„Seltene Erkrankungen“ und „Virtuelle Kinderdiabetes-Ambulanz“ zur Verbesserung der Krankenversorgung gefördert
Gleich mit zwei Projekten ist das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Lübeck, erfolgreich beim „Innovationsausschuss“ vertreten. Die Themen: „Verbesserung der Versorgung von Menschen mit seltenen Erkrankungen durch Umsetzung von im nationalen Aktionsplan (NAMSE) konsentierten Maßnahmen (Translate NAMSE)“ und „Virtuelle Diabetesambulanz für Kinder und Jugendliche (ViDiKi)“ sind unter den 29 von insgesamt 700 eingereichten Konzepten für neue medizinische Versorgungsformen vom „Gemeinsamen Bundesausschuss“ (G-BA) ausgewählt worden. Gefördert werden Projekte, die auf einen Erkenntnisgewinn zur Verbesserung der bestehenden Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung ausgerichtet sind. Ziel des Innovationsfonds ist eine qualitative Weiterentwicklung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland. Die Fördersumme beträgt in den Jahren 2016 bis 2019 jeweils 300 Millionen Euro jährlich.
Verbesserung der Versorgung von Menschen mit seltenen Erkrankungen durch Umsetzung von im nationalen Aktionsplan (NAMSE) konsentierten Maßnahmen (Translate NAMSE)
Erkrankungen werden als selten definiert, wenn fünf oder weniger Personen pro 10.000 von ihnen betroffen sind. Allerdings gibt es zahlreiche seltene Erkrankungen – in Deutschland sind mehr als vier Millionen Menschen betroffen. Oftmals suchen Patienten über viele Jahre nach einem Experten, der die richtige Diagnose stellen kann und die passende Therapie findet. Für die qualitätsgesicherte Versorgung von Patienten mit seltenen Erkrankungen sind deshalb überregionale multi-professionelle, sektorenübergreifende Netzwerke essentiell. „Das Projekt soll bei Patienten mit ausgewählten seltenen Erkrankungen zu einer schnelleren Diagnose, höheren Versorgungseffizienz und höheren Versorgungsqualität führen“, sagt Prof. Dr. Alexander Münchau, Sprecher des Lübecker Zentrums für Seltene Erkrankungen (ZSE) am UKSH. Es adressiert damit drei patientenrelevante Probleme der gegenwärtigen Versorgung im Regelsystem. Zur Umsetzung werden in den beteiligten Einrichtungen im nationalen Aktionsplan (NAMSE) vorgeschlagene Strukturen und Prozesse in drei Projektbereichen implementiert. Über die konventionelle Regelversorgung hinaus sollen innovative Leistungen greifen:
Die Diagnosestellung unklarer Fälle wird durch ein strukturiertes Vorgehen und Fallkonferenzen in einem überregionalen Prozess verbessert und beschleunigt.
Die Zeit bis zur Therapieeinleitung wird durch Einbindung überregionaler Expertise und Case-Management verkürzt.
Durch IT-gestützte Kommunikation und Zugang der Versorger zu Daten der Zentren und strukturierte Transition in die Erwachsenenmedizin werden Versorgungseffizienz und Nachhaltigkeit der Versorgungsqualität verbessert.
Die Ergebnisse werden mit Patienten verglichen, die in der Regelversorgung betreut werden. Prozesse, die sich in dem bundesweiten Netzwerk mit hohen Fallzahlen bewährt haben, können in die Regelversorgung überführt werden. Positive Effekte sollen durch überregionale Zusammenarbeit von Experten, Vermeidung unnötiger, oft teurer Diagnostik und Einbeziehung der Bedürfnisse betroffener Patienten entstehen.
Das Lübecker ZSE befasst sich schwerpunktmäßig mit seltenen genetischen und neurogenetischen Syndromen, Bewegungsstörungen und neurodegenerativen sowie neuropsychiatrischen Erkrankungen, Störungen der Geschlechtsentwicklung und anderen seltenen Erkrankungen der Hormondrüsen, seltenen Hauterkrankungen und der Versorgungsforschung. Es ist eine Einrichtung des UKSH und der Universität zu Lübeck. Beteiligt sind die Kliniken für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, Kinder- und Jugendmedizin mit der Sektion für Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie, Kinderchirurgie, Chirurgie, Rheumatologie, Dermatologie und die Institute für Neurogenetik, Humangenetik sowie Sozialmedizin und Epidemiologie.
Weitere Projektpartner: Charité – Universitätsmedizin Berlin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Universitätsklinikum Tübingen, Universitätsklinikum Heidelberg, Universitätsklinikum München, Universität Dresden, Universitätsklinikum Bonn, Universitätsklinikum Essen, Zentrum für evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen, AOK Nordost, BARMER GEK, Berlin School of Public Health.
Virtuelle Diabetesambulanz für Kinder und Jugendliche (ViDiKi)
Mehr als 30.000 Kinder und Jugendliche leiden bundesweit an Typ-1-Diabetes, der häufigsten Stoffwechselerkrankung im Kindesalter. Bei der bislang unheilbaren Autoimmunerkrankung greift die körpereigene Abwehr die Insulin produzierenden ß-Zellen in der Bauchspeicheldrüse an. Da deren Zerstörungsprozess irreparabel ist, sind die Betroffenen ihr Leben lang auf die Injektion von Insulin angewiesen.
Medizinisch ist es heute möglich, eine hohe Lebensqualität trotz Erkrankung zu erreichen. Allerdings greift die zeitaufwendige Therapie tief in das Leben der jungen Patienten und ihrer Familien ein. Eine wirksame Versorgung erfordert die engmaschige ärztliche Beratung. Neue Technologien, wie Systeme zur kontinuierlichen Glukosemessung, können ihr Potenzial nur entfalten, wenn Kinder und Eltern intensiv angeleitet werden. Gerade in Flächenländern sind allerdings die derzeitigen Kapazitäten der spezialisierten Diabetesambulanzen überfordert – genauso wie die organisatorischen und zeitlichen Möglichkeiten vieler Eltern und Kinder.
Mit dem Projekt ViDiKi begegnet die Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des UKSH am Campus Lübeck gemeinsam mit seinen Partnern, der Universität zu Lübeck, der AOK Nordwest und dem Städtischen Krankenhaus Kiel, den Engpässen mit der Einrichtung einer virtuellen Kinderdiabetes-Ambulanz. Zusätzlich zu den quartalsweisen persönlichen Terminen beim Arzt bieten die Experten um Dr. Simone von Sengbusch, Funktionsoberärztin an der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, die monatliche Beratung via Internet, bevorzugt über ein Arzt-Patienten-Videoportal.
Auf dem Online-Portal können Familien mit einem Kinderdiabetologen die Insulin- und Therapiedaten gemeinsam besprechen und Veränderungen an der Behandlung vornehmen. Die Termine können dabei bequem von zu Hause aus, auch abends und am Wochenende wahrgenommen werden. Kinder aus allen Diabetesambulanzen Schleswig-Holsteins, die ein Gerät zur kontinuierlichen Glukosemessung nutzen, können an der Studie teilnehmen. Evaluiert werden der Einfluss der neuen Versorgungsform auf die Stoffwechsellage der Kinder, ihre Lebensqualität und die Zufriedenheit der Eltern und Jugendlichen mit dieser neuen Versorgungsform. „Die kontinuierliche Glukosemessung (CGM) als Kassenleistung ist ein Meilenstein in der Diabetologie und verändert das Leben von betroffenen Kindern nachhaltig und positiv“, sagt Dr. von Sengbusch, „die Gefahr von Unterzuckerungen sinkt mit einem CGM-Gerät stark, aber ohne Schulung und regelmäßige Datenbesprechung mit Therapieanpassung verbessert sich nicht unbedingt auch die Stoffwechsellage. Dafür wären extra Kontakte nötig und hier bietet sich Telemedizin im Sinne einer virtuellen Diabetesambulanz an. Die Eltern müssen mit ihren Kindern für eine Datenbesprechung nicht in die Ambulanz kommen, das geht auch abends und vom Sofa zuhause.“
Die Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Campus Lübeck verfügt mit ihrem Hormonzentrum über eine hohe Expertise für Erkrankungen aller Hormondrüsen einschließlich Diabetes mellitus und Übergewicht/Adipositas einschließlich spezieller Laboruntersuchungen. Bekannt wurde das UKSH-Modellprojekt „Mobile Diabetes Schulung Schleswig Holstein“, das im Austausch mit allen Kinderkliniken Schleswig-Holsteins steht und mobile wohnortnahe Schulungen bietet sowie der „Kinderdiabeteslotse für Schleswig-Holstein“.
Für Rückfragen stehen zur Verfügung:
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck
Zentrum für Seltene Erkrankungen, Prof. Dr. Münchau
Tel.: 0451 3101-8215, E-Mail: alexander.muenchau@neuro.uni-luebeck.de
Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Dr. von Sengbusch
Tel.: 0451 500-42935, E-Mail: simone.vonsengbusch@uksh.de
Verantwortlich für diese Presseinformation
Oliver Grieve, Pressesprecher des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein,
Mobil: 0173 4055 000, E-Mail: oliver.grieve@uksh.de
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