Anatomie/Physiologie/Pathologie

Die Mitralklappe ist zweizipfelig (bikuspid) angelegt, ihr Name entstammt der Ähnlichkeit der Mitra (Bischofsmütze). Die Segel sind anterior (aortal) und posterior (mural) gelegen. Sie sind eingeteilt in 3 Segmente (ausgehend von der anterolateralen zur posteromedialen Kommissur) in A1-A3 für das anteriore und P1-P3 für das posteriore Segel. Als funktionelle Einheit gehört zur Mitralklappe neben den beiden Segeln der flexible Mitralannulus (Klappenring) sowie der Klappenhalteapparat (anteriorer und posteriorer Papillarmuskel, Chordenapparat, Ventrikelwand als Papillarmuskelansatz). Während der Diastole öffnet sich die Klappe, während der Systole schließt die Klappe kompetent (Berührung des vorderen und hinteren Segels mit ausreichender Koaptationsfläche). Erleichtert wird die Koaptation durch die Kontraktion des beweglichen Annulus. Aus einer Erkrankung an der Mitralklappe kann sowohl eine Undichtigkeit (Insuffizienz) als auch eine Verengung (Stenose) oder eine Kombination von Insuffizienz und Stenose (kombiniertes Vitium) in unterschiedlicher Ausprägung resultieren.
Mitralklappenstenose
Bei der Mitralklappenstenose kommt es zu einer Einengung der Öffnungsfläche. Die häufigste Ursache ist das rheumatische Fieber mit seinen Spätfolgen, die sich an der Klappe als Verkalkung bzw. Vernarbung demarkieren. Sowohl Segel als auch Anteile des Halteapparates sind hierbei verdickt. Das rheumatische Mitralklappenvitium hat in Deutschland mittlerweile an Häufigkeit abgenommen. Weitere Ursachen sind degenerativer Genese (zum Beispiel myxomatöse Degeneration). Symptome: Häufig treten unter Ruhebedingungen oder leichter Belastung gar keine Beschwerden auf. Führendes Symptom der Erkrankung ist insbesondere nächtliche Luftnot oder Angina pectoris bei Belastung, auch Palpitationen (Herzrhythmusstörungen, Vorhofflimmern) und rasche Ermüdbarkeit können auftreten.
Mitralklappeninsuffizienz
Es handelt sich bei der Mitralklappeninsuffizienz um eine Schlussunfähigkeit mit Blutrückfluss in den linken Vorhof. Bei der akuten Mitralklappeninsuffizienz handelt es sich meist um einen Aus- oder Abriss der Chordae bei Herzinfarkt oder Entzündung (Endokarditis). Zugrundeliegen kann bei der chronischen Insuffizienz eine ischämische Ursache (Papillarmuskelinsuffizienz, Wandbewegungsstörungen der linken Herzkammer) oder auch eine Entzündung der Klappe. Symptome: Bei der akuten Mitralklappeninsuffizienz tritt eine akute Luftnot (akutes Lungenödem) auf, bei der chronischen Mitralklappeninsuffizienz besteht hingegen oft über Jahre eine Beschwerdefreiheit, bei Auftreten von Symptomen handelt es sich um Flüssigkeitsansammlungen, Luftnot, mangelnde Belastbarkeit, Gewichtsverlust und/oder Herzinsuffizienz.
Indikationen zum Mitralklappenersatz
Mitralklappenstenose
Die Indikation wird unter anderem anhand des Druckgradienten (von ca. 10mmHg) und dem klinischen Beschwerdebild (Luftnot bei geringgradiger Belastung, rezidivierende Dekompensationen) gestellt. Zudem besteht die Indikation zur Operation, wenn z. B. ein Vorhofmyxom, ein Gerinnsel im linken Vorhof und stattgehabte Embolien vorliegen. Ein erhöhtes Risiko für den Mitralklappenersatz liegt in folgenden Fällen vor: pulmonaler Hypertonus, deutlich eingeschränkte linksventrikuläre oder Lungenfunktion.
Mitralklappeninsuffizienz
Ein sofortiger Mitralklappenersatz ist bei akuter Mitralklappeninsuffizienz (zum Beispiel bedingt durch Sehnenfadenabriss) gegeben. Bei chronischem Verlauf ist die Indikationsstellung zur Operation bei einer höhergradigen Insuffizienz, bei Luftnot auf niedrigem Belastungsniveau (NYHA Stadium III) gegeben. Wenn keine Symptome vorliegen, ist eine Operation anzuraten, wenn die Auswurffraktion des linken Ventrikels (EF) unter 60% oder der endsystolische Durchmesser des linken Ventrikels über 45mm liegt.
Operationsverfahren
Rekonstruktion
Die verschiedenen rekonstruktiven Verfahren sind in folgendem Poster aufgeführt. (Zum Vergrößern auf das Bild klicken!)
Ob eine Mitralklappe rekonstruiert werden kann, ist von den anatomisch-pathologischen Gegebenheiten abhängig. Liegen hochgradige Verkalkungen im Bereich der Klappensegel oder des Klappenringes vor, so ist die Möglichkeit der Rekonstruktion eingeschränkt. Es sind zahlreiche rekonstruktive Verfahren entwickelt worden. Als Standardtechnik gilt heutzutage bei erweitertem Klappenring die Implantation eines Prothesenringes, den es in verschiedenen Ausführungen gibt (starr oder flexibel), ferner kann eine "Ringrekonstruktion" mittels Raffnähten hergestellt werden: Kommissurenraffnähte nach Wooler, nach Kay, nach Reed, etc. Ein Prolaps des posterioren Segels kann durch eine sogenannte Quadrantenresektion (nach Carpentier) mit zusätzlicher Fixierung durch einen Halbring rekonstruiert werden. Bei einem Sehnenfadenabriss kann eine Sehnenfadentransposition oder ein Ersatz mittels PTFE-Faden erfolgen. Verlängerte (elongierte) Sehenfäden können gekürzt werden, abgerissene Papillarmuskeln wieder vernäht werden.

Das Risiko der Operation liegt bei der Rekonstruktion bei kreislaufstabilen Verhältnissen des Patienten bei 1-2%. Die Wahrscheinlichkeit der erneuten Operation innerhalb der ersten fünf Jahre ist niedrig, die 80%ige Freiheit einer Nachoperation einer rekonstruierten Mitralklappe liegt bei 12-13 Jahren und damit über der Haltbarkeit einer Bioprothese.
Ersatz der Mitralklappe mittels biologischer oder mechanischer Prothese
Ist die Mitralklappe derart zerstört, dass eine Rekonstruktion nicht möglich ist, kann eine biologische oder mechanische Prothese als Ersatz implantiert werden. Das Operationsrisiko liegt bei Ersatz der Mitralklappe durch eine Prothese bei etwa 1-3% in Abhängigkeit von erschwerenden Begleiterkrankungen. Der Vorteil der biologischen Prothese liegt in der fehlenden Notwendigkeit der Einnahme gerinnungshemmender Medikamente, der Nachteil besteht in der limitierten Haltbarkeit der Prothese, die aufgrund degenerativer Veränderungen altersabhängig bei etwa 6-10 Jahren liegt. Die Laufzeit der Prothese ist in Mitralposition im Vergleich zur Aortenposition verkürzt. Derzeit gängige mechanische Prothesentypen sind die einflügelige Kippscheibenprothese sowie Doppelflügelklappen. Der langen bzw. dauerhaften Haltbarkeit als Vorteil steht der Nachteil der Notwendigkeit der Einnahme gerinnungshemmender Medikamente (z. B. Marcumar) gegenüber. Diese müssen eingenommen werden, da beim Mitralklappenersatz im Vergleich zum Aortenklappenersatz ein noch weitaus höheres Risiko thromboembolischer Komplikationen besteht.