Da es sich bei den Blasen bildenden Autoimmundermatosen um seltene Erkrankungen handelt, liegen weltweit nur wenige Therapiestudien vor. Seit 2015 gibt es für die Therapie des bullösen Pemphigoid und des Pemphigus vulgaris/foliaceus Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Dermatologie, die 2019 überarbeitet wurden.
In der Regel werden Glukokortikosteroide (sogenannte Kortisonpräparate) in Kombination mit Kortikosteroid-sparenden Medikamenten (sog. Immunsuppressiva/ Immunmodulatoren) eingesetzt, die die krankmachende, überschießende Immunabwehr des eigenen Körpers dämpfen oder regulieren sollen. Man unterscheidet zudem „First line“-Therapien, also Therapien, die aufgrund der bekannten Wirksamkeit zuerst zur Behandlung eingesetzt werden, von „Second line“-Therapien, die erst nach erfolglosem Einsatz einer „First line“-Therapie Verwendung finden.
Erstlinien Therapien
Glukokortikosteroide (Kortisonpräparate)
Hier werden meist Prednisolon oder Methylprednisolon in Tablettenform gegeben. Die Anfangsdosis richtet sich nach dem Körpergewicht sowie nach der jeweiligen Erkrankung. So wird beim Pemphigus häufig mit einer Prednisolondosis von 1,0 mg/kg Körpergewicht/Tag begonnen, während beim bullösen Pemphigoid eine niedrigere Prednisolondosis von 0,5 mg/kg Körpergewicht/Tag eingesetzt wird.
Bei einigen Erkrankungen (z. B. beim bullösen Pemphigoid, der linearen IgA-Dermatose, dem Pemphigoid gestationis und dem Anti-p200/ Laminin γ1-Pemphigoid) kann häufig sogar auf eine Kortison-Therapie in Tablettenform verzichtet werden; es kommen dann stark wirksame Kortisonpräparate in Creme- oder Salbenform zum Einsatz.
Alternativ können Glukokortikosteroide anstelle von Kortisontabletten auch als Infusion gegeben werden. So wird bei der „Dexamethason-Pulstherapie“ an drei aufeinander folgenden Tagen das Kortisonpräparat Dexamethason in die Vene infundiert. Diese Pulstherapie kann zunächst alle drei bis vier Wochen gegeben werden, dann können die Intervalle weiter gestreckt werden. Die Dexamethason-Pulstherapie kommt vor allem beim Pemphigus und beim Schleimhautpemphigoid zum Einsatz. Nach unseren Erfahrungen treten bei der intravenösen Pulstherapie weniger Nebenwirkungen auf, wie z. Bsp. die Ausbildung eine Cushing Syndroms („Mondgesicht“, „Storchenbeine“, „Büffelnacken“). Die „Dexamethason-Pulstherapie“ wird allerdings nur stationär durchgeführt, da es während und unmittelbar nach den Infusionen zu Blutdruck- und Blutzuckerschwankungen kommen kann, was eine entsprechende Überwachung notwendig macht.
Um Nebenwirkungen der Kortisontherapie wie z.B. Magen-Darmgeschwüren vorzubeugen, werden meist sog. Protonenpumpenhemmer (z. B. Pantoprazol oder Omeprazol) eingesetzt, die die Magensäure reduzieren.
Zur Vorbeugung einer Osteoporose wird Kalzium (1.000 mg/Tag) und Vitamin D3 (1.000 I.E.) gegeben. Es ist sinnvoll, vor und unter längerfristiger Kortisonbehandlung alle 2 Jahre eine Knochendichtemessung durchführen zu lassen, damit eine Osteoporose frühzeitig diagnostiziert und ggf. behandelt werden kann.
Die Behandlung mit Kortisontabletten, Kortisoninfusionen oder Kortisoncremes ist in aller Regel über Wochen und meist sogar Monate notwendig. Es sollte immer versucht werden, diejenige Kortisonpräparation und -dosis einzusetzen, bei der die wenigsten Langzeitnebenwirkungen zu erwarten sind.
Kortikosteroidsparende Medikamente
Immunmodulatoren
Immunmodulatoren werden in der Regel mit Kortisontabletten oder Kortison-haltigen Cremes/ Salben kombiniert, um die Gesamt-Kortionsdosis möglichst gering zu halten. Eingesetzt werden Dapson und bestimmt Antibiotika wie Tetrazyklin, Doxyzyklin und Minozyklin. Kürzlich konnte in einer kontrollierten prospektiven Studie bei Patienten mit bullösem Pemphigoid ein größerer Kortikosteroid-sparender Effekt von Dapson im Vergleich zu Azathioprin (s. unten) gezeigt werden. Dapson ist zudem das einzige in Deutschland zur Behandlung der Pemphigoiderkrankungen zugelassene Kortikosteroid-sparende Medikament. Unter Dapson sind regelmäßige Kontrollen des Blutbildes und der Leberwerte notwendig. In einer weiteren kontrollierten prospektiven hochrangig publizierten Studie war Doxyzyklin in der Behandlung von Patienten mit bullösem Pemphigoid zwar nach 6 Wochen etwas weniger effektiv als Kortisontabletten, zeigte aber nach 1 Jahr deutlich weniger Nebenwirkungen.
Immunsuppressiva
Um die Kortisondosis möglichst gering zu halten, werden häufig zusätzlich Immunsuppressiva eingesetzt. Diese Medikamente unterdrücken verschiedene Komponenten des Immunsystems und können zu einer erhöhten Infektanfälligkeit führen. Zu diesen Präparaten zählen Azathioprin, Mycophenolatmofetil, Mycophenolat-Natrium, Methotrexat und Cyclophosphamid. Auf Grund der starken Nebenwirkungen wird Cyclophosphamid jedoch nur noch in ausgewählten Einzelfällen (z.B. bei rasch fortschreitenden Augenveränderungen beim Schleimhautpemphigoid) eingesetzt. Bei allen Immunsuppressiva sind regelmäßige Kontrollen des Blutbildes, der Leberwerte und Nierenwerte (bei Methotrexat) notwendig.
Rituximab
Bei Rituximab handelt es sich um einen künstlich hergestellten Antikörper, der bestimmte Immunzellen, sogenannte CD20-positive B-Zellen, die für die Produktion der Autoantikörper verantwortlich sind, für einige Monate aus dem Blut entfernt.
In einer hochrangig publizierten Studie konnte 2017 gezeigt werden, dass bei Patienten mit Pemphigus vulgaris/ foliaceus durch die Gabe von Rituximab in 90% der Fälle eine Abheilung aller Haut- und Schleimhautveränderungen erreicht werden kann. Bei etwa der Hälfte der Patienten sind jedoch hierfür wiederholte Gaben von Rituximab notwendig. Rituximab ist seit 2019 zur Behandlung des moderaten und schweren Pemphigus vulgaris zugelassen.
Bei Patienten mit anderen Blasen bildenden Autoimmundermatosen wird Rituximab als Zweit- oder Drittlinientherapie eingesetzt.
Zweitlinien Therapien
Zweitlinien Therapien werden eingesetzt, wenn die Erstlinien Therapie nicht ausreichend wirksam war oder nicht angewendet werden können. Die unten genannten Verfahren/ Medikamente können jedoch auch bei Patienten mit besonders ausgeprägten Erkrankungen als erste Therapie zum Einsatz kommen und werden in aller Regel mit Glukokortikosteroiden (Kortisonpräparaten) und Immunmodulatoren/ Immunsuppressiva kombiniert.
Hoch-dosierte intravenöse Immunglobuline
Intravenöse Immunglobuline (IVIG) werden als Infusion über die Vene verabreicht und stammen aus Blutbestandteilen von Blutspendern. Immunglobuline werden gewöhnlich über zwei bis fünf Tage in zunächst vierwöchigen Abständen gegeben.
Immunabsorption (Blutwäsche)
Bei der Immunabsorption handelt es sich um ein Blutwäscheverfahren, bei dem die krankheitsauslösenden Autoantikörper aus dem Blut entfernt werden. Dieses Verfahren ist besonders für schwer betroffene Patienten geeignet, wo ein rascherer Abfall der krankmachenden Autoantikörper zu einer schnelleren Abheilung der Haut-/Schleimhautveränderungen führt. Die Immunadsorption kann bei Patienten mit Pemphigus vulgaris/ foliaceus auch gut mit Rituximab kombiniert werden, um in den 3-4 Monaten, bis die volle Wirkung von Rituximab erreicht ist, zu einer schnelleren Krankheitskontrolle, also der rascheren Abheilung der Haut-/Schleimhautveränderungen, zu gelangen.
Die Immunadsorption wird in der Regel an drei bis vier aufeinander folgenden Tagen stationär in spezialisierten Universitätskliniken durchgeführt.
Das Zentrum für bullöse Autoimmundermatosen in Lübeck gehört weltweit zu den führenden Kliniken bei dieser Behandlung.
Ausgewählte Literatur
Beek NV, Zillikens D, Schmidt E. Bullöse Autoimmundermatosen. Dtsch Arztebl Int 2021; 118:413-420.
Schmidt E, Sticherling M, Sardy M, Eming R, Goebeler M, Hertl M, Hofmann SC, Hunzelmann N, Kern JS, Kramer H, et al. S2k Leitlinie zur Therapie des Pemphigus vulgaris/foliaceus und bullösen Pemphigoid: 2019 update. J Dtsch Dermatol Ges 2020; 18:516-526.
Schmidt E, Goebeler M, Hertl M, Sardy M, Sitaru C, Eming R, Hofmann SC, Hunzelmann N, Kern JS, Kramer H, et al. S2k Leitlinie zur Diagnose des Pemphigus vulgaris/foliaceus und bullösen Pemphigoid. J Dtsch Dermatol Ges 2015; 13:713-727.
Hübner F, Kasperkiewicz M, Knuth-Rehr D, Shimanovich I, Hübner J, Süfke S, Muck P, Zillikens D,Schmidt E. Adjuvant tratment of severe/ refractory bullous pemphigoid with protein A immunoadsorption leads to rapid diseases control and decrease of anti-BP180 autoantibody levels. J Dtsch Dermatol Ges 2018, 16: 1109-18.
Sticherling M, Franke A, Aberer E, Gläser R, Hertl M, Pfeiffer C, Rzany B, Schneider S, Shimanovich I, Werfel T, Wilczek A, Zillikens D,Schmidt E. An open, multicenter, randomized clinical study in patients with bullous pemphigoid comparing methylprednisolone and azathioprine with methylprednisolone and dapsone. Br J Dermatol 2017; 177: 1299-1305.
Williams HC, Wojnarowska F, Kirtschig G, Mason J, Godec TR, Schmidt E, Chalmers JR, Childs M, Walton S, Harman K, Chapman A, Whitham D, Nunn AJ. Doxycycline versus prednisolone as an initial treatment strategy for bullous pemphigoid – a pragmatic non-inferiority randomised controlled trial. Lancet 2017, 389: 1630-38.
Joly P et al. First-line rituximab combined with short-term prednisone versus prednisone alone for the treatment of pemphigus (Ritux 3): a prospective, multicentre, parallel-group, open-label randomised trial. Lancet 2017; 389: 2031-40.
Hammers CM, Schmidt E, Zillikens D. Blasenbildende Autoimmunerkrankungen der Haut - diagnostische und therapeutische Aspekte. DMW 2014, 139: 1473-77.
Schmidt E, Zillikens D. Pemphigoid diseases. Lancet 2013, 381: 320-32.
Kasperkiewicz M, Shimanovich I, Meier M, Schumacher N, Westermann L, Kramer J, Zillikens D, Schmidt E. Treatment of severe pemphigus with a combination of immunoadsorption, rituximab, pulsed dexamethasone and azathioprine/mycophenolate mofetil: a pilot study of 23 patients. Br J Dermatol 2012; 166:154-60.
Meyersburg D, Schmidt E, Kasperkiewicz M, Zillikens D. Immunoadsorption in dermatology. Ther Apher Dial 2012; 16:311-20.
Kasperkiewicz M, Shimanovich I, Ludwig RJ, Rose C, Zillikens D, Schmidt E. Rituximab for treatment-refractory pemphigus and pemphigoid: a case series of 17 patients. J Am Acad Dermatol 2011; 65:552-8.
Zillikens D, Derfler K, Eming R, Fierlbeck G, Goebeler M, Hertl M, Hofmann SC, Karlhofer F, Kautz O, Nitschke M, Opitz A, Quist S, Rose C, Schanz S, Schmidt E, Shimanovich I, Michael M, Ziller F. Empfehlungen für die Anwendung der Immunapherese bei der Therapie bullöser Autoimmundermatosen. J Dtsch Dermatol Ges 2007; 5:881-7.