Die Geschichte der Klinik für angeborene Herzfehler und Kinderkardiologie

Im Jahr 2006 feierte die Universitätskinderklinik in Kiel ihr 100-jähriges Bestehen. Sie geht hervor aus dem 1906 von Irene, Prinzessin Heinrich von Preußen, gegründeten „Heinrich-Kinder-Hospital“ am Lorentzendamm. Die Prinzessin hatte zwei Jahre zuvor ihren jüngsten Sohn an Hämophilie verloren. Das Hospital wurde 1921 in den Verband der Kieler Christian-Albrechts-Universität eingegliedert. Am 22. Mai 1944 versank das Krankenhaus unter einem Bombentreffer in Schutt und Asche. Eine Ärztin, eine Schwester, eine Schwesternschülerin, der Gärtner und neun Kinder kamen dabei ums Leben.

Ab Februar 1946 wurden zwischenzeitlich ausgelagerte Abteilungen in einem Schul- und Lazarettgebäude sowie einem Bunker in der Fröbelstraße zusammengeführt, so dass hier eine arbeitsfähige Einrichtung entstand, wenn auch mit provisorischem Charakter. In dem ehemaligen Luftschutzbunker liegt auch die Keimzelle der späteren Klinik für Kinderkardiologie mit ihrer Forschungsabteilung für experimentelle Kardiologie und biomedizinische Technik, die im August 1954 unter der Leitung von Professor Paul Heintzen ihre Arbeit aufnahm.

Ein wichtiger Meilenstein war dann der Neubau der Klinik am Schwanenweg, der 1978 fertiggestellt wurde. Seitdem wurde in der Kinderkardiologie ein Weg beschritten, der eine optimale Krankenversorgung mit innovativen Forschungsprojekten verband, die wiederum Verbesserungen der ambulanten und klinischen Versorgung der herzkranken Kinder ermöglichten.

Als  Beispiel aus der klinischen Diagnostik sei die in der Forschungsabteilung der Kinderkardiologe Kiel entwickelte digitale Subtraktionsangiographie (DSA) erwähnt, bei der mit geringen Kontrastmittelmengen aus kaum erkennbaren Herz- und Gefäßschatten durch digitale Bildverarbeitung kontrastreiche Bilder entstehen.

Die enge Zusammenarbeit mit der Abteilung für Kardiovaskuläre Chirurgie führte im Lauf der Zeit zur Einführung zahlreicher neuer Operationsverfahren für angeborene Herzfehler. Der 1995 abgeschlossene umfassende Umbau der kinderkardiologischen Intensivstation und des Herzkatheterlabors sowie der Neubau von Operationssälen im Gebäude waren wichtige Entwicklungsschritte.

Zwischen 1992 und 2019 leitete Professor Hans-Heiner Kramer ein Team aus Ärzten, Pflegepersonal, Naturwissenschaftlern, Technikern und technischen Assistentinnen, und spezialisierte das Kinderherzzentrum Kiel auf die operative Behandlung komplexer Herzfehler, insbesondere des Hypoplastischen Linksherzsyndroms sowie anderer sog. univentrikulärer Herzen. Es entstand unter seiner Leitung darüber hinaus ein im gesamten norddeutschen Bereich agierendes Netzwerk, das die adäquate medizinische Versorgung herzkranker Patienten garantiert. Es entwickelten sich weitreichende Erfahrungen auf den ständig wachsenden Gebieten interventioneller Behandlungsverfahren, der Intensivmedizin und der pränatalen Diagnostik. Darüber hinaus etablierte sich die Magnetresonanztomographie (MRT) als wichtiges diagnostisches und nicht invasives Verfahren für die Planung vor Herzoperationen und Kontrolle im Langzeitverlauf.

2008 gab sich die Klinik einen neuen Namen: „Klinik für angeborene Herzfehler und Kinderkardiologie“. Diese Namensänderung bringt zum Ausdruck, dass Herzfehlerpatienten an der Klinik ein Leben lang betreut werden. Die große Mehrzahl der Patienten mit einem angeborenen Herzfehler überlebt heute bis in das Erwachsenenalter. Die schnell wachsende Gruppe Erwachsener mit einem angeborenen Herzfehler (EMAH) erhält an der Klinik ebenfalls eine fachkompetente ärztliche Versorgung.

Seit 2019 leitet Professor Anselm Uebing die Klinik. In der Kieler Klinik ausgebildet, verfügt Prof. Uebing aus seiner fast 10-jährigen Tätigkeit in der EMAH-Abteilung des Royal Brompton Hospital in London über intensive Erfahrungen auf dem Gebiet der Behandlung und Betreuung von Erwachsenen mit angeborenem Herzfehler (EMAH). Nach dem Umzug in den Neubau des UKSH trifft er mit seinem Team auf beste Voraussetzungen für eine zukunftsorientierte, multidisziplinäre Versorgung aller Herzfehlerpatienten. Im Neubau verfügt die Klinik über eine große Intensiv- und IMC-Station, eine allgemeine kinderkardiologische Station sowie eine EMAH-Station. Der Operationssaal, das Herzkatheterlabor sowie MRT und CT sind über kurze Wege erreichbar.