Pflege

Ayubowan!

Ein Praktikumsbericht von Jonas Werth Kurs 10/18A

srilanka

Ich denke man kann behaupten, dass 2020 für jeden von uns ein Jahr war, in welchem wir mit neuen und ungewohnten Dingen konfrontieren wurden – freiwillig oder unfreiwillig. Für mich war das schon im Februar und März der Fall, da ich mein ambulantes Pflegepraktikum nicht in Deutschland verbringen durfte, sondern auf Sri Lanka – einer Insel südöstlich von Indien, nicht größer als Bayern. Für mich war es die perfekte Gelegenheit, ein neues Land zu erkunden, im ganz normalen und tagtäglichen Arbeitsalltag eines Krankenhauses mitwirken zu dürfen und die Menschen so kennenzulernen, wie sie wirklich sind – kombiniert mit dem Pflichteinsatz des Praktikums.

Ich wollte meine (geplanten) sieben Wochen im Teaching Hospital Karapitiya in Galle verbringen, einem Lehrkrankenhaus für Pfleger und Ärzte, die den Bewohnern „free-healthcare“ bietet und viele Stationen beherbergt. Eingesetzt wurde ich in verschiedenen Bereichen, in der Allgemein-Chirurgie, der dazugehörigen Post-Op. Station, im Rehabilitation Center, auf einer pädiatrischen Kardiologie und ab und zu noch auf ein paar weiteren Stationen – der Ablauf wurde recht flexibel gestaltet.

Vergleichbar sind das UKSH in Kiel und das Krankenhaus auf Sri Lanka sicherlich nicht - in einem OP-Saal beispielsweise wurden bis zu vier Operationen gleichzeitig durchgeführt, sterile Instrumente wurden in Zeitungspapier oder Leinentücher eingewickelt, Handdesinfektionsmittel war eher eine Rarität und irgendwie schien es auch niemanden zu stören, wenn sich mal ein Gecko auf der Station oder im OP Saal verirrt hat – ich frage mich heute noch, wie die dort hingekommen sind. An einem Tag wurde auch mal ein Patient behandelt, der in einen Schwertkampf hineingeraten ist. Kein Spaß.

Auch der pflegerische Alltag unterschied sich sehr zum gewohnten deutschen Ablauf. Aufgaben wie das Waschen wurden sehr häufig durch die Angehörigen übernommen, diese waren teilweise auch morgens bereits früher da als ich und gingen abends später. Im Rehabilitation Center werden beispielsweise Menschen nach einem Schlaganfall oder einem Motorradunfall (was einen beim singhalesischen Straßenverkehr nicht wundert) behandelt. Es war vollkommen normal, dass die Mutter, der Sohn oder der Freund beim Patienten blieb und den Liebsten mobilisiert und nach Anleitung auch therapeutische Übungen durchgeführt hat. Die Pflege des Personals umfasste mehr die Wundversorgung und die Gabe von Medikamenten und Infusionen.

Interessant fand ich, dass Krankenpfleger in Sri Lanka fünf Jahre an einer Universität studieren und überdurchschnittlich bezahlt werden. Schade fand ich es aber, dass sich die Sprachbarriere hier deutlicher zeigte, da die Universitäten die Vorlesungen nicht auf Englisch wie bei den Ärzten abhielten, sondern auf Singhalesisch, also der Amtssprache des Landes. Es war dementsprechend ab und zu etwas schwierig sich zu verständigen, trotzdem durfte ich auch viele Menschen kennenlernen, die sich sehr gut auf Englisch ausdrücken konnten und wo der Austausch sehr angenehm war. Nicht nur ich hatte viele Fragen, sondern auch die Arbeitskollegen. Diese wollten einmal von mir wissen, ob es denn stimme, dass in Deutschland alle Menschen nackt rumlaufen würden, da ein Kollege vor Jahren einmal München besuchte und er das scheinbar so wahrgenommen hatte. Ich glaube sie haben mir das immer noch nicht geglaubt, nachdem ich dies vehement verneint hatte.

Nach der Arbeit und am Wochenende hatte ich auch viel Zeit für den Strand und das Herumreisen. Wer lernen möchte zu surfen, kann das hier auf jeden Fall tun, entweder auf eigene Faust oder mit Trainer. Sri Lanka bietet aber auch deutlich mehr als Strand, das Land ist geprägt von hohen Bergen, tiefen Tälern und einer beeindruckenden Flora und Fauna. Es gibt schier endlose Möglichkeiten, ich durfte u.a. eine Tour im Nationalpark machen, den Spuren der Pilger auf den 5.200 Stufen zum Berggipfel des Adam´s Peak folgen oder an befahrenen Bahngleisen entlanggehen, um die Aussicht auf Ella genießen zu können.

Sri Lanka war definitiv eine einmalige und eindrucksvolle Erfahrung, die ich absolut nicht bereut habe. Leider zwang mich die Coronakrise zum vorzeitigen Abbruch meines Aufenthaltes.

Vielleicht auf ein baldiges Wiedersehen!

Jonas Werth aus dem Kurs 10/18A