Für die Behandlung von Tumoren der Hypophyse und benachbarter Strukturen der Sella turcica ist eine interdisziplinäre, hoch spezialisierte, auf den individuellen Patienten abgestimmte Diagnostik und Therapie essentiell. Dabei kommt der perioperativen endokrinologischen Betreuung und der neurochirurgischen Tumorentfernung eine entscheidende Rolle zu. Alternative bzw. komplementäre Verfahren wie die fraktionierte Bestrahlung oder die Radiochirurgie müssen in einem langfristigen Behandlungskonzept miteinander abgestimmt werden.
Man unterscheidet unterschiedliche Prozesse im Bereich der Hypophyse:
Hormonaktive und -inaktive Adenome
Hypophysenkarzinome (sehr selten)
Selläre Metastasen (selten)
Mißbildungstumoren (Kraniopharyngeome)
Anlagestörungen (Zysten der Rathke´schen Tasche
Entzündungen (Hypophysitis, Hypophysenabszess)
Diagnostik
Tumoren im Bereich der Hirnanhangsdrüse können zu Über- oder Unterfunktionen unterschiedlicher Hormonachsen führen. Deshalb müssen diese Patienten von einem spezialisierten Endokrinologen langfristig betreut werden. Die meisten Hormonstörungen können medikamentös behandelt werden.
Typische hormonaktive Tumoren, die zu einer Übersekretion führen sind:
Das Prolaktinom
Das ACTH produzierende Adenom (M. Cushing)
Das STH- produzierende Adenom
Das TSH-produzierende Adenom (selten)
Das Gonadotropin-produzierende Adenom (selten)
Zusätzlich können diese Prozesse bei progredientem Größenwachstum durch eine lokale Raumforderung klinisch symptomatisch werden.
Typische Symptome sind:
Kopfschmerzen
Sehstörungen (Störungen der Sehkraft und des Gesichtsfeld)
Doppelbilder
Gesichtsschmerzen
Diagnostik der Wahl für hypophysäre Prozesse ist heute ein MRT ohne und mit Kontrastmittel in 3 Schnittebenen, gelegentlich ergänzt durch eine MR-Angiographie. Präoperativ können zusätzlich ein Schädelbasis-CT, eine CT-Angiographie oder selten eine Digitale Subtraktionsangiographie nötig werden.
Therapie
Die neurochirurgische Intervention ist die Primärtherapie nahezu aller hormonaktiver Tumore im Hypophysenbereich ist oder hormoninaktiver Tumore mit lokaler Raumforderung. Lediglich Prolaktinome werden in der Regel primär medikamentös durch den Endokrinologen betreut.
Sehr selten kann vor allem bei hormoninaktiven Adenomen oder Prolaktinomen, eine akute Größenzunahme durch eine Einblutung oder Nekrose entstehen. Man spricht dann von einer Hypophysenapoplexie. Neben einer Kompression des Chiasmas mit teilweise hochgradiger Visusstörung bis hin zum Visusverlust, können heftige Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Zeichen der meningealen Reizung (bei begleitender Subarachnoidalblutung), eine Addison-Krise, ein Diabetes insipidus oder selten (bei Einblutung in den Hypothalamus) Bewusstseinsstörungen auftreten.
Eine Hypophysenapoplexie stellt einen neurochirurgischen Notfall dar. Nur eine rasche operative Entlastung kann zu einem Rückgang der Visusstörung führen.
Die Operationen werden mikrochirurgisch, endoskopisch oder kombiniert, transnasal teilweise mit Hilfe der Neuronavigation (v.a. bei Rezidiven) durchgeführt. Die endoskopischen Operationen werden gemeinsam von der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde und Neurochirurgie durchgeführt. Bei großen parasellären Ausdehnungen wird der transkranielle Zugang gewählt.
Für die prä-, intra-und postoperative Hormonsubstitution besteht am Hormonzentrum eine gemeinsam ausgearbeitetes SOP (standard operating procedure) zur Verfügung.
Bestrahlung
Insbesondere für Patienten mit malignen Tumoren der Hypophysenregion oder Rezidive gutartiger Tumore stehen strahlentherapeutische Verfahren zur Verfügung. Abhängig von der Größe und Lage des Tumors und der Tumorbiologie kommt eine fraktionierte Bestrahlung oder eine radiochirurgische Maßnahme mit dem Linearbeschleuniger oder dem Cyberknife in Frage.