Gemeinsam mit dem Rettungsdienst der Berufsfeuerwehr Kiel haben das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) und das Städtische Krankenhaus Kiel (SKK) heute (17. Oktober 2016) die neue, standardisierte Versorgungskette für Schlaganfall-Patienten in der Region vorgestellt: Die Behandlung akuter Schlaganfälle wird zukünftig über das UKSH gesteuert. Für die nachfolgende Therapie haben SKK und UKSH eine anhand der individuellen medizinischen Erfordernisse abgestufte Versorgung vereinbart.
Anette Langner, Staatssekretärin im Ministerium für Soziales, Gesundheit, Familie und Gleichstellung, betonte: „Mit der neuen Versorgungskette ziehen in der Region alle Beteiligten an einem Strang und stellen die bestmögliche Versorgung der Patientinnen und Patienten in den Mittelpunkt. Das Konzept ist wegweisend, auch im Hinblick auf einen effektiven Einsatz von personellen und technischen Ressourcen im Gesundheitssektor. Ärztinnen und Ärzte sowie Kliniken der Region arbeiten hier vorbildlich Hand in Hand, dafür gilt ihnen mein herzlicher Dank!“
Prof. Dr. Jens Scholz, Vorstandsvorsitzender UKSH, sagte: „Auf dem Campus Kiel haben wir 2011 genau 802 Schlaganfallpatienten behandelt, in diesem Jahr sind es bereits 1.004 – und wir sind erst im Oktober. Angesicht der hohen und wachsenden Zahl an Betroffenen ringen wir medizinisch und infrastrukturell um eine sich ständig verbessernde Versorgung. Die enge Kooperation zwischen Städtischem Krankenhaus und UKSH ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung.“
„Die Nachsorge bei älteren Schlaganfallpatienten hat aufgrund steigender Fallzahlen im Städtischen sowohl in den internistischen Kliniken als auch in der Klinik für Geriatrie eine wachsende Bedeutung“, betonte Dr. Roland Ventzke, Geschäftsführer des Städtischen Krankenhauses. „In der Klinik für Geriatrie, die mit ihrem medizinischen und rehabilitativem Angebot als alleiniger Anbieter speziell ältere Menschen aus Kiel und Umgebung versorgt“, so Dr. Ventzke, „führt die beschlossene Kooperation zu einer sicher gebahnten geriatrischen Weiterbehandlung“. PD Dr. Sebastian Ullrich, Chefarzt 3. Medizinischen Klinik, ergänzte: „Die internistischen Abteilungen des Städtischen Krankenhauses werden im Rahmen der geschlossenen Kooperation die Weiterbehandlung auf höchstem Niveau gewährleisten.“
Hintergrund der Neuordnung der Versorgungskette ist die rasante Weiterentwicklung der Therapiemöglichkeiten bei akuten Schlaganfällen. Bis vor wenigen Jahren galt die Thrombolyse, die medikamentöse Auflösung des zur verminderten Durchblutung des Gehirns führenden Gerinnsels, als Goldstandard bei der Behandlung akuter Schlaganfälle – allerdings ist diese nicht bei jedem Patienten möglich oder auch wirksam. . Am UKSH kommt deshalb seit 2009 die sogenannte Thrombektomie bei einem Teil der Schlaganfallpatienten zum Einsatz: Dabei schiebt der Operateur einen Katheter von der Leiste durch die Blutgefäße bis ins Gehirn und zieht das Blutgerinnsel aus der verstopften Hirnarterie mit einer Art Fangschirm heraus. Die Einführung und die Weiterentwicklung dieser „stent-retriever“ wurden wesentlich von Prof. Dr. Olav Jansen, Direktor der Klinik für Radiologie und Neuroradiologie des UKSH, Campus Kiel, mitbetrieben.
Allerdings bedurfte es einiger Jahre der klinischen Anwendung, bis valide wissenschaftliche Daten vorlagen, welche die Erfolge dieser Therapie bestätigten. Am 26. Februar 2015 konnte das UKSH mitteilen, dass die internationale Forschergruppe SWIFT PRIME unter Beteiligung der Kieler Neuroradiologie und Neurologie die Überlegenheit des Katheters gegenüber dem Medikament belegt.
Für die Komplex-Behandlung des Schlaganfalls mit allen erforderlichen konservativen, medikamentösen und invasiven Maßnahmen nach neustem wissenschaftlichen Erkenntnisstand bedarf es jedoch eines interdisziplinären Spezialistenteams. Um Doppelvorhaltungen zu vermeiden liegt es nahe, die zentrale Anlaufstelle für Notfälle dort einzurichten, wo die verschiedenen Fachabteilungen vorhanden sind. „Die Art und Schwere eines Schlaganfalls – und damit die geeignete Therapiemethode – ist erst nach der Diagnostik ersichtlich“, erklärt Prof. Dr. Daniela Berg, Direktorin der Klinik für Neurologie des UKSH, Campus Kiel. Daher haben sich UKSH und SKK nun verständigt, die Erstdiagnostik und Akutbehandlung auf der zertifizierten Schlaganfalleinheit des UKSH, der sogenannten Stroke-Unit, zu konzentrieren. „Als Zentrum der Maximalversorgung haben wir die Möglichkeit, unter Einbeziehung der Nachbardisziplinen wie Neuroradiologie, Neurochirurgie, Gefäßchirurgie und Kardiologie sowie in Zusammenarbeit mit dem Gerinnungszentrum und Institut für Humangenetik des UKSH auf jede medizinische Herausforderung mit fachübergreifend abgestimmten Therapiekonzepten zu reagieren“, so Prof. Berg.
„Für den Rettungsdienst sind klare Regelungen zu der Frage, welche Patienten wo primär weiterversorgt werden, von großem Vorteil“, sagte Dr. Wolfgang Lotz, Ärztlicher Leiter Rettungsdienst der Berufsfeuerwehr Kiel, und ergänzte: „Da wir bereits seit vielen Jahren unsere Einsatztaktik unter die Prämisse gestellt haben, möglichst wenig Zeitverluste zwischen Alarmierung zu einem Patienten mit Verdacht auf Schlaganfall und Eintreffen in der Klinik zuzulassen („Time is brain“), sind wir dankbar für die konkreten Absprachen zwischen den beiden großen Kliniken in Kiel. Vor allem die betroffenen Patienten profitieren davon, dass nun an der Stelle die Anfangsdiagnostik über den weiteren Weg entscheidet, an der auch sämtliche heute empfohlenen Maßnahmen durchgeführt werden können. Es müssen also keine Betroffenen mehr zu einer dringlichen Therapie von einer Klinik in die andere verlegt werden.“
Im Rahmen des neuen Versorgungskonzepts wurde die Stroke-Unit des UKSH bereits von elf auf 15 Betten erweitert. Die Behandlungseinrichtung am Campus Kiel wird damit eine der zehn größten Stroke-Units in Deutschland. Rechnerisch legt die Deutsche Schlaganfall Gesellschaft eine Versorgung von 100 Patienten im Jahr pro Stroke-Unit Bett zu Grunde, so dass in der Klinik für Neurologie des UKSH, Campus Kiel, 1500 Patienten pro Jahr versorgt werden können (bisher 1100 Patienten). Für Patienten mit leichtem Schlaganfall haben UKSH und SKK eine enge Kooperation vereinbart, die den Patienten eine optimale Weiterversorgung und Nachsorge garantiert.
Einen ersten Schritt zur Vernetzung der Schlaganfallversorgung in Schleswig-Holstein war das UKSH gemeinsam mit Partnerkliniken (Friedrich-Ebert-Krankenhaus Neumünster, Imland Klinik Rendsburg, Helios Klinik Schleswig, August-Bier-Klinik Malente) bereits 2014 mit der Gründung des Schlaganfallnetzwerks Schleswig-Holstein gegangen – eines der ersten von der Deutschen Schlaganfallgesellschaft akkreditierten Netzwerke dieser Art. Somit ist das UKSH an einem Einzugsgebiet von 750.000 Menschen im Rahmen der Vernetzung beteiligt.
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