Audiologische Forschungsschwerpunkte

Magnetfeldtherapie bei chronischem Tinnitus

Wir untersuchten in einer prospektiven, klinischen Doppelblindstudie, ob durch ein elektro magnetisches Feld, dessen Feldstärke 1,7 mT nicht übersteigt und das mit einem speziellen Kopfhörer auf das Ohr des Patienten appliziert wird, eine Tinnitusredukion möglich ist. Es erfolgte eine randomisierte Einteilung der Patienten in eine Verum- und eine Placebogruppe. Die Therapie führten wir in sechs Sitzungen mit wöchentlichem Abstand durch begleitet von einer umfangreichen Erfassung audiologischer und psychometrischer Daten. Um den Lanzeiteffekt der Therapie zu überprüfen erfolgte eine Kontrolle jeweils drei Monate nach Behandlungsende. Zur Auswertung wurden u.a. der tonaudiometrische Hörverlust, das Tinnitusmatching, der Maskie rungsverlauf nach Feldmann, die Nachverdeckung sowie Skalierungen mit visuellen Analog skalen und ein umfangreicher Fragebogen zur subjektiven Beurteilung des Tinnitus herangezogen. Ein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen war nicht nachweisbar. Im Mittel wurde mit keiner Behandlungsform eine Verbesserung der erfaßten Parameter im Ver gleich zur Ausgangssituation erreicht.

Multifrequente Tympanometrie

Bei der Tympanometrie wird die Eingangsimpedanz des Hörsystems bei Druckänderung im äußeren Gehörgang bestimmt. Dieser akustische Wiederstand wird durch die mechanischen Größen des Mittelohres bestimmt. Mit dem bei uns installierten Mitteloranalysator lassen sich über die übliche Tympanometrie hinausgehende Informationen gewinnen. Inwieweit sich diese nutzbringend im Rahmen der Diagnostik von Mittelohrerkrankungen einsetzen lassen, wurde in vergleichenden Messungen bei Patienten mit Mittelohrproblemen untersucht. Gleichzeitig wird untersucht, wie die frequenzabhängige Impedanz des äußeren Gehörgangs die Registrierung der Otoakustischen Emissionen beeinflusst.

Hörfeld

Die Hörfeldskalierung ist ein wichtiges Hilfsmittel im Rahmen der Versorgung mit Hörhilfen. Sie läßt sich auch diagnostisch zum Recruitmentnachweis einsetzen.Bei diesem multizentrischen Vorhaben erfolgten Hard- und Software Entwicklungen sowie Untersuchungen an Normalhöri gen und Patienten mit dem Ziel einer Standardisierung. Ein Schwerpunkt liegt bei unseren Arbeiten auf dem Einsatz des Verfahrens bei der Versorgung mit Cochlear Implantaten. Die Hörfeldskalierung wird einerseits bei den Voruntersuchungen zur Überprüfung der Hörgeräte und Bestimmung der Restdynamik sowie im Rahmen des Promontoriumstest eingesetzt und gibt andererseits wichtige Hinweise bei der Sprachprozessorprogrammierung und Überprüfung der Programme. Ferner dient sie der Dokumentation des Rehabilitationserfolgs bei der Versorgung mit Hörhilfen. Im Rahmendes diagnostischen Einsatzes des neuen Verfahrens verglichen wir bei normal Hörenden und Patienten die Skalierungsergebnisse mit den bekannten, klinisch eingeführ ten Rekruitment Testen.

Sprachteste

Der computergestützte Meßplatz für die Sprachaudiometrie und andere neue audiometrische Testverfahren wurde erweitert und ein zweiter gleichartiger Meßplatz installiert. Die Patientenantworten werden über einen Handheld-Computer mit berührungsempfindlichem Bildschirm vom Patienten selbst eingegeben. So sind automatische interaktive sowie adaptive Messungen möglich. Die Hardware und die modulare Software gestatten es, ohne großen Aufwand neue Testverfahren zu implementieren. Die neuen Sprachtestverfahren gestatten bei reduziertem Zeitaufwand genauere Aussagen über das pathologische Gehör und die Rehabilita tion mit dem Hörgerät. Zur Zeit können neben den Standardverfahren der Sprachaudiometrie, wie Freiburger Sprachverständlichkeitstest, Marburger Satztest und Mainzer Kindertest, ein Einsilber- und ein Zweisilber-Reimtest, der Insbrucker und der Göttinger-Satztest, der Kieler Logatomtest sowie die Logatomteste der MAC-Batterie genutzt werden. Für diese Untersuchungsverfahren wurden Normwerte in Ruhe und im Störschall erstellt sowie zum Zweck der Standardisierung der neuen Verfahren Messwerte bei Patienten mit unterschiedlichen Hörstörungen erhoben.

Speech Tracking

Das Speechtracking versucht die verbale Kommunikationssituation weitgehend nachzubilden. Hierbei werden dem Patienten Textpassagen vorgelesen und er muß sie wörtlich wiederholen. Zur Auswertung wird die Zahl der richtig wiederholten Worte durch die Untersuchungsdauer dividiert. Das wenig formelle Verfahren hat alle bekannten Nachteile eines Tests, der nicht mit standardisierter Aufsprache erfolgt. Um einen Teil der Variablen einzugrenzen und den Untersucher zu entlasten, erstellten wir ein Programm, bei dem der Untersucher den Text vom Monitor abliest und fehlerhaft wiederholte Worte am Bildschirm markiert. Nach Ablauf der voreingestellten Meßzeit wird das Ergebnis direkt ausgegeben und anhand eines von uns erstellten Modells lassen sich die Einflußfaktoren für die Fehlhörigkeit analysieren. Ergebnisse mit Hörgeräteträgern und Cochlear Implant Patienten sowie Normwerte wurden erhoben.

Richtungshören

Zur Untersuchung des Richtungshörens wurde ein rechnergestützter Meßplatz erstellt, der es gestattet, daß richtungsabhängige Sprachverstehen zu untersuchen. Hierzu wurde ein Sprachverständlichkeitsmeßplatz aufgebaut und mit einem im reflektionsarmen Raum instal lierten Kreis von 12 Lautsprechern verbunden. Zwei Programmesysteme zur interaktiven Durch führung unterschiedlicher Messungen wurden erstellt. Erste Ergebnisse in Ruhe und im Störlärm bei Normalhörenden wurden gesammelt. Durch Faltung des Signals mit mittleren Aussenohrübertragungsfunktionen läßt sich über den Kopfhörer ein Richtungseindruck erzielen. Abweichungen bei Sprachverständlichkeitsmessungen im Störgeräusch zwischen den Messungen unter Kopfhörer und im Freifeld wurden untersucht.

Audiometrie-Datenbank

Das lokales Rechnernetzwerk, das neben den Wissenschaftlerarbeitsplätzen auch die Mehrzahl der im Bereich Audiometrie/Neurootologie genutzten Meßgeräte umfaßt, wurde erweitert. Zusätzliche Untersuchungen können in der Datenbank archiviert werden. Neue Programme zur Anbindung der Meßgeräte an die Datenbank wurden erstellt und Visualisierungsprogramme, die die Befundung der Messungen entscheidend unterstützen erweitert und verbessert.

Cochlear Implant

Mit einem Cochlear Implant können taube Menschen hören, wenn die Taubheit auf einem Ausfall des Sinnesorgans beruht und der Hörnerv erhalten ist. Mittels eines operativ in die Cochlear eingebrachten Elektrodenarrays wird durch elektrische Stimulation auf dem Hörnerven ein Erregungsmuster erzeugt, daß dem bei natürlicher Verarbeitung des gleichen Schallsignals hervorgerufenen möglichst ähnlich ist. Die hierfür notwendige Signalverarbeitung erfolgt in einem sogenannten Sprachprozessor.

Cochlear Implant Zentrum

Seit 1989 werden in Kiel auch gehörlose Kinder mit Cochlear Implantaten versorgt. Neben der Operation und der Anpassung der Sprachprozessoren an die individuellen Bedürfnisse des kleinen Patienten ist insbesondere bei prae- und perilingual ertaubten Kindern die auditiv verbale Rehabilitation sehr wichtig. Um die Aufgaben des Hörsprachtrainings besser erfüllen zu können, wurde das interdiziplinäre Cochlear Implant Centrum Kiel-Schleswig gegründet. Hier werden in Zusammenarbeit von Pädagogen, Logopäden, Ärzten und Audiologen kindgerechte Verfahren zur Optimierung der Sprachprozessor Anpassung und auf die besonderen Bedürfnisse der Cochlear Implantpatienten ausgerichtete Methoden der Hör- und Spracherziehung entwickelt.

Cochlear Implantversorgung bei nicht tauben Patienten

Die sehr guten Erfolge der mit einem Cochlear Implant versorgten postlingual ertaubten Er wachsenen lassen die Diskussion über eine Erweiterung der Indikation zur Implantation berech tigt erscheinen. Insbesondere Patienten, die das Implantat kurze Zeit nach der Ertaubung erhalten haben, übertreffen häufig die Ergebnisse, die hochgradig bis an Taubheit grenzend schwerhörige Patienten mit einem gut angepassten Hörgerät erreichen. Es werden Patienten, die bei Taubheit auf einem Ohr auf dem anderen Ohr ein gewisses Sprachverständnis mit ihren Hörgeräten erzielten, auf dem ertaubten Ohr implantiert. Es wird die Sprachverständlichkeit in Ruhe und im Störgeräusch vor und nach der Implantation und die psychosoziale Sitation dieser Patienten untersucht und das Hören über das Implantat mit dem Hören über das Hörgerät verglichen.

Vergleich von Sprachprozessorstrategien

In einer multizentrischen Studie untersuchten wir die Abhängigkeit der Sprachverständlichkeit bei Cochlear Implantträgern von der verwandten Codierungsstrategie des Sprachprozessors. Hierzu wurden in einer multizentrischen Studie die Leistungen der Patienten in einer großen Zahl von Sprachverständlichkeits Testen in unterschiedlichen Hörsituationen mit der neuen Spectral Peak Strategie verglichen mit den Ergebnissen mit der seit 1989 eingesetzten Multi Peak Strate gie . Es wurden signifikante Verbesserungen der Sprachverständlichkeit durch den Einsatz der neuen Strategie nachgewiesen. Die größten Gewinne zeigten sich bei Satztesten im Störgeräusch, also solchen Hörsituationen die der normalen Kommunikation am nächsten kommen. Zusätzlich konnten wir in einer begleitenden Untersuchung Verbesserungen im psychosozialen Bereich und beim Musikgenuss durch die neue Codierungsstrategie nachweisen.

Die Sprachverständlichkeit bei Cochlear Implant Patienten in Abhängigkeit von der Empfindlichkeit des Sprachprozessors und dem Sprachschallpegel

Ein Parameter des Sprachprozessors, der sich auf das Sprachverständnis auswirkt, ist die von den Patienten wählbare Empfindlichkeit. Wir untersuchten das Sprachverständnis in Ruhe in Abhän gigkeit von der Empfindlichkeitseinstellung des Sprachprozessors mit dem Freiburger Einsilber Test. Normiert man die Ergebnisse dieser Untersuchungen auf die maximale Verständlichkeit jedes einzelnen Patientens, so ergibt sich im Mittel eine Verbesserung von 40 % der maximalen Einsilberverständlichkeit allein durch die Wahl der Empfindlichkeit. Dieser Effekt kann Ver änderungen durch andere Parameter leicht verdecken. Die Patienten erreichen unter Nutzung der für sie als optimal bestimmten Empfindlichkeitseinstellung eine Verbesserung von im Mittel 28% gegenüber der vom Hersteller vorgeschlagenen Empfindlichkeit. Die Optimalstellung mit der die mittlere Diskriminationsfunktion für Einsilber bei 70 dB ein Plateau von 60 ± 20% erreicht, ist den Patienten in den lärmbehafteten Alltagssituationen jedoch zu laut. Sie nutzen in der Regel eine Empfindlichkeitsstellung niedriger. Die Untersuchung ergab wichtige Hinweise für die Sprachprozessoreinstellungen bei Kindern.

Störsignalreduktion bei Cochlear Implant Sprachprozessoren

Die störschallbehafteten Hörsituationen des Alltags beeinträchtigen die auditiv-verbale Kommunikation der Cochlear Implant Patienten, wie auch vieler Hörgeräteträger, zusätzlich. Um dieses Problem zu mildern, hat der Sprachprozessor des von uns eingesetzten Systems der Fa. Cochlear einen Störsignalreduktionsmechanismus implementiert, der die durch das Hintergrundgeräusch bedingte Stimulation reduziert.
Die Wirksamkeit dieses Algorithmus untersuchten wir mit postlingual ertaubten, er wachsenen CI Trägern in Ruhe und im Störlärm. Hierbei wird das Sprachverstehen über das Implantat mit und ohne Nutzung der Störsignalreduktion anhand unterschiedlicher Sprachteste verglichen.Durch die Registrierung vollständiger Diskriminationsfunktionen wird die Pegelabhängigkeit des Sprachverstehens über das Implantat und die Wirkung der implementierten Störsignalreduktion untersucht.

Lautheitsskalierung elektrischer Stimuli

Für die Skalierung der Lautheit bei direkter elektrischer Stimulation einzelner Elektroden wurde ein Meßplatz entwickelt. Es wurden Erfahrungen mit Erwachsenen und Kindern im Hinblick auf Reproduzierbarkeit und und Meßfehler gewonnen. Bei Erwachsenen, mit dem Implantat der Fa. Cochlear versorgter Patienten, wurde untersucht wie sich die Variation der Stimulationspara meter Mode, Pulsweite, Reizrate und Elektrodenlage auf die Lautheitsanstiegsfunktionen auswirkt. Und es wurden Verfahren entwicklt, mit denen aus diesen Skalierungen Parameter extrahiert werden, die zur Programmierung der Sprachprozessoren benötigt werden.

Arbeitsgruppenleitung

PD Dr. rer. nat. Matthias Hey

Leitung der Audiologie
Tel. Kiel: 0431 500-21840Fax: 21862