(Leitung PD Dr. med. Birte Kulemann)
Zirkulierende Tumorzellen (CTC) bei Patienten mit soliden Tumoren werden als lebende Klone des Primärtumors angesehen welche sich über das Blut des Patienten verbreiten. Man geht davon aus, dass diese Zellen Metastasen in Lymphknoten und anderen Organen des Körpers bilden können. Bei einigen Tumorarten wie beispielsweise Brust- und Prostatakrebs ist die klinische Bedeutung dieser Zellen sehr gut erforscht. Es konnte in Studien belegt werden, dass diese Zellen nicht nur die Prognose und das Fortschreiten der Erkrankung anzeigen, sondern dass sie zudem als „flüssige Biopsie“ einen Aufschluss darüber geben können, welche Chemotherapie für den einzelnen Patienten besonders gut geeignet ist.
Bei gastrointestinalen Tumoren hingegen, wie Pankreas-, Magen- oder Ösophaguskarzinomen ist bisher noch wenig über die Bedeutung dieser Zellen bekannt. Wir untersuchen daher das Blut von Patienten mit gastrointestinalen Tumoren auf zirkulierenden Tumorzellen um diese genauer zu charakterisieren und ihre Bedeutung für zukünftige Diagnostik und Therapie zu ermitteln.
Projekte
ESO-CTC Studie als translationales Begleitprojekt der prospektiv, randomisierten, multizentrischen ESOPEC Studie
Eine Studie an Patienten mit unbehandeltem Ösophaguskarzinom konnte mittels der CellSearch Methode bei 18% der Patienten CTC nachweisen. Diese Patienten zeigten ein signifikant schlechteres Rezidiv-freies und Gesamtüberleben. Selbst die Multivarianzanalyse zeigte das Vorhandensein von CTC als unabhängigen prognostischen Marker für die Entstehung eines Tumorrezidivs und schlechteres Gesamtüberleben. Dies zeigt, dass CTC auch bei Patienten mit Adenokarzinom des Ösophagus (EAC) relevant zu sein scheinen.
Die ESOPEC Studie ist eine prospektiv-randomisierte, multizentrische Studie die die die Ergebnisse der perioperativen Chemotherapie mit denen der neoadjuvanten Radiochemotherapie bei Patienten mit kurativ resektablem Adenokarzinom des Ösophagus vergleicht. Primärer Endpunkt der Studie ist das Gesamtüberleben, sekundäre Endpunkte sind u.a. das Rezidiv-freie Überleben, Lebensqualität und postoperative Komplikationen.
In dem translationalen Begleitprojekt ESO-CTC, welche von der Else Kröner-Fresenius-Stiftung finanziert wird, wurde im Verlauf des multimodalen Therapieweges mehrfach das Blut der teilnehmenden Patienten auf das Vorhandensein und die Anzahl von CTC untersucht: Zunächst bei Erstdiagnose, dann nach der neoadjuvanten Behandlung und als dritten Zeitpunkt nach der erfolgten Resektion des Tumors. Möglicherweise lassen sich die CTC hier, wie in der Vorstudie gezeigt, als prognostischer Marker verifizieren. Zusätzlich könnten sie einen Hinweis geben, welche Patienten von welchem Therapiekonzept mehr profitieren. Es ist denkbar, dass Patienten, die bereits bei Erstdiagnose CTC im Blut haben, mehr von der stärker systemisch wirkenden perioperativen Chemotherapie profitieren, als von der eher lokal wirksamen neoadjuvanten Radiochemotherapie. Es ist auch möglich, dass das Vorhandensein von CTC nach der Vorbehandlung einen Hinweis auf das Rezidivfreie oder Gesamtüberleben geben kann.
CEC bei Patienten mit anderen Erkrankungen des Pankreas (z.B. IPMN)
Andere Arbeitsgruppen konnten zeigen, dass die Metastasierung ein sehr frühes Ereignis in der Entwicklung des Pankreaskarzinoms ist und auch, dass es auch bei Vorläuferläsionen des Karzinoms bereits zur „Aussaat“ epithelialer Zellen ins Blut von Patienten kommt. Intraductal papillary mucinous neoplasms (IPMNs) des Pankreas sind solche Vorläufer des Pankreaskarzinoms. Bisher werden bei diesen Tumoren klinische und radiologische Parameter für die Entscheidung herangezogen ob der Patient einer Operation unterzogen werden muss, oder ob noch gewartet und weiter kontrolliert werden kann. Diese Kriterien bieten aber nur ein inkomplettes Bild der Erkrankung und stellen Chirurgen und Patienten immer wieder vor die Frage, ob die Operation notwendig ist, oder keine Gefahr der Bösartigkeit besteht. Eine weitere Entscheidungshilfe wie z.B. die genauere Spezifizierung der CECs ist an dieser Stelle von therapeutischer Bedeutung.
Möglicherweise ist in den CEC eine spezielle Untergruppe enthalten, die helfen könnte die Entstehung von malignen Tumoren vorherzusagen und damit auch die o.g. Therapieentscheidung maßgeblich zu beeinflussen. Dies wird in einer laufenden Studie untersucht; die Rekrutierung ist für diesen Teil abgeschlossen (UTN: U1111-1154-6039) die Auswertung läuft weiterhin.
Einzelzell Analyse zirkulierender Tumorzellen
Nachdem zunächst lange davon ausgegangen wurde, dass zirkulierende Tumorzellen lediglich eine Sorte abgeschilferte Zellen des Ausgangstumors (Primärtumors) sind, zeigten neuere wissenschaftliche Studien, dass es sich bei diesen Zellen vermutlich um eine sehr gemischte (heterogene) Zellpopulation handelt. Um herauszufinden, welche dieser Zellpopulationen besondere Bedeutung bei der Entstehung von Metastasen haben, werden die Zellen in spezieller Technik (DEPArrayTM) vereinzelt und dann einzeln phänotypisch und genetisch untersucht. Die genaue Untersuchung könnte in Zukunft auch Hinweise darauf geben, welche Patienten von welcher individualisierten Therapie profitieren. Die personalisierte Medizin geht hiermit einen Schritt voran.
ESO-Per: Multi-dimensionale Analyse von Blut- und Gewebeproben von Patienten mit Adenokarzinom des Ösophagus
Das Ösophagus-Adenokarzinom (EAC) ist eine in ihrer Inzidenz stark steigende Tumorentität mit einer schlechten 5-Jahres-Überlebensrate von 40%. Multimodale Behandlungsprotokolle haben das Überleben verbessert, es sind jedoch weder prädiktive Marker noch Ziele für eine personalisierte Behandlung verfügbar.
Das ESO-Per-Konsortium hat sich zum Ziel gesetzt, ein Instrument zur Unterstützung klinischer Entscheidungen zur Vorhersage des Ansprechens bei Patienten mit resektablem EAC zu entwickeln, um eine personalisierte multimodale Behandlung zu erreichen. Dabei wird geballtes Fachwissen im Konsortium genutzt. Über 500 Patientendaten und Primärtumorbiopsien aus zwei groß angelegten randomisierten kontrollierten multizentrischen Studien (ESOPEC und ESOCA) werden mithilfe der vollständigen Exomsequenzierung (WES), der innovativen GeoMX-Plattform (Nanostring) und der Proteomanalyse mehrdimensional analysiert.
Liquid Biopsy Proben aus Plasma und zirkulierenden Tumorzellen, die bei der Diagnose entnommen wurden, werden zusätzlich mit Einzelzell-WES und Plasma-Proteomik analysiert
Nach Abschluss des Projekts werden alle anonymisierten Daten über das Europäische Genom-Phänomen-Archiv (EGA) und dessen „Ausschuss für Datennutzung und -zugriff“ sowie über die EU-Initiative 1 + MG an andere Forschungsgruppen weitergegeben.
Ansprechpartnerin
Doktorandinnen un Doktoranden
Sindy Seifert
Stephanie Rösc
Venus Yavari
Kim Grebe- Maticzka
Felix Müller
Clara Braun
Förderung
Comprehensive Cancer Center Freiburg (CCCF) Förderprogramm: „Frühe Klinische Studien“ für “Resectable Esophageal Adenocarcinoma: The Influence of Multimodal
Therapy on the Prevalence and Enumeration of Circulating Tumor Cells in Comparison with Conventional Response Evaluation in a Feasibility Study.” (45.500€) 2015
Fördergesellschaft Forschung Tumorbiologie: “Phänotypische und genetische Charakterisierung zirkulierender Tumorzellen bei Patienten mit nichtmetastasiertem gastroösophagealen Adenokarzinom.” (Mittel incl. Personal ca. 182.402€) 2017
Else-Kröner-Fresenius Stiftung (EKFS): “Circulating Tumor Cells as a Biomarker for pretherapeutic Staging and Response Evaluation in Multimodal Curative Treatment of non-metastatic Esophageal Adenocarcinoma (ESO-CTC).”
(Mittel incl. Personal ca. 181.331€) 2018
Kooperationen
Prof. Timo Gemoll, Leiter der Sektion Translationale Onkologie & Biobanking, Klinik für Chirurgie, UKSH, Lübeck
PD Dr. Peter Bronsert & Dr. Sylvia Timme-Bronsert, Institut für Pathologie Uniklinik Freiburg
Martha B. Pitman M.D. Associate Pathologist, Massachusetts General Hospital, Associate Professor of Pathology, Harvard Medical School
Pancreatic Biology Research Laboratory & Andrew L. Warshaw M.D. Insitute of Pancreatic Cancer Research, Massachusetts General Hospital, Harvard Medical School.
Dr. med Matthias Reeh, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf,Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie.