Sehr geehrte Patientin,
Sehr geehrter Patient,
aufgrund Ihrer Beschwerden und der bisher erhobenen Untersuchungsbefunde ist bei Ihnen eine Herzkatheteruntersuchung erforderlich. Dabei sollen Art und Schwere der Erkrankung erfasst und die für Sie beste Behandlungsmethode festgelegt werden.
In vielen Fällen schließt sich an die Diagnosestellung der therapeutische Eingriff (Ballonaufweitung oder Stentimplantation) unmittelbar an. Dies erspart zusätzliche Untersuchungen, reduziert das Risiko einer akuten Zustandsverschlechterung und führt in der Regel zur raschen Linderung oder Beseitigung Ihrer Beschwerden.
Die folgenden Informationen sollen Sie mit dem Aussagewert, der üblichen Vorgehensweise und möglichen Komplikationen der Untersuchung vertraut machen.
Bei offenen Fragen wenden Sie sich bitte an uns unter der Nummer der zentralen Anmeldung: 0451 500-44580.
Allgemeines
Der Herzkatheter ist mittlerweile ein Routine-Eingriff. Hochmoderne Technik, die ständige Weiterentwicklung der verwendeten Materialien und zunehmende Erfahrung machen es möglich, dass die Untersuchung in vielen Fällen ambulant erfolgen kann. Bei unauffälligem Befund und unkompliziertem Verlauf können Sie somit entweder schon am Untersuchungstag oder am Folgetag wieder nach Hause. Die letztendliche Entscheidung obliegt jedoch immer dem die Untersuchung durchführenden Arzt.
Im Rahmen der Herzkatheteruntersuchung werden regelhaft die linke Herzkammer sowie die linke und rechte Herzkranzarterie untersucht. Abhängig von der Grunderkrankung oder zusätzlichen Fragestellungen können auch die Hauptschlagader, die rechte Herzkammer oder andere Arterien und Venen sowie Bypassgefäße dargestellt werden.
Zugangswege sind nach jeweils örtlicher Betäubung entweder die linke oder rechte Leistenarterie oder eine Armarterie (Handgelenk oder Ellenbeuge). Wenn möglich präferieren wir am Universitären Herzzentrum Lübeck den Zugang über das Handgelenk. Nach Einbringung einer so genannten Einführschleuse werden speziell vorgefertigte Katheter in die zu untersuchende Gefäßregion vorgebracht.
Die Sichtbarmachung der Gefäße erfolgte durch die Gabe von Röntgenkontrastmittel, welches ein wenige Sekunden anhaltendes Hitzegefühl im Körper hervorrufen kann. Bei manchen Patienten sind Überempfindlichkeitsreaktionen auf das Kontrastmittel möglich (Übelkeit, Luftnot, Kreislaufstörungen, Hautausschlag etc.). Falls Ihnen etwaige Unverträglichkeiten bekannt sind, teilen Sie diese unbedingt dem Arzt mit, der das Aufnahmegespräch führt.
Die Untersuchung mit dem Katheter kann Extraschläge des Herzens auslösen. Schwerwiegende Herzrhythmusstörungen, die zu einem sofortigen Eingreifen zwingen, sind sehr selten. Die dazu benötigten Medikamente und Geräte sind jederzeit vorhanden.
Im Normalfall wird nach Ende der Untersuchung die im Arm oder Bein befindliche Schleuse sofort gezogen und ein ggf. ein Druckverband angelegt.
Selten kommt es im Bereich der Punktionsstelle zu einer meist geringfügigen Nachblutung. Diese kann sich als Verdickung, Verhärtung oder flächige Blaufärbung der Haut bemerkbar machen. In sehr seltenen Fällen muss ein größerer Bluterguss chirurgisch ausgeräumt und die Arterie übernäht werden. Bei Verwendung des Zugangs über die Handgelenksarterie sind diese Komplikationen nahezu nicht existent.
Im Zusammenhang mit der Untersuchung kann es prinzipiell zur Ausbildung von Blutgerinnseln kommen. Deshalb erfolgt - zumindest bei längerdauernden und komplexen Eingriffen - die Gabe von gerinnungshemmenden und thromboseverhütenden Medikamenten.
Üblicherweise soll eine laufende Behandlung mit Thrombozytenfunktionshemmern wie ASS (Aspirin®, Godamed®) Clopidogrel (Plavix®, Iscover®), Prasugrel (Efient®), Ticagrelor (Brilique) usw. wegen der Herzkatheteruntersuchung nicht unterbrochenwerden. Das Blutungsrisiko während des Eingriffes ist dadurch nicht erhöht.
Bei Patienten, die auf Falithrom® oder Marcumar® eingestellt sind, muss das Präparat ebenfalls NICHT MEHR ABGESETZT WERDEN. Abweichungen von dieser Regel sollten Sie am besten mit Ihrem Hausarzt oder Internisten/Kardiologen besprechen.
Wenn Sie Diabetiker sind und ein Medikament aus der Gruppe der Biguanide (zum Beispiel Siofor®, Metformin® o. ä.) einnehmen, muss dieses Medikament auch nicht mehr abgesetzt werden. Ausnahmen ergeben sich nur bei schwer eingeschränkter Nierenfunktion (eGFR < 60 ml/min). Abweichungen von dieser Regel sollten Sie in diesem Fall auch am besten mit Ihrem Hausarzt oder Internisten/Kardiologen besprechen.
Die Entscheidung zur Herzkatheteruntersuchung wird nur dann getroffen, wenn wichtige Rückschlüsse für Ihre Behandlung zu erwarten sind, das Ausmaß der Beschwerden den Eingriff erforderlich macht oder eine potentiell lebensbedrohliche Situation abgewendet werden kann!
Linksherzkatheteruntersuchung
Durch den eingebrachten Katheter können in verschiedenen Abschnitten des Herzens Druckmessungen und die Bestimmung des Sauerstoffgehaltes im Blut erfolgen. Die Untersuchung von Größe und Funktion der linken Herzkammer, der Hauptschlagader sowie Aussagen zur Herzklappenfunktion sind durch die zusätzliche Einbringung von Kontrastmittel möglich.
Rechtsherzkatheteruntersuchung
Bei bestimmten Erkrankungen des Herzens (zum Beispiel bei Herzklappenfehlern) muss zusätzlich ein Katheter über eine Vene in das rechte Herz und in den Lungenkreislauf eingeführt werden. Dies bedeutet keine nennenswerte Ausweitung des Risikos und der möglichen Komplikationen.
Koronarangiographie
Über den gleichen Zugangsweg wie bei der Linksherzkatheteruntersuchung erfolgt mittels Röntgenkontrastmittel die Darstellung der linken und rechten Herzkranzarterie aus jeweils mehreren Aufnahmepositionen. Mögliche, jedoch seltene Nebenwirkungen sind Herzrhythmusstörungen, Blutdruckanstiege, Blutdruckabfälle oder Angina-pectoris-Beschwerden. Diese sind in aller Regel rasch und wirksam zu beherrschen.
Ballondilatation
Werden im Rahmen der Koronarangiographie Änderungen an den Kranzarterien gefunden, die als Ursache der von Ihnen angegebenen Beschwerden in Betracht kommen, kann in der Regel sofort die Entscheidung darüber getroffen werden, ob eine Ballon-Aufweitung (gegebenenfalls mit Stentimplantation) möglich ist oder ein operatives Vorgehen (Bypass-Operation) notwendig wird. Genauere Hinweise zur technischen Durchführung können Sie den bei uns in der Klinik ausliegenden Broschüren oder Informationstafeln entnehmen.
Die PCI (Perkutane Coronarintervention) führt in der Regel nicht zu einer nennenswerten Verlängerung der Eingriffsdauer, da die benötigten Materialien ständig griffbereit und in der Klinik vielfach erprobt sind.
In einigen Fällen ist die Aufdehnung eines verengten Gefäßes nicht möglich. Die Ursachen dafür sind vielgestaltig, in der Regel handelt es sich jedoch um langstreckig und hochgradig verengte, stark gewundene oder technisch schwer zu erreichende Gefäße.
In wenigen Fällen kann eine Situation entstehen, die eine sofortige operative Therapie (Bypass-Operation) erforderlich macht. Eine ständige Operationsbereitschaft ist durch die Klinik für Herzchirurgie gewährleistet.
Stentimplantation
In den letzten Jahren hat sich zunehmend die Methode des Einbringens von Gefäßstützen (Stents) entweder direkt oder nach vorheriger Gefäßaufdehnung durchgesetzt. Die Vorgehensweise ist im Wesentlichen identisch mit der Ballonaufweitung. Zusätzlich wird jedoch ein auf dem Ballon aufmontiertes Drahtgeflecht im eingeengten Gefäßabschnitt zur Entfaltung gebracht und verbleibt dort zum Einheilen.
Sicherlich haben Sie bereits die eine oder andere Information zu so genannten beschichteten Stents (DES = Drug Eluting Stent) erhalten. Diese reduzieren das Risiko der Wiederverengung geweiteter Gefäße hoch signifikant. Selbstverständlich halten wir diese hochmodernen Medizinprodukte genauso wie sich wieder auflösende (sog. bioresorbierbare) Stents vor.
Zur Vermeidung einer frühen Wiederverengung oder Gerinnselbildung wird in der Regel für einen Zeitraum von einem bis 6 oder manchmal auch 12 Monaten die kombinierte Einnahme von Aspirin und einem weiteren Thrombozytenfunktionshemmer (Plavix oder Iscover, Brilique oder Efient) empfohlen. Bei Hochrisikopatienten mit geringem Blutungsrisiko kann eine langfristige duale Hemmung der Thrombozytenfunktion sinnvoll sein. Bitte setzen Sie nach Möglichkeit keines dieser Medikamente ohne Rücksprache mit Ihrem behandelnden Arzt oder mit uns ab.
Nach der Aufdehnung
erfolgt routinemäßig die stationäre Überwachung bis zum nächsten Tag. Die Einführschleuse wird bei normalem Verlauf sofort im Katheterlabor entfernt und mit einem speziellen Verschlusssystem wird die Punktionsstelle verschlossen. Die Anlage eines Druckverbandes ist meist nicht mehr notwendig.
In Abhängigkeit vom Befund und der Art des Eingriffes ist in einigen Fällen die zusätzliche Gabe von gerinnungshemmenden Medikamenten erforderlich. Dadurch ist das Blutungsrisiko geringfügig erhöht.
Sollten nach dem Eingriff erneut Beschwerden auftreten, sind in jedem Fall umgehend die Schwester oder der Arzt zu rufen, damit die Ursache rasch gefunden und beseitigt werden kann.
In einigen Fällen kommt es im Verlaufe von Wochen oder Monaten zu einer Wiederverengung des Kranzgefäßes (Restenose). Dies kann sich durch erneute Beschwerden bemerkbar machen. In diesem Falle sollten Sie sich ohne Zeitverzug mit Ihrem Arzt oder mit uns in Verbindung setzen, damit entsprechende diagnostische oder therapeutische Maßnahmen eingeleitet werden können.
Alle Mitarbeiter der Medizinischen Klinik II werden versuchen, Ihnen Ihren Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten und Ihnen bei Ihrer Genesung alle erdenkliche Hilfe angedeihen zu lassen.