Forschungsschwerpunkte

Mukosaler Immunmetabolismus

Eine gut funktionierende Darmbarriere ist Grundlage für unser Überleben in einer von Bakterien dominierten Umwelt. Der Funktionsverlust der intestinalen Barriere ist mit einer Vielzahl von Erkrankungen verknüpft. Hierzu zählen insbesondere die chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED), die in ihrer Pathogenese noch weitgehend unverstanden sind.

Unsere Forschung konzentriert sich auf den Einfluss metaboler Faktoren auf die intestinale Barrierefunktion, die bei CED-Patienten nachhaltig gestört ist. Ein Beispiel für unsere Forschung ist die mitochondriale Dysfunktion, die zu einem Energiemangel insbesondere in Darmepithelzellen führt. In diesem Zusammenhang konnten wir bereits zeigen, dass dieses mit einer eingeschränkten intestinalen Barrierefunktion und verstärkter Colitis-Anfälligkeit in Mäusen einhergeht. Aktuell gehen wir der Frage nach, welches die Auslöser für mitochondriale Dysfunktion im Darm sein könnten. Darüber hinaus wollen wir verstehen, welche Energie-abhängigen molekularen Mechanismen für die beobachtete Barrierestörung im Darm verantwortlich sind. Die folgende Abbildung zeigt die unterschiedlichen Wechselbeziehungen von Mitochondrien mit anderen, für die Pathogenese von CED relevanten Zielstrukturen, die Gegenstand unserer Untersuchung sind.

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Elektronenmikroskopisches Bild einer Becherzelle (BZ) und eines Enterozyten (E) im Kolonepithel einer Maus. Innerhalb dieser Graphik werden schematisch mögliche zelluläre Wechselbeziehungen von Mitochondrien (M) dargestellt. So interessieren wir uns für die Wechselbeziehung von Mitochondrien mit dem Zellkern (N), mit Immunrezeptoren, sogenannten pattern recognition receptors (PRR) und intestinalen Bakterien. Des Weiteren untersuchen wir den Einfluss des mitochondrialen Energiestoffwechsels auf Zell-Zell Kontakte (TJ) als auch auf die sekretorische Leistung von Becherzellen in Bezug auf die für die Darmschleimhaut wichtige Mucin-Biosynthese.

Im therapeutischen Kontext überprüfen wir den Einfluss verschiedener Wirkstoffe und Diäten hinsichtlich ihrer Effekte auf den epithelialen Energiestoffwechsel. Hierzu analysieren wir u.a. die Aktivität der mitochondrialen Atmungskette und den ATP-Gehalt in Darmbiopsien. Diese Studien werden u.a. in Kooperation mit der Arbeitsgruppe von PD Dr. Dr. Weylandt, Charité Berlin, durchgeführt.

Ziel unser Forschung ist durch die gezielte Intervention des mukosalen Energiestoffwechsels Darmbarrierestörungen, die nicht nur bei chronischen entzündlichen Darmerkrankungen sondern auch bei anderen internistischen Erkrankungen wie dem metabolischen Syndrom oder der Fettleberhepatitis eine wichtige Rolle spielen, zu beheben und im besten Fall ganz zu verhindern.

Komplementsystem und entzündungsgetriebene Darmerkrankungen

Das Komplementsystem bildet die erste Verteidigungslinie gegenüber eindringenden Krankheitserregern im angeborenen Immunsystem. Die Aktivierung des Komplementsystems geht mit der Initiierung einer proteolytischen Kaskade einher, die in der Erkennung, Opsonisierung und Eliminierung von Pathogenen sowie apoptotischer oder maligne-entarteter Zellen mündet. Gesunde körpereigene Zellen schützen sich vor einer unkontrollierten Immunantwort durch das Komplementsystem, in dem sie komplement-regulierende Proteine exprimieren, während Tumorzellen sich durch eine Überexpression dieser Inhibitoren vor einer Eliminierung durch das Komplementsystem abschirmen.
In früheren Publikationen konnte eine gesteigerte luminale Komplementaktivierung auf dem Darmepithel bei CED, besonders bei Colitis ulcerosa, nachgewiesen werden. Weitere Untersuchungen zeigten, dass bestimmte komplement-regulierende Proteine auf Epithelzellen bei Colitis ulcerosa überexprimiert werden und als mögliche Biomarker in Stuhlproben von Colitis-Patienten für die Analyse der Entzündungsaktivität herangezogen werden können.

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Immunhistochemischer Nachweis der Komplementkomponente C3 (rot angefärbt)
in der experimentellen DSS-Mauskolitis.

Fragestellung: Die komplexe Interaktion zwischen Komplementsystem, Bakterien und körpereigenen Zellen im Kontext von chronischen Entzündungen und hieraus resultierenden Karzinomen im Darm ist bisher unzureichend untersucht. Mit unserer Forschungsarbeit möchten wir deshalb den Beitrag des Komplementsystems in der Pathogenese entzündungsgetriebener Darmerkrankungen analysieren, um hieraus in translationalen Projekten neuartige Antikörper-basierte Therapiestrategien ableiten zu können.

Intestinale Chronobiologie

Epidemiologische und tierexperimentelle Arbeiten deuten auf eine wesentliche Rolle von zirkadianen Rhythmen und Schlaf im Rahmen der Pathophysiologie chronisch entzündlicher Darmerkrankungen (CED) hin, ohne dass die zugrunde liegenden molekularen Mechanismen bisher weiter untersucht worden sind.

Zirkadiane Synchronität wird zu einem großen Teil durch periphere Rhythmen vermittelt, die der Kontrolle von sogenannten Uhrengenen ("clock genes") unterliegen. Damit stellen Uhrengene attraktive Ziele für die Untersuchung der Ursachen intestinaler Entzündungsprozesse im Zusammenhang mit zirkadianer Desynchronität dar. Die Forschung zur Bedeutung von Uhrengenen für die Pathogenese von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen wird in enger Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe "Chronophysiologie" (Prof. Dr. rer. nat. Henrik Oster) an unserer Klinik durchgeführt.

Um die klinische Bedeutung zirkadianer Rhythmen für die Pathogenese chronisch entzündlicher Darmerkrankungen besser einschätzen zu können, entwerfen wir derzeit Patienten-Fragebögen zur systematischen Erfassung chronobiologischer Aspekte wie z.B. Schlafstörungen und Tagesmüdigkeit. Wir erhoffen uns hierdurch zukünftig weitere Erkenntnisse über den Einfluss zirkadianer Störungen auf intestinale Entzündungsprozesse in Erkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa.

Fettleberhepatitis

Die nicht-alkoholische Steatohepatitis (NASH) ist eine häufige sowie schwerwiegende Komplikation der nicht-alkoholischen Fettlebererkrankung (NAFLD), die mit einem deutlich erhöhten Risiko für eine Leberzirrhose und folgend der Entwicklung eines hepatozellulären Karzinoms verbunden ist. Die Ursachen für die Transformation von NAFLD zu NASH, die in etwa 20 % der Patienten mit Fettleber auftritt, sind weitgehend unbekannt.

Im Rahmen unserer Forschung konzentrieren wir uns auf den Einfluss mitochondrialer Funktionsstörungen auf die Pathogenese von NASH. Daneben untersuchen wir die Bedeutung von Uhrengenen für die Transformation von NAFLD zu NASH.

Ein zweiter Schwerpunkt ist die Untersuchung des Einflusses von Weizenmehlprodukten wie dem Gliadin auf die Entwicklung von NASH. Dieses Projekt wird im Rahmen einer internationalen Graduiertenschule (http://www.irtg1911.uni-luebeck.de) in Kooperation mit dem Children's Hospital Medical Center in Cincinatti, USA untersucht.

Im Rahmen unserer Fettleber-Ambulanz beschäftigen wir uns zudem mit den klinischen Aspekten von NAFLD.

Seit 2013 sind wir Partner in der bundesweiten klinischen Studiengruppe nicht-alkoholische Fettlebererkrankung Innerhalb dieser Studiengruppe sind 24 deutsche Universitätszentren mit dem Ziel beteiligt, deutschlandweit gemeinsame Studien und wissenschaftliche Projekte aufzulegen.

Langfristig erhoffen wir uns, mit unserer Forschung zur Entwicklung neuer Therapieverfahren bzw. Präventionsstrategien beitragen zu können.