Im Rahmen des Forschungsschwerpunktes „experimentelle vaskuläre Neurochirurgie“ untersuchen wir die Rolle der Perizyten im ischämischen Schlaganfall. Perizyten sind ein integraler zellulärer Bestandteil der Wand cerebraler Gefäße. Sie spielen eine essentielle Rolle bei der Aufrechterhaltung der Blut-Hirn-Schranke und der Perfusion kleiner cerebraler Kapillaren. Insbesondere die dreidimensionale Interaktion mit anderen Zellpopulationen wie Neuronen, Astrozyten und Endothelzellen in der sog. neurovaskulären Nische ist entscheidend für ihre Funktion. Der ischämische Schlaganfall hat eine hohe Inzidenz und ist eine klinisch und epidemiologisch hochrelevante Erkrankung [1]. Trotz einer hohen Mortalität und Morbidität gibt es bisher wenige effektive Therapieansätze auf zellulärer Ebene. Es konnte unter experimentellen Bedingungen gezeigt werden, dass Perizyten beim Auftreten eines Schlaganfalles einerseits die Regulation der Permeabilität der Bluthirnschranke, andererseits über ihre kontraktilen Eigenschaften den kapillären Blutfluss entscheidend beeinflussen [3]. Im Mausmodell konnte außerdem nachgewiesen werden, dass Perizyten nach Eintritt eines ischämischen Schlaganfalles teilweise in kontraktiertem Zustand absterben. Dies führt zu einer persistierenden Vasokonstrikution auf kapillärer Ebene, auch wenn das Gefäß im Rahmen einer Intervention wieder eröffnet wurde. Hierdurch kommt es zu einem Untergang der Bluthirnschranke und zu persistierenden neuronalen Schäden [4]. Perizyten stehen also im Zentrum der Entstehung und Aufrechterhaltung eines ischämisch bedingten Hirnschadens. Neuere Studien konnten außerdem zeigen, dass Perizyten die Fähigkeit besitzen, in neuronale Zellen umgewandelt zu werden [5]. Diese funktionale Konversion ist hochinteressant in Bezug auf neuroregenerative und neuroprotektive Prozesse, welche klassischerweise auch beim ischämischen Schlaganfall zum Tragen kommen. Die Rolle der Perizyten in Bezug auf Reorganisation und Plastizität, aber auch ihre Interaktion mit Neuronen und neuronalen Stammzellen nach Eintritt eines ischämischen Schlaganfalles ist bisher wenig erforscht. Wir möchten nun die Frage beantworten, ob und inwiefern die Entstehung neuer Perizyten im ischämischen Schlaganfall verändert ist. Da die Reorganisation von Perizyten entscheidend zu den chronischen Schäden nach einem Schlaganfall beiträgt, könnten sich hieraus neue therapeutische Ansätze ergeben.
Zunächst möchten wir die Quantität, die räumliche Lokalisation und die Nachbarschaftsverhältnisse der Perizyten zu anderen Zellpopulationen der neurovaskulären Nische im ischämischen Schlaganfall in Abhängigkeit von Alter, Größe des Infarktes und Geschlecht in einem selektiven temporären murinen in vivo Okklusionsmodell der A. cerebri media (tCMAO) untersuchen. Über eine tamoxifen-abhängig induzierbare Expression des in Perizytenprogenitorzellen exprimierten Proteins Nestin möchten wir außerdem die Verteilung, Menge und Lokalisation der Vorläuferzellen in Abhängigkeit von Alter, Infarktgröße und Geschlecht bestimmen. Die Bildung von Perizytenvorläuferzellen kann in einem weiteren Mausmodell spezifisch inhibiert werden. Die verwendeten Mausmodelle ermöglichen uns eine Nachverfolgung (Tracing) der Entstehung von Perizyten und ihren Vorläuferzellen.
Feigin, V.L., et al., Global and regional burden of stroke during 1990-2010: findings from the Global Burden of Disease Study 2010. Lancet, 2014. 383(9913): p. 245-54.
Rucker, H.K., H.J. Wynder, and W.E. Thomas, Cellular mechanisms of CNS pericytes. Brain Res Bull, 2000. 51(5): p. 363-9.
Yemisci, M., et al., Pericyte contraction induced by oxidative-nitrative stress impairs capillary reflow despite successful opening of an occluded cerebral artery.Nat Med, 2009. 15(9): p. 1031-7
Hall, C.N., et al., Capillary pericytes regulate cerebral blood flow in health and disease. Nature, 2014. 508(7494): p. 55-60.
Karow, M., et al., Reprogramming of pericyte-derived cells of the adult human brain into induced neuronal cells. Cell Stem Cell, 2012. 11(4): p. 471-6.