Prospektive Studie zur 3D-Bildgebung in der minimalinvasiven Chirurgie

Die minimalinvasive Chirurgie ist fester Bestandteil des allgemein-, viszeral- und thoraxchirurgischen Spektrums. Die hierfür herkömmlicher Weise eingesetzten Kamera- und Monitorsysteme bieten dem Chirurgen ein zweidimensionales Bild, wodurch der räumliche Eindruck verloren geht. Der Verlust der Tiefeninformation führt zu einer beeinträchtigten Hand-Auge Koordination des Chirurgen. Die notwendigen Kompensationsmechanismen, um die zweidimensionale Abbildung auf den dreidimensionalen Situs zu übertragen, müssen zunächst erlernt werden. Eine Weiterentwicklung stellen endoskopische Optiken dar, die ein stereoskopisches Bild (3D) generieren und dieses über einen 3D-Monitor darstellen können.

Abb.1 Modifizierte Lübecker Toolbox mit Olympus 3D Optik Modifizierte Lübecker Toolbox mit Olympus 3D Optik

Die dreidimensionale Darstellung basiert auf dem Prinzip der Stereoskopie, bei der für das linke und rechte Auge jeweils ein aus leicht unterschiedlichen Winkeln aufgenommenes Bild dargestellt wird. Eine größere Stereobasis bzw. ein größerer Stereoskopie-Winkel führt zu einem stärkeren 3D-Effekt. Dies kann jedoch zu einer visuellen Überforderung des Betrachters führen was in einer Ermüdung resultiert.

In enger Kooperation mit der Firma OIympus wird im Rahmen einer prospektiven randomisierten Studie mit 40 Probanden der Einfluss zweier verschiedener Stereobasen und Stereoskopie-Winkel auf die Lernkurve beim Erlernen von Basisfertigkeiten der minimalinvasiven Chirurgie untersucht. Zudem werden etwaige Unterschiede in den mehr oder weniger stark ausgeprägten „Nebenwirkungen“ (Kopfschmerzen, Mündigkeit, Einschränkungen der normalen optischen Wahrnehmung) analysiert.

Die Studie wird an der Lübecker Toolbox (www.luebeck-toolbox.com) durchgeführt. Das Lübecker Toolbox-Curriculum eignet sich aufgrund des hoch standardisierten Ablaufs sehr gut für eine derartige Untersuchung. Die Lernkurven des Lübecker Toolbox-Curriculums wurden im Rahmen einer vorangegangenen Studie für die zweidimensionale Darstellung detailliert beschrieben. Dies erlaubt somit zusätzlich die Untersuchung, ob die Verwendung einer 3D-Optik zu einer schnelleren Erlernbarkeit und zu einer verkürzten Dauer bei der Durchführung von minimalinvasiven Tätigkeiten führt.

Studien-Hypothese

Die Verwendung einer größeren Parallaxe und eines größeren Stereoskopie-Winkels führt zu keiner weiteren Verbesserung der Lernkurve und der durch das Training erreichbaren Durchführungszeit der einzelnen Übungen

Als zusätzliches Untersuchungsobjekt soll die Akzeptanz sowie der subjektive Eindruck der subjektive Eindruck der Probanden hinsichtlich etwaiger Nebenwirkungen (Schwindel, Ermüdung der Augen, Kopfschmerz) für beide 3D-Systeme mittels eines standardisierten Fragebogens erfasst werden

Der Einsatz einer 3D Optik führt zu einer schnelleren Erlernbarkeit von laparoskopischen Aufgaben was sich durch eine steilere Lernkurve darstellen lässt im Vergleich zu einer 2D-Optik.

Aufgaben, die ein hohes Maß an Tiefenwahrnehmung erfordern, können durch Verwendung einer 3D-Optik nach durchlaufen der Lernkurve schneller abgeschlossen werden als mit einer 2D-Optik.

Studien-Design

Studien-Kollektiv

Es ist beabsichtigt, die Studie kontrolliert prospektiv und randomisiert durchzuführen. Ein Gesamtkollektiv von 40 Probanden wird auf zwei Gruppen mit jeweils 20 teilnehmenden Personen verteilt. Die Randomisierung erfolgt stratifiziert nach Geschlecht, sowie nach Rechts- und Linkshändigkeit. Ein Ungleichgewicht des Geschlechterverhältnisses beträgt höchstens 60:40. Der Anteil an Linkshändern/Linkshänderinnen beträgt mindestens 10%.

Das Gesamtkollektiv setzt sich aus Studierenden der Humanmedizin zusammen für welche die folgenden Ein- und Ausschlusskriterien gelten:

Einschlusskriterien:

  • Studierende der Humanmedizin mind. im 2. klinischen Semester

  • Bestehen der ärztlichen Vorprüfung

  • Erfahrung im chirurgischen Nähen (Nahtkurs Blockpraktikum, Nähen während Famulatur/PJ etc.).

  • Normale Sehschärfe (Visus s.c. bzw. Visus c.c. von mindestens 1,0)

  • Normale Stereopsis (LEA Stereo Test)

Ausschlusskriterien:

  • Vorliegen relevanter Erfahrungen im Umgang mit Instrumenten der minimalinvasiven Chirurgie wie z.B.

  • Famulatur in einem Bereich, in dem routinemäßig minimalinvasiv operiert wird, welche eine Länge von vier Wochen übersteigt

  • Beginn oder Abschluss des chirurgischen Tertials oder eine Wahlfach-Tertials in dem routinemäßig minimalinvasiv operiert wird.

  • Anmerkung: durchschnittliche Erfahrungen durch Blockpraktikum/Famulatur/PJ stellen kein Ausschlusskriterium dar.

  • Vorliegen eines Handicaps, welches die manuellen Fertigkeiten deutlich einschränkt

LTB_Uebungsmodul Darstellung eines LTB Übungsmoduls auf dem Monitor

Die Gruppen durchlaufen das Curriculum jeweils mit einem festgelegtem 3D-System. Pro Gruppe wird mit einer maximalen Abbrecherrate von 10% (2 Probanden) gerechnet. Für die Teilnahme an der Studie wird nach Erreichen des primären Endpunktes eine Aufwandsentschädigung von €100 gezahlt. Primärer Endpunkt der Studie ist für alle Probanden entweder die erfolgreiche Absolvierung der für die jeweilige Übung definierten Zielvorgabe oder das Erreichen von mehr als 80 Wiederholungen je Übung.

Gruppe 1 verwendet ein Trainingsmodul das mit einer laparoskopischen 3D-Optik ausgestattet ist, welche über eine Stereobasis von ca. 3,7 mm und einem Stero-Winkel von 5,4° verfügt. Das distale Ende der Optik wird so zur Grundplatte der Trainingsbox ausgerichtet und fixiert, dass die Darstellung der Übungsmodule identisch mit der im LTB-Curriculum definierten Darstellung ist.

Gruppe 2 verwendet ein Trainingsmodul das mit einer laparoskopischen 3D Optik ausgestattet ist welche über eine Stereobasis von ca. 1,2 mm und einem Stereo-Winkel von 1,25° verfügt. Das distale Ende der Optik wird so zur Grundplatte der Trainingsbox ausgerichtet und fixiert, dass die Darstellung der Übungsmodule identisch mit der im LTB-Curriculum definierten Darstellung ist

Die Darstellung der laparoskopischen Bilder erfolgt über einen 3D-Laparoskopie-Turm der Firma Olympus. Der Betrachtungs-Abstand zwischen Proband und Monitor beträgt zwischen 120 cm ± 20 cm. Das Trainingsmodul soll auf der optischen Achse zwischen Proband und Monitor positioniert werden.

Durchführung der Studie für die Probanden

Probanden Probanden bei Durchführung einer Übungseinheit am 3D System

Vor Beginn und nach Beendigung des Curriculums wird den Probanden ein allgemeiner Fragebogen ausgehändigt in dem Interessen und Erfahrungen in Bezug auf minimal-invasive Tätigkeiten und das Arbeiten mit den Trainingsmodulen abgefragt werden.

Das Curriculum wird in einzelne Übungseinheiten aufgeteilt. Die Übungseinheiten betragen ca. 25 min, wobei sich der Proband ca. 30 Min im Raum aufhält. Pro Tag werden max. drei Übungseinheiten absolviert. Zwischen Doppeleinheiten muss eine Pausenzeit von mindestens 15 min eingehalten werden. Zwischen der zweiten und einer etwaigen dritten Einheit muss eine Pause von mindestens 60 Min eingehalten werden. Der Trainingsplan ist so zu gestalten, dass die wöchentliche Zeitdifferenz zwischen den jeweiligen Probanden maximal 30 min beträgt.

Die Übungen werden in sequentieller Reihenfolge durchgeführt. Mit einer neuen Übung wird nach Erreichen der Zielvorgabe der Vorübung begonnen. Vor erstmaliger Durchführung einer Übung wird ein zugehöriger Instruktionsfilm, welcher die Regeln der jeweiligen Übung enthält mindestens einmal angesehen, auf Wunsch auch mehrmals. Zusätzlich werden ggf. Erläuterungen bezüglich der Regeln für die Übungen durch die Studienbetreuung gegeben. Zudem wird vor jeder neuen Übung ein zugehöriger Lehrfilm angesehen welcher Hinweise und Anleitungen zu den anzuwendenden Techniken enthält. Dieser wird dann, nach der 5., 10., 15., 20. und im Anschluss nach jeweils 10 Versuchen sowie auf Wunsch wiederholt.

Die Übungselemente werden vor Beginn der jeweiligen Übung immer an exakt der gleichen Vorgabestelle positioniert

Die minimalinvasive Chirurgie ist mittlerweile fester Bestandteil des allgemein-, viszeral- und thoraxchirurgischen Spektrums. Somit spielt das Erlernen minimalinvasiver Techniken eine entscheidende Rolle. Neuartige 3D-Systeme erlauben eine dreidimensionale Visualisierung des laparoskopischen Bildes. In der Literatur sind bisher jedoch wenige Untersuchungen bezüglich der Vorteile einer 3D-Visualisierung auf Erlernbarkeit, Präzision und Geschwindigkeit einzelner Operationsschritte beschrieben. Auch ist die technische Entwicklung des stereoskopischen Bildes nicht abgeschlossen.

Technische Erläuterung

Basierend auf Erfahrungen mit den Trainingsmodulen der „Lübecker Toolbox“ wurde ein Versuchsaufbau konzipiert, anhand dessen standardisiertete Übungen Vergleiche über die Erlernbarkeit und Ausführungsgeschwindigkeit wesentlicher Grundfertigkeiten der minimalinvasiven Chirurgie in Abhängigkeit des verwendeten Laparoskopiesystems zulassen.

Vorgehen für die Studie

Es ist beabsichtigt, ein Gesamtkollektiv von 40 Probanden zu untersuchen. Statifizierungsmerkmale der Kollektivauswahl sind Links- bzw. Rechtshändigkeit (ca. 15% Linkshänder) und Geschlechterverteilung (m:w 40:60% bis 60:40%).

Die Teilnehmer sind angehalten, wöchentlich 4-5 Übungseinheiten à 30 Minuten zu absolvieren. Werden mehrere Einheiten pro Tag durchgeführt, muss zwischen der ersten und zweiten Einheit eine Pause von mind. 15min und zwischen der zweiten und dritten Einheit eine Pause von mind. 60min eingehalten werden. Mehr als drei Einheiten pro Tag dürfen nicht absolviert werden. Zu definierten Wiederholungen schauen die Teilnehmer Videosequenzen, in denen Tipps und Tricks zum Erlernen der Übungen gegeben werden.

Alle Studienteilnehmer durchlaufen das gesamte Trainingscurriculum bis zum Erreichen der Trainingsziele aller vier Übungen. Aus Erfahrungswerten kann vorausgesagt werden, dass Ungeübte zwischen drei und sechs Wochen benötigen werden, bis sie alle vorgegebenen Übungen durchlaufen haben.

Zweck der Studie

Neuartige 3D-Systeme erlauben eine dreidimensionale Visualisierung des laparoskopischen Bildes. In der Literatur sind bisher jedoch wenige Untersuchungen bezüglich der Vorteile einer 3D-Visualisierung auf Präzision und Geschwindigkeit einzelner Operationsschritte beschrieben. Weiter wird zu unserem Kenntnisstand in keiner Studie der Einfluss unterschiedlicher Disparitäten zwischen dem linken und rechten Auge untersucht.

Inhalt der Studie wird sein, anhand einer bereits evaluierten Trainingsbox, die Effektivität unterschiedlicher 3D-Effekte für die verbesserte Durchführbarkeit minimalinvasiver Techniken anhand von Lernkurven von Probanden zu evaluieren.

Teilnahme

Um die Daten nach Abschluss der Erfassung auswerten zu können, ist es notwendig, einige persönliche und studienspezifische Fakten bzw. Ergebnisse zu speichern. Dies geschieht im Weiteren jedoch pseudonymisiert (in abgeänderter/kodierter Form). Personenbezogene Daten werden nicht an Dritte weitergeleitet.

Ihre Teilnahme an der Studie ist freiwillig. Sie können jederzeit ohne Angabe von Gründen die Teilnahme beenden, ohne dass Ihnen dadurch Nachteile entstehen. Mit dem Widerruf bzw. Zurückziehen der Einwilligungserklärung werden ihre bisherigen Daten unwiderruflich anonymisiert, d.h. Sie können nicht mehr anhand der Daten identifiziert werden. Eine Weitergabe Ihrer Daten außerhalb des geschilderten Rahmens, insbesondere an Arbeitgeber oder Versicherungen erfolgt in keinem Fall. Die Aufwandsentschädigung in voller Höhe werden Sie nach Beendigung der Studie erhalten.

Die Studienteilnehmer erhalten eine Aufwandsentschädigung von € 100,00, vorausgesetzt, es wird das gesamte Curriculum durchlaufen. In Fällen, in denen der Studienteilnehmer bzw. die Studienteilnehmerin unverschuldet die Teilnahme abbrechen muss, behält sich die Studienleitung vor, in Abhängigkeit der Dauer des bis dato absolvierten Curriculums über die Höhe der Aufwandsentschädigung zu entscheiden. Die Aufwandsentschädigung wird nicht gezahlt, wird die Studie seitens des Probanden (selbstverschuldet) abgebrochen.