Leitung:
Professor Dr. John Baines (JohnFarnsworth.Baines@uksh.de), Leitung der Sektion für Evolutionäre Medizin am Institut für experimentelle Medizin, Universität Kiel und dem Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie, Plön.
Zusammenfassung
Die Medizinische Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) fördert gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), dem Plöner Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie (MPI-EB) und der Lungenclinic Großhansdorf seit Frühjahr 2019 ein Ausbildungsprogramm für „Klinische Forschende in der Evolutionären Medizin (Englisch: Clinician Scientists in Evolutionary Medicine, CSEM)“. Ziel ist neben der Verbesserung der medizinischen Ausbildung besonders die weitere Verwurzelung evolutionsbiologischer Prinzipien in der medizinischen Forschung. Davon erhoffen sich die Initiatorinnen und Initiatoren des Kieler Programms nachhaltige Strategien zum Beispiel im Kampf gegen Behandlungsresistenzen bei verschiedenen schwerwiegenden Krankheiten.
Das zunächst auf drei Jahre von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Programm bietet forschungsinteressierten jungen Ärztinnen und Ärzten die Möglichkeit, parallel zu ihrer klinischen Qualifikation zur/m Fachärztin/Facharzt ein eigenständiges, Forschungsprojekt zu verfolgen und zur Habilitation zu führen. Die Programmteilnehmer/innen werden zu ca. 40% von der jeweiligen Klinik für die wissenschaftliche Tätigkeit freigestellt. Im Rahmen eines begleitenden, strukturierten Ausbildungsprogramms erhalten die Nachwuchswissenschaftler/innen weiterhin die Möglichkeit, umfangreiche methodische Kompetenzen und wichtige Schlüsselqualifikationen zu erwerben. Die Teilnehmer/innen absolvieren in Folge eine erweiterte berufliche Zusatzausbildung, die sie für zukünftige anspruchsvolle Aufgaben in der patienten- und grundlagenorientierten Forschung qualifiziert.
Zielgruppe
Die Ausschreibung richtet sich an
in Deutschland approbierte Ärztinnen und Ärzte, die
nach einer Promotion
eine Facharztausbildung anstreben und
Interesse an der klinischen Forschung haben sowie
fließend deutsch und englisch sprechen.
Außerdem vorteilhaft:
zusätzliche Forschungserfahrung nach dem Studium
begonnene Facharztausbildung (bis zu drei Jahre)
Angebot
Anstellung als Arzt/Ärztin im Universitätsklinikum Schleswig-Holstein für die gesamte Laufzeit des jeweiligen Programms (TV-Ä)
Mit der Ärztekammer Schleswig-Holstein abgestimmte Curricula für die Facharztweiterbildung
Komprimierte klinische Ausbildung mit fokussierter und anspruchsvoller Vermittlung der Fähigkeiten, die für das jeweilige medizinische Fach- und Teilgebiet relevant sind
Geschützte Zeit für die Forschung unabhängig von klinischen Aufgaben
Intensives, interdisziplinäres Mentoring durch die klinischen und wissenschaftlichen Leiter/innen für Facharztreife und Habilitation
Interdisziplinäre medizinische Versorgung und klinische Forschung unter einem Dach im UKSH
Zusätzliche Fortbildungsangebote wie z.B. Kommunikation, Leadership, Antragstellung.
Unterstützung für Nachwuchswissenschaftler/innen mit Familienpflichten
Wissenschaftlicher Schwerpunkt
Fokus des CSEM-Ausbildungsprogramms ist die evolutionäre Medizin. Die Grundsätze evolutionsbiologischen Denkens und Forschens werden in den Bereichen Antibiotikaresistenz, Onkologie, Hautbarriere, Entzündung, Mikrobiom und Altersforschung zur Anwendung gebracht. Hierfür werden biomedizinische und evolutionsbiologische Kenntnisse vermittelt. Ziel ist es nachhaltige Lösungen für die großen Fragestellungen der Medizin zu entwickeln.
Im Mittelpunkt stehen zum Beispiel Krankheitsbilder wie entzündliche Hauterkrankungen, Autoimmunerkrankungen, die auf eine gestörte Bakterienbesiedlung des Körpers zurückgehen, sowie verschiedene Krebserkrankungen. Schon heute lässt sich erkennen, dass die evolutionäre Medizin auf diesen Gebieten vielversprechende Perspektiven eröffnet. Diese Ansätze sollen weiterverfolgt werden und systematisch in die medizinische Ausbildung einfließen.
Mentoring
Eine Besonderheit des Modells ist die individuelle Unterstützung mittels sogenannter Forschungs-Tandems: Die Medizinerinnen und Mediziner in der Facharztausbildung werden von einem Mentoring-Paar unterstützt, das jeweils aus einem Projektleiter oder einer Projektleiterin der klinischen Forschung und der Grundlagenforschung besteht. Gemeinsam bearbeiten sie spezifische Fragen aus der evolutionären Medizin wie das Zusammenwirken von Wirtsorganismen und Bakterien, die Entwicklung des Darmmikrobioms oder die Evolution von Antibiotikaresistenzen. So können die Teilnehmenden ihre individuellen Kompetenzen an der Schnittstelle von Grundlagenforschung und Klinik einbringen und weiterentwickeln und damit ihre Forschungslaufbahn vorantreiben. Zudem hilft die Auseinandersetzung mit den evolutionsbiologischen Denkweisen dabei, diese Stück für Stück in medizinischen Studien und mittelfristig im Behandlungsalltag zu verankern.
Der Standort
Die Universität Kiel eignet sich in besonderem Maß als Standort für eine evolutionsmedizinische Ausbildung, da sie sich gemeinsam mit ihren Partnerinstitutionen in der Region immer mehr zu einem bundesweiten Leuchtturm in der evolutionsbiologischen Forschung entwickelt. So schuf die CAU als erste Universität deutschlandweit eine Sektion für Evolutionäre Medizin. Sie ist zudem in verschiedenen großen evolutionswissenschaftlich orientierten Forschungskonsortien wie dem Exzellenzcluster „Inflammation at Interfaces“ (ab 2019 Exzellenzcluster „Precision Medicine in Chronic Inflammation“), dem Leibniz WissenschaftsCampus „Evolutionary Medicine of the Lung“ oder dem Sonderforschungsbereich 1182 „Entstehen und Funktionieren von Metaorganismen“ aktiv.
Weiterhin steht in Kiel die evolutionäre Sichtweise schon im Master- und Promotionsstudium im Mittelpunkt, unter anderem in der gemeinsam mit dem Plöner MPI-EB geleiteten Graduiertenschule „International Max Planck Research School for Evolutionary Biology“. Mit dem „Kiel Evolution Center“ (KEC) ist an der CAU zudem ein deutschlandweit einzigartiges Zentrum entstanden, das diese verschiedenen Aktivitäten und Akteure bündelt und vernetzt und so den Forschungsstandort stärkt.
Bewerbung und Auswahl
Die Auswahl der Clinician Scientists erfolgt in einem zweistufigen Verfahren bestehend aus schriftlicher Bewerbung und Auswahlsymposium. Der Lenkungsausschuss wählt auf der Grundlage der eingereichten Bewerbungsunterlagen Kandidatinnen und Kandidaten für die zweite Runde des Bewerbungsprozesses.
Kriterien für die Auswahl sind zum Beispiel frühere wissenschaftliche Leistungen (Veröffentlichungen, Forschungsstipendien, Auszeichnungen), die Note der Doktorarbeit, das Spektrum oder die Komplexität bereits erlernter Methoden und ein Interesse an der Evolutionsbiologie.
Im Anschreiben ist mit einer kurzen Begründung anzugeben, welches der sieben Themen und Tandem-Mentoringteams (siehe unten) gewünscht wird.
Themen und klinisch-wissenschaftliche Expertise der Forschungs-Tandems
Evolution von Gen-Mikrobiota Interaktionen bei der Anfälligkeit für entzündlichen Hauterkrankungen
Leitung: Prof. Dr. Stephan Weidinger, Prof. Dr. John Baines, Prof. Dr. Jürgen Harder
Institutionen: Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, UKSH Kiel; Institut für Experimentelle Medizin, CAU; Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie PlönÖkologische und evolutionäre Veränderungen im Darmmikrobiom im Zusammenhang mit Interventionen gegen Fettleibigkeit und Insulinresistenz
Leitung: Prof. Dr. Matthias Laudes, Prof. Dr. Andre Franke
Institutionen: Klinik für Innere Medizin I, Klinische Ernährungs- und Stoffwechselmedizin, UKSH Kiel; Institut für Klinische Molekularbiologie, CAUÖkologische und evolutionäre Veränderungen im Darmmikrobiom, die mit der Manipulation der Aminosäurehomöostase zur Behandlung von entzündlichen Erkrankungen einhergehen
Leitung: Prof. Dr. Stefan Schreiber, Prof. Dr. Philipp Rosenstiel, Prof. Dr. Christoph Kaleta
Institutionen: Klinik für Innere Medizin I, UKSH Kiel; Institut für Klinische Molekularbiologie, CAU; Institut für Experimentelle Medizin, Medizinische Systembiologie, CAUExperimentelle Evolution zur Optimierung antibiotischer Behandlungsstrategien gegen Pseudomonas aeruginosa im Zusammenhang von Lungenerkrankungen
Leitung: Burkhard Bewig, Prof. Dr. Klaus Rabe, Prof. Dr. Hinrich Schulenburg
Institutionen: Klinik für Innere Medizin I, UKSH Kiel; Lungenklinik Großhansdorf; Zoologisches Institut, Evolutionsökologie und Genetik, CAUModellierung der Krankheitsdynamik bei Leukämien im Kontext der Therapieresistenz
Leitung: Prof. Dr. Monika Brüggemann, Prof. Dr. Arne Traulsen
Institutionen: Klinik für Innere Medizin II, UKSH Kiel; Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie PlönEvolution von Magen-Darm-Krebs und Therapieresistenz
Leitung: Prof. Dr. Christoph Röcken, Prof. Dr. Susanne Sebens
Institutionen: Institut für Pathologie, UKSH Kiel; Institut für experimentelle Tumorforschung, UKSH KielEinfluss des humanen Langlebigkeitsgens FOXO3 auf die Immunsenseszenz
Leitung: Prof. Dr. Bimba Franziska Hoyer, Prof. Dr. Almut Nebel
Institutionen: Klinik für Innere Medizin I, Sektion Rheumatologie, UKSH Kiel; Institut für Klinische Molekularbiologie, CAU