Retinales Pigmentepithel in Krankheit und Gesundheit

Das retinale Pigmentepithel ist ein einschichtiges Epithel, das zwischen der Aderhaut und den Photorezeptoren auf der Bruch’schen Membran angesiedelt ist. Es hat eine Vielzahl von Funktionen in der Retina und ist unerlässlich für das Aufrechterhalten des Sehens4. Das RPE formt die äußere Blut-Retina Schranke, welche die Neuroretina von den Bestandteilen des Blutes und dem peripheren Immunsystem schützt. Das RPE versorgt die Photorezeptoren mit Nährstoffen und ist am Abfalltransport beteiligt. Es ist Bestandteil des Sehzyklus, bei dem das verbrauchte Sehpigment vom all-trans-Retinal in das 11-cis Retinal umgewandelt wird. Eine wichtige Aufgabe, die sowohl mit dem Recycling als auch der Abfallentsorgung zusammenhängt, ist die Phagozytose von verbrauchten Membranscheibchen der Photorezeptoraußensegmente, die durch die Photorezeptoren täglich abgestoßen und erneuert werden. Neben diesen Aufgaben ist das retinale Pigmentepithel aktiv an der Aufrechterhaltung des Immunprivilegs der Retina beteiligt und kann auch Funktionen in der Immunabwehr übernehmen (RPE und angeborenes Immunsystem). Im Alter nimmt die Funktionsfähigkeit des RPE ab und kann so zu verschiedenen Pathologien beitragen. Insbesondere bei der Entwicklung der altersabhängigen Makuladegeneration wird dem RPE eine prominente Rolle zugeschrieben. Dabei spielen zum Beispiel durch oxidativen Stress ausgelöste Veränderungen oder die Ausschüttung von Matrix Metalloproteinase eine Rolle. Ein für die Entwicklung der feuchte AMD sehr wichtiger Aspekt ist, dass das RPE den Vascular Endothelial Growth Factor (VEGF) produziert und mit anti-VEGF Therapeutika interagiert (Interaktion des RPE mit VEGF-Antagonisten).

RPE und angeborenes Immunsystem

Die Retina ist eine klassische immunprivilegierte Region, bei der die inflammatorische Antwort auf verschiedene Gefahrensignale stark reguliert ist. Das retinale Pigmentepithel ist sowohl an der Aufrechterhaltung des Immunprivilegs als auch am inflammatorischen Geschehen in der Netzhaut beteiligt5. Um auf bestimmte Gefahrensignale reagieren zu können, exprimiert des RPE verschiedene Rezeptoren, u.a. Toll-like Rezeptoren (TLR), die verschiedene diese, z.B. doppelsträngige RNA als Marker für eine virale Infektion oder Lipopolysaccharide als Marker für gram-negative Bakterien erkennen. Aktivierungen der TLRs beeinflussen die Proteinexpression und Zytokinausschüttung des RPE und verändern so das inflammatorische Milieu in der Retina. RPE Zellen interagieren auch mit Zellen des angeborenen Immunsystems wie den Monozyten und den Mikrogliazellen. Die genauen Konsequenzen dieser Interaktion sind nicht bekannt, könnten aber einen wichtigen Beitrag zur Pathogenese der AMD leisten. Im Rahmen eines durch die Gaide-Stiftung verliehenen Forschungspreises untersuchen wir die Interaktion zwischen RPE, Nervenzellen und Mikroglia.

Interaktion des RPE mit VEGF-Antagonisten

Die Behandlung der feuchten AMD erfolgt mit Hilfe von VEGF-Antagonisten, die intravitreal appliziert werden6 (VEGF-Antagonisten) . Da die pathologischen Veränderungen bei der feuchten AMD am und unterhalb des RPE zu finden sind, spielt die Interaktion der VEGF-Antagonisten mit dem RPE eine wichtige Rolle bei der anti-VEGF Therapie. Das RPE ist dabei an der Pharmakokinetik der Antagonisten beteiligt, während die Antagonisten auch auf die RPE Zellen Einfluss nehmen. Die genauen Konsequenzen dieser Interaktionen sind noch nicht bekannt, könnten aber mit dem zunehmenden Verlust von RPE Zellen im Rahmen einer Langzeittherapie mit VEGF-Antagonisten in Zusammenhang stehen. Daher ist insbesondere die Langzeitwirkung der Antagonisten auf die Zellen von großem Interesse. Ein wesentlicher Aspekt ist hier das Zusammenspiel von inflammatorischen Veränderungen im RPE (RPE und angeborenes Immunsystem) mit den Wechselwirkungen der Antagonisten auf das RPE, die wir zurzeit in einem durch die Jackstädtstiftung geförderten Projekt untersuchen.

4 Strauss O. The retinal pigment epithelium in visual function. Physiol Rev. 2005 Jul;85(3):845-81.

5 Klettner A. The retinal pigment epithelium in the immune regulation of the retina. In: Recent Advances in Eye Research, Edt. Adelle Hogarth, Nova Publishers, 2015, pp:31-52

6 Schmidt-Erfurth U et al. Guidelines for the management of neovascular age-related macular degeneration by the European Society of Retina Specialists (EURETINA). Br J Ophthalmol. 2014 Sep;98(9):1144-67.