dem Nervenwasser vermischt", räumt Prof. Dr. Tronnier ein. Dadurch kann es z. B. zu Riechstörungen, Doppelbildern, Sprachstörungen oder Verwirrtheitszuständen kommen, die jedoch reversibel sind. "Insgesamt ist die Verträglichkeit von Ziconotid jedoch gut, wenn man mit einer sehr niedrigen Dosis startet und diese dann ganz behutsam steigert", stellt der Mediziner fest. Da Ziconotid hochwirksam ist, reichen ohnehin minimale Mengen der Substanz aus, um Schmerzen deutlich zu reduzieren.
Prof. Tronnier ist Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats, der die Weiterentwicklung des Medikaments begleitet und forciert. Er ist zuversichtlich, dass es den Wirkstoff bereits in wenigen Jahren in Form von Tabletten auf dem Markt geben wird. Das würde die Therapie deutlich vereinfachen und das Gift der Kegelschnecke könnte in Zukunft zu einem Standardmittel bei der Linderung von nervlich bedingten Schmerzen werden.
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