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Uni Kiel und UKSH Partner bei bundesweitem Epigenom-Projekt DEEP

Mittwoch, 29. August 2012

Am kommenden Samstag, 1. September, beginnt eine neue Ära der Genomforschung in Deutschland. 21 Forschergruppen aus ganz Deutschland, darunter auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH), haben sich im deutschen Epigenom-Programm (DEEP) zusammengefunden, um 70 Epigenome menschlicher Zelltypen zu entschlüsseln. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Programm in den kommenden fünf Jahren mit insgesamt 16 Millionen Euro. Koordiniert wird DEEP von der Universität des Saarlandes.

Die Epigenetik erforscht, wie Gene in den Zellen programmiert werden und welchen Einfluss die Umwelt auf sie hat. Im Zuge von DEEP wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler „epigenetische Karten“ von insgesamt 70 ausgesuchten menschlichen Zelltypen erstellen. Im Fokus stehen Zellen, die bei Stoffwechsel- und Entzündungskrankheiten wie krankhaftem Übergewicht, rheumatoider Arthritis und chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen eine Rolle spielen. Die 70 Epigenome werden dabei aus unterschiedlichen Zelltypen und vergleichend zwischen gesunden und kranken Zellen erarbeitet.

„Das Projekt öffnet eine neue Ebene des Verständnisses von Krankheit. Erstmals können wir verstehen, wie Gene mit der Umwelt in Wechselwirkung treten und langfristig an- und ausgeschaltet werden. Dies führt dann auch zu den Veränderungen, die Patient und Ärzte als Krankheit wahrnehmen. In diese Programmierung gezielt einzugreifen, könnte tatsächlich den Verlauf von Krankheiten zurückdrehen oder die Entstehung verhindern“, sagt Professor Philip Rosenstiel vom Institut für Klinische Molekularbiologie (IKMB) der CAU und dem UKSH, Campus Kiel. Das IKMB und die Klinik für Allgemeine Innere Medizin I, UKSH, leiten in dem Projekt die Untersuchungen zu chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen und sind eines der beiden deutschen RNA-Analysezentren in dem Programm.

Mittlerweile ist bekannt, dass nicht nur die Gene allein die Funktionen des menschlichen Körpers regulieren. Eiweiße, die wie eine Hülle um die Gene herum liegen, spielen für die Funktion der Gene ebenfalls eine wichtige Rolle. Zudem gibt es chemische Veränderungen der Genbausteine, die diese mit zusätzlichen „epigenetischen“ Informationen versehen. Gemeinsam bestimmen diese epigenetischen Modifikationen, welche Gene wann und wo an- und abgeschaltet werden und wie Zellen ihre speziellen genetischen Programme umsetzen. Die Kenntnis dieser epigenetischen Markierungen wird Auskunft darüber geben, wie etwa die Lebensführung, zum Beispiel durch die Ernährung, bestimmte Genfunktionen in betroffenen Zellen ändert.

„Die Manifestation, der Ausbruch einer individuellen Krankheit, ist eines der großen Rätsel der Medizin. Obwohl sich die Buchstabenfolge des Erbgutes während des Lebens nicht verändert und wir mit unseren genetischen Risiken geboren werden, ereignen sich entzündliche Erkrankungen gehäuft in einer bestimmten Zeitspanne“, so Professor Stefan Schreiber, Klinik für Allgemeine Innere Medizin I, UKSH und Dekan der Medizinischen Fakultät, CAU. „Die lebenslang sich verändernden epigenetischen Informationen, die wir im DEEP Projekt untersuchen, bieten ein erstes Fenster in dieses Phänomen. Durch sie werden wir diese Erkrankungen anders vorhersagen und beeinflussen lernen, als wir das in der Medizin bisher konnten.“

Über das Epigenom-Programm DEEP:

DEEP ist die deutsche Beteiligung am weltweit koordinierten International Human Epigenome Consortium (IHEC). Darin verfolgen Forscherinnen und Forscher unter Verwendung einheitlicher Standards das ambitionierte Ziel, 1000 Epigenome zu entschlüsseln. Damit werden erstmals umfassende vergleichbare Datenanalysen und -bewertungen möglich. Die deutschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werden in DEEP Zellen analysieren, die bei Fettleibigkeit, entzündlichen Darmerkrankungen und Arthritis eine Rolle spielen. Für diese Aufgabe nutzen die Forscherinnen und Forscher neueste Hochdurchsatztechnologien (next generation sequencing) in sechs Datenproduktions- und drei Datenanalyse-Zentren. Insgesamt werden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in diesem Prozess das menschliche Genom zirka 20.000 Mal Baustein für Baustein auf bestimmte Art und Weise neu entschlüsseln und dabei ungeheuer große Datenmengen sammeln und interpretieren. Anschließend werden alle Daten in öffentlichen Datenbanken direkt für die weltweite biomedizinische Forschung zugänglich und nutzbar gemacht.

Die Partner in DEEP sind: Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg, Deutsches Rheumaforschungs-Zentrum Berlin, EURICE - European Research and Project Office GmbH, IFADO Dortmund, Institut für Arbeitsmedizin Dortmund, Max-Delbrück Zentrum Berlin, Max-Planck-Institut für Immunologie und Epigenetik Freiburg, Max-Planck-Institut für Informatik Saarbrücken, Max-Planck-Institut für molekulare Genetik Berlin, Qiagen AG Hilden, Sanofi-Aventis Höchst, Universität Duisburg-Essen, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Universität Münster, Universität Regensburg, Universität des Saarlandes (Koordinationsstelle des Gesamtprogramms).

Für Rückfragen steht zur Verfügung:
Prof. Dr. Philip Rosenstiel
Institut für Klinische Molekularbiologie
Telefon: 0431/597-1333
E-Mail: p.rosenstie@mucosa.de

Prof. Dr. Stefan Schreiber
Klinik für Allgemeine Innere Medizin I
E-Mail: s.schreiber@mucosa.de

Nicht nur die Sequenz allein bestimmt die Funktion eines Gens, sondern auch andere Faktoren wie Eiweiße beeinflussen die Abläufe in Zellen. Copyright: EXC, Foto: Thomas Eisenkrätzer

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Oliver Grieve, Pressesprecher des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein,
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