Strukturelle Herzerkrankungen

Interventioneller Vorhofohrverschluss

Vorhofflimmern stellt eine der häufigsten Rhythmusstörung weltweit dar, in Deutschland sind ca. 1,6 Millionen Patienten betroffen. Vorhofflimmerpatienten haben ein bis zu 5-fach erhöhtes Risiko einen thromboembolischen Schlaganfall zu erleiden. Aus diesem Grund wird für Patienten mit einem erhöhten Risiko für Vorhofflimmern (CHA2DS2-VASc ≥1) eine orale Antikoagulation (medikamentöse Blutverdünnung empfohlen. Diese erfolgte früher mit Vitamin-K-Antagonisten (Phenprocoumon oder Warfarin). Aktuell stehen auch neue orale Antikoagulanzien (NOAKs) zur Verfügung, die ohne regelmäßige Kontrollen des INR-Wertes (Maß der Blutverdünnung), in einer fixen Dosis gegeben werden kann. Bei Patienten mit hohem Blutungsrisiko oder bereits stattgehabten Blutungen ist dies aber oft nicht möglich. Da bei Patienten mit nichtvalvulärem Vorhofflimmern der für den Schlaganfall ursächliche Thrombus in der Regel immer an der gleichen Stelle des Herzens im linken Vorhofohr (LAA, left atrial appendage) entsteht, gibt es eine interventionelle Methode, um das Schlaganfallrisiko effektiv zu reduzieren. Hierbei handelt es sich um den Verschluss und somit Ausschluss des LAA von der syste- mischen Zirkulation des linken Vorhofs. Die europäische Gesellschaft für Kardiologie empfiehlt entsprechend bei Patienten mit hohem thrombembolischen Risiko und Kontraindikation zur oralen Antikoagulation mit Phen- procoumon oder NOAK (Apixaban, Edoxaban, Rivaroxa- ban, Dabigatran) und bei einem hohem Blutungsrisiko einen interventionellen Verschluss des Vorhofohres (Empfehlungsklasse IIb, Evidenzlevel B). Aufgrund der anatomischen Komplexität und Variabilität des linken Vorhofohrs sollte der Eingriff allerdings nur in erfahre- nen Zentren erfolgen. Hierdurch kann eine Reduktion des periprozeduralen Risikos auf unter 1Prozent erreicht werden bei gleichzeitig langfristigem Schutz vor einem Schlaganfall ohne die Notwendigkeit einer systemischen (N)OAK-Therapie. Nach erfolgreichem Verschluss des LAA kann die OAK umgehend abgesetzt werden und es ist nur eine kurzfristige doppelte Plättchenhemmung oder singuläre Plättchenhemmung notwendig.

Aktuell werden in unserem Zentrum zwei CE-zertifizierte Vorhofohrverschlussysteme (LAA-Okkluder) verwendet: AMPLATZER™ Amulet™ und WATCHMAN™.  Das WATCHMAN™-System hat in zwei großen randomisierten Studien (PROTECT-AF, PREVAIL) die Sicherheit und Wirksamkeit bzw. Nichtunterlegenheit bei der Verhinderung von Schlaganfällen im Vergleich zu Vitamin-K-Antagonisten gezeigt. Das Verschlusssystem besteht aus einem selbstexpandierenden Nitinol-Rahmen, überzogen mit einem permeablen Gewebe (PET), um die Endothelialisierung zu erleichtern. Es ist je nach individueller Anatomie des Vorhofohrs in fünf Größen (21 bis 33 mm Durchmesser) verfügbar.

Der AMPATZER™ Amulet™ wird als Zweitgenerationsmodell des AMPLATZER™ Cardiac Plug ebenfalls eingesetzt und konnte seine Sicherheit und Wirksamkeit in einer aktuellen Registerstudie zeigen. Das Verschlusssystem besteht aus einem selbstexpandierenden Nitinol-Gerüst und einem Polyesternetz. Es ist je nach individueller Anatomie des Vorhofohrs in acht Größen (15 bis 34 mm Durchmesser) verfügbar.

Die Prozedur erfolgt in leichter Sedierung mit TEE-Begleitung und dauert je nach Schwierigkeitsgrad zwischen 20 Minuten und einer Stunde. Der Zugang zum Vorhofohr erfolgt über die V. femoralis und das Vorhofseptum, welches mit einer 12–14 French großen Schleuse passiert wird. Nach Darstellung des LAA und Messung der Größe des Vorhofohrs wird der LAA-Okkluder in der passenden Größe implantiert. Anschließend wird der Patient auf unserer kardiologischen Monitorstation überwacht.

Am Folgetag nach dem erfolgreichen Vorhofohrverschluss wird die orale Antikoagulation bereits abgesetzt und der Patient bzw. die Patientin auf eine duale antithrombozytäre Therapie mit ASS 100 mg sowie Clopidogrel 75 mg eingestellt. Die Überwachung im Krankenhaus nach einem Vorhofohrverschluss beträgt in der Regel 2 Nächte und dient dazu, in echokardiographischen Kontrollen die korrekte Lage und Funktion des Okkluders zu bestätigen. Nach 3 Monaten wird ambulant erneut ein TEE durchgeführt, bei der die Lage und Dichtigkeit des LAA-Okkluders geprüft wird. Anschließend kann die duale antithrombozytäre Therapie bei vorbestehender Indikation zur antithrombozytären Therapie (KHK, PAVK) dauerhaft auf eine Monotherapie mit ASS reduziert oder vollständig abgesetzt werden.

Zusammenfassend stellt der interventionelle Vorhofohrverschluss eine sehr gute Alternative bei Hochrisikopatienten mit VHF und hohem Blutungsrisiko oder stattgehabter Blutung dar, um langfristig eine OAK-Therapie vermeiden zu können.

Derzeit wird in einer weiteren großen deutschlandweiten Studie unter der Leitung von Prof. Dr. Ingo Eitel die Sicherheit und Effektivität des interventionellen Vorhofohrverschlusses im Vergleich zur NOAK-Therapie untersucht.

Interventioneller-Vorhofohrverschluss_Abb1 Klicken Sie auf das Bild, um es zu vergrößern.

Persistierendes Foramen Ovale/Atrium Septum-Defekte

Bei angeborenen oder erworbenen Defekten der Vorhofscheidewand (PFO oder ASD) können einerseits Schlaganfälle entstehen, da Blutgerinnsel aus dem venösen Gefäßsystem über den Defekt in den linken Vorhof gelangen. Von dort können sie dann weitergespült werden und in erster Linie Schlaganfälle, seltener auch Gefäßverschlüsse an anderen Gefäßen oder Organen (z.B. Bein, Niere oder Darm) verursachen. Das zweite Problem, das durch große Defekte (ASD) verursacht werden kann, ist das ein Anteil des Blutes aus dem linken Vorhof über den Defekt in den linken Vorhof gelangt. Wenn dieses permanente Shuntvolumen einen gewissen Anteil überschreitet droht hier eine Überlastung des rechten Herzens. Um sowohl PFOs zur Schlaganfallprophylaxe als auch ASDs zur Verhinderung von Shunts behandeln zu können wurden interventionell implantierbare Devices entwickelt mit denen die Defekte über einen Kathetereingriff verschlossen werden können.

Bei etwa 25 Prozent aller Patienten mit einem Schlaganfall kann keine wahrscheinliche Ursache für die auf getretene Durchblutungsstörung im Gehirn gefunden werden. Zu den häufigsten Ursachen gehören Vorhofflimmern – eine verbreitete Rhythmusstörung in den Vorhöfen des Herzens – und eine Verengung in den Gefäßen, die zum Gehirn führen (zum Beispiel eine Stenose der Halsschlagader, Arteria carotis).Erkennt man keine Ursache, so nennt man diese ungeklärten Schlaganfälle „kryptogen“. Bei 40-50 Prozent der Patienten mit kryptogenem Schlaganfall kann allerdings ein offenes Foramen Ovale (PFO) diagnostiziert werden, was einen Zusammenhang nahelegt. Insbesondere bei jüngeren Patienten kann hierdurch ein Schlaganfall auftreten. Ein offenes Foramen Ovale (PFO) ist eine Öffnung zwischen den beiden Vorhöfen des Herzens, die durch zwei Bindegewebslappen gebildet wird. Diese Öffnung lässt Blut von der rechten Herzseite auf die linke Seite fließen. Die Öffnung ist vor der Geburt wichtig, damit sauerstoff- reiches Blut der Mutter durch den Körper des ungebore- nen Kindes zirkulieren kann, da die Lunge des Kindes im Mutterleib noch nicht durchblutet ist. Nach der Geburt verwachsen die beiden Lappen und das PFO wird zu einer soliden Wand (Septum), da der Blutfluss von rechts nach links jetzt nicht mehr benötigt wird. Bei ca. 25-30 Prozent der Bevölkerung verschließt sich das PFO jedoch nicht. Durch den fehlenden Verschluss der beiden Lappen verbleibt ein Tunnel, der sich bei Druckveränderungen auf der rechten Herzseite öffnen und schließen kann.

Da das PFO im Normalzustand verschlossen ist, bereitet es weiter keine Symptome. In bestimmten Situationen, wenn der Druck im rechten Vorhof höher ist als im linken Vorhof, kann sich das PFO für einen kurzen Moment öffnen und das Blut kann direkt aus der venösem Blut- strombahn in die arterielle Strombahn übertreten. Wenn hierbei kleine Blutgerinnsel – die häufig im venösen System auftreten – mitschwimmen, können diese sehr leicht in die Schlagadern zum Gehirn oder zu anderen Organen gelangen. Diese führen damit zu einer Blockade des Blutflusses (Thromboembolie) in dem betroffenen Organ und damit zur Sauerstoffunterversorgung (Infarkt).

Die Diagnose eines PFO wird in der Regel durch eine Ultraschalluntersuchung des Herzens über die Speiseröhre (TEE) gestellt. Während dieser Untersuchung wird ein Ultraschallkontrastmittel gegeben, mit dem ein Durchfluss durch das PFO nachgewiesen werden kann. Diese Untersuchung wird – ähnlich wie eine Magenspiegelung – unter einer Sedierung durchgeführt. Bei jüngeren Patienten mit einem Schlaganfall ohne erkennbare Ursache sollte diese Untersuchung in der Regel immer durchgeführt werden, um das Vorliegen eines PFO als Ursache des Schlaganfalles auszuschließen.

Inzwischen konnten viele Studien zeigen, dass ein PFO-Verschluss mittels eines Kathetereingriffs der medikamentösen Therapie überlegen ist. Daher haben sich die Fachgesellschaften in gemeinsamen Leitlinien klar festgelegt und den interventionellen Verschluss vor allem für Patienten unter 60 Jahren empfohlen.

In einem minimal-invasiven Eingriff per Herzkatheter, bei dem durch einen kleinen Einschnitt in der Leiste ein kleiner Schlauch, der als Katheter oder Schleuse bezeichnet wird, in die große Beinvene (vena femoralis) eingeführt wird. Durch diese gelangt man sehr einfach in den rechten Vorhof und über das PFO weiter in den linken Vorhof. Bei den Implantaten handelt es sich um zwei Scheiben aus einem Drahtgeflecht, die durch einen Steg verbunden sind. Um die Verschlusseigenschaften des Implantats zu verbessern, enthalten die Schirme ein dünnes Polyestergewebe. Dieses ist mit einem Polyesterfaden fest an jeden Schirm genäht. Dieses Geflecht wird dann durch den Katheter vorgebracht, so dass die Scheiben jeweils auf der linken und rechten Seite des Vorhofseptums liegen und das PFO verschließen. Die richtige Lage wird während der Prozedur mit einer Röntgendurchleuchtung überprüft, bei komplexeren Anatomien wird auch ein TEE zur Positionierung eingesetzt. Sollte die Implantation ohne TEE möglich sein erfolgt der Eingriff lediglich in lokaler Betäubung in der Leiste. Wenn ein TEE notwendig sein sollte, bekommt der Patient ein Narkosemittel verabreicht, so dass er schläft. Der Eingriff selbst dauert ca. 20-30 Minuten.

In der Regel wird im UKSH als Implantat der AMPLATZER™ PFO Occluder verwendet. Die ansonsten auf dem Markt üblichen Implantate sind alle ähnlich aufgebaut. Der AMPLATZER™ PFO Occluder besteht aus einem Drahtgeflecht aus Nitinol, einem Metall mit Formgedächtniseigenschaften. Das bedeutet, dass das Implantat wieder seine ursprüngliche „gespeicherte“ Form annimmt, nachdem es gestreckt wurde, um den Katheter zu passieren.

Nach der Implantation überzieht sich das Implantat mit der Herzinnenhaut und wächst während des Heilungsprozesses komplett ein. Für diese Zeit muss das Implantat vor Thrombenbildung geschützt werden. Daher müssen die Patienten für ca. 3-6 Monate eine doppelte Blutplättchenhemmung mit Aspirin und Clopidogrel einnehmen. In der Regel beschränkt sich der stationäre Aufenthalt für diesen Eingriff auf eine Nacht. Das heißt, dass der Patient am nächsten Tag nach den Abschlussuntersuchungen nach Hause gehen kann. Aufgrund dieses Eingriffes gibt es in der Folge keine körperlichen Limitierungen. Lediglich für wenige Tage ist die Leiste aufgrund der Punktionsstelle etwas zu schonen. Das Implantat ist für MRT und auch Metalldetektoren in der Regel unbedenklich. Dieses Verfahren wird am UKSH routinemäßig eingesetzt, so dass ein großer Erfahrungsschatz für diese Art Eingriffe vorhanden ist.

Persistierendes Foramen Ovale - Atrium Septum-Defekte_Abb1 Klicken Sie auf das Bild, um es zu vergrößern.