Freiburger und Kieler Immunologinnen und Immunologen entdecken neue Methode, mit der sie Immunzellen auf Krebszellen abrichten
Das Signal zum Töten: T-Zellen des Immunsystems könnten mittels eines Signals dazu angeregt werden, höchst effektiv Krebszellen anzugreifen. Mit Antikörpern aktivieren sie auf neue Weise eine im Blut seltene T-Zellart, die gamma/delta T-Zellen. Diese erkennen Stoffwechselprodukte, die nur Krebszellen freisetzen, und greifen Tumore an. In Zukunft ließe sich so das Immunsystem von Patientinnen und Patienten möglicherweise dazu bewegen, Krebs wirksamer zu bekämpfen.
„Mit unserer Methode haben die γδ T-Zellen in der Petrischale zwölfmal so erfolgreich Tumorzellen getötet wie mit bisherigen Aktivierungsverfahren“, erklärt Professor Wolfgang Schamel vom Institut für Biologie III und vom Exzellenzcluster BIOSS Centre for Biological Signalling Studies der Universität Freiburg, der mit seinem Team das Signal aufgespürt hat. Das Kieler Team um Professor Dieter Kabelitz, Privatdozentin Dr. Daniela Wesch und Privatdozent Dr. Hans-Heinrich Oberg, alle drei vom Institut für Immunologie der Medizinischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, untersuchte die „Killerfunktion“ der gamma/delta T-Zellen gegenüber Pankreastumorzellen in der Gewebekultur.
Immuntherapien zielen darauf ab, die natürliche Abwehr der Krebspatientinnen und -patienten zu stärken, indem sie T-Zellen aktivieren. γδ T-Zellen sind für die Therapie besonders interessant, weil sie ein breiteres Spektrum von unterschiedlichen Krebsarten abtöten als die αβ T-Zellen, zu denen die meisten T-Zellen gehören. αβ T-Zellen reagieren auf Tumorantigene, die sich jedoch von Krebsart zu Krebsart und häufig von Patient zu Patient unterscheiden. γδ T-Zellen wiederum reagieren auf Veränderungen im Zellstoffwechsel, die viele Krebsarten gemeinsam haben. Das macht die γδ T-Zellen zum Krebskiller für viele verschiedene Krebssorten. Werden sie aktiv, vermehren sie sich und zerstören die kranken Zellen. Doch im kranken Körper sind sie bisher oft nicht aktiv genug, um dem Krebs Herr zu werden.
Der T-Zell-Rezeptor erkennt Stoffe auf Krebszellen, die das Angriffssignal geben. Bindet sich einer dieser Stoffe an den Rezeptor, bewirkt das eine strukturelle Änderung des Rezeptors. Diese Konformationsänderung, die in dem von der Europäischen Union geförderten Netzwerk „systems biology of T-cell activation“ (SYBILLA) untersucht wurde, gibt das Signal an das Innere der T-Zelle weiter. Bisher konnten Forscherinnen und Forscher γδ T-Zellen zwar mit Stoffen anregen, aber keine solche Konformationsänderung des Rezeptors beobachten. Schamel konnte sie gemeinsam mit Professor Paul Fisch vom Institut für Klinische Pathologie am Universitätsklinikum Freiburg in der Studie, die aktuell in der Fachzeitschrift Cell Reports erscheint, erstmals mit Hilfe eines Antikörpers erwirken. Den Forschern gelang es in Zusammenarbeit mit Professor Dieter Kabelitz und seinem Kieler Team auf diese Weise, die Antitumorwirkung der Zellen zu verstärken.
Der Antikörper, mit dem die sie die Konformationsänderung bewirken, bindet an den T-Zell-Rezeptor und macht die T-Zellen zu Tumorkillern: „Wir haben durch unsere funktionellen Untersuchungen zeigen können, dass durch die Behandlung mit dem Antikörper die zytotoxische Aktivität der gamma/delta Killerzellen gegenüber den Tumorzellen erheblich verstärkt wird. Das heißt, die Tumorzellen konnten besser umgebracht werden“, erklärt Kabelitz den Kieler Beitrag. Ihre Untersuchungen führten sie in der Gewebekultur durch, woraus sich nicht automatisch auf eine direkte Umsetzung in bessere klinische Wirksamkeit schließen lasse, „dennoch weisen die Ergebnisse in eine mögliche Richtung, wie die zellbasierte Tumortherapie unter Einsatz von gamma/delta T Zellen verbessert werden kann“, so Kabelitz.
Originalpublikation:
“The CD3 conformational change in the γδ T-cell receptor is not triggered by antigens, but can be enforced to enhance tumor killing”, Cell Reports
Dopfer EP, Hartl FA, Oberg HH, Siegers GM, Yousefi S, Kock S, Fiala GJ, Garcillán B, Sandstrom A, Alarcón B, Regueiro JR, Kabelitz D, Adams EJ, Minguet S, Wesch D, Fisch P, Schamel WW. (2014)
Für Rückfragen stehen zur Verfügung:
Prof. Dr. Wolfgang Schamel
Institut für Biologie III, Abteilung Molekulare Immunologie
Universität Freiburg
Tel.: 0761/203-67511, E-Mail: wolfgang.schamel@biologie.uni-freiburg.de
Prof. Dr. Dietrich Kabelitz
Institut für Immunologie, CAU und UKSH
Telefon: 0431/597-3340
E-Mail: kabelitz@immunologie.uni-kiel.de
http://www.uni-kiel.de/pressemeldungen/index.php?pmid=2014-146-gesichtserkennung-sexualmedizin
Das Grundprinzip: Links ist die gamma/delta T-Zelle, die nach „Antigenkontakt“ (gelb) aktiviert wird, um zum Beispiel mikrobielle Erreger abzuwehren, aber nur schwach Tumorzellen zerstört (hellbrauner Pfeil). Rechts ist erkennbar, dass sich nach Antikörperbindung die „Konformation“ des Antigenrezeptors ändert und danach die gamma/delta Killerzelle Tumorzellen besser zerstören werden kann (roter Pfeil). Quelle: Wolfgang Schamel
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