Neues Therapieverfahren
Mit dem innovativen, von der Firma Insightec entwickelten, Verfahren des MRT-gesteuerten fokussierten Ultraschalls (MRgFUS) steht nun in Kiel eine Therapiemöglichkeit zur Verfügung, mit der sich der ET effektiv und risikoarm behandeln lässt.
Der wesentliche Vorteil des Verfahrens ist, dass die Schädeldecke nicht geöffnet werden muss und daher Operationsrisiken vermieden werden, wie sie etwa bei der THS vorliegen. Vor allem in den USA kommt die Methode des Medizintechnikunternehmens Insightec bereits seit einigen Jahren zum Einsatz und ist dort von den Gesundheitsbehörden zur Behandlung von ET zugelassen. Weltweit wurden mehr als 3.000 Patienten erfolgreich damit behandelt. Seit einigen Jahren ist die Technologie auch CE-zertifiziert.
Das Verfahren des MRgFUS kombiniert die Bildgebung mittels Magnetresonanztomografie mit der gezielten Zerstörung des Tremors durch fokussierten Ultraschall. Dafür wird am Kopf des Patienten ein helmförmiger Ultraschallwandler mit über 1.000 Ultraschallquellen angebracht. Unter Sicht- und Temperaturkontrolle im Magnetresonanztomografen werden Ultraschallwellen auf einen nur wenige Millimeter großen Hirnbereich fokussiert, punktgenau gebündelt und in Wärme umgewandelt. Dadurch kommt es zur Verödung der Nervenzellen, die den Tremor auslösen.
Für die Betroffenen kann diese Therapie oft eine enorme Verbesserung ihrer Lebensqualität bedeuten.
Kontakt:mrgfus.neurozentrum.kiel@uksh.de
Videos
FAQ zur MRgFUS
Wie läuft die Behandlung ab?
Vor der Behandlung wird der Kopf kahl rasiert, sodass die Bildung von Luftbläschen zwischen den Ultraschallquellen und der Schädeloberfläche vermieden wird. Zu diesem Zweck zirkuliert gekühltes Wasser in diesem Zwischenraum. Während der Fixierung des Kopfes und der Feinausrichtung der Ultraschallquellen bekommt der Patient ein lokales Betäubungsmittel. Im Laufe der weiteren Behandlung ist der Patient jedoch wach und steht im Austausch mit den Ärzten. Herzfrequenz, Blutdruck und Sauerstoffgehalt im Blut werden dauerhaft überwacht. Fühlt sich der Patient unwohl, kann die Behandlung jederzeit abgebrochen werden.
Wie lange dauert die Behandlung und worauf muss man sich einstellen?
Die Behandlung dauert etwa drei bis vier Stunden.
Wie lange ist der Krankenhausaufenthalt?
Im Anschluss an die Behandlung sollte der Patient ungefähr drei bis vier Tage zur Überwachung im Krankenhaus bleiben.
Kann die Behandlung auch beidseitig erfolgen?
Mit der Ultraschallbehandlung kann der Tremor jeweils einseitig behandelt werden. Das Verfahren ist bis zum jetzigen Zeitpunkt nur für die Behandlung einer Seite zugelassen. In Studien wird derzeit untersucht, inwieweit es auch für die Therapie beider Seiten geeignet ist.
Kann auch ein Stimm- oder Kopftremor behandelt werden?
Besonders der Tremor in den Gliedmaßen kann durch die Ultraschallbehandlung verringert werden. Ein Kopf- oder Stimmtremor kann nach derzeitiger Kenntnis nicht oder nur kaum behandelt werden.
Kann der Tremor zurückkommen?
Obwohl die Behandlung noch relativ jung ist, zeigen u.a. auch randomisierte Studien aus den USA, dass die Tremorverminderung in der überwiegenden Mehrheit der Fälle auch über mindestens drei Jahre hingweg stabil bleibt. Allerdings kann es im Einzelfall dennoch vorkommen, daß der Tremor nach einigen Monaten oder Jahren zurückkommt. Sollte dies der Fall sein, kann eine erneute Behandlung durchgeführt werden.
Gibt es Neuro-Krankheiten, bei denen die Behandlung nicht durchgeführt werden kann?
Derzeit kann die Behandlung mit Ultraschallwellen bei folgenden Krankheiten noch nicht in der klinischen Routine durchgeführt werden: Gehirntumore, Epilepsie, manche hämatologische Erkrankungen oder bei neurologischen Erkrankungen wie Multiple Sklerose und verschiedenen anderen Indikationen.
Wo wird die Behandlung angeboten und wie lange muss ich auf einen Termin warten?
In Deutschland gibt es mit dem Universitätsklinikum Bonn und dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein am Standort Kiel bislang zwei Standorte, die die MRgFUS anbietet. Die Nachfrage ist hoch, daher kann die Wartezeit etwas länger dauern.
Mit welchen Nebenwirkungen muss man rechnen?
Wie jede andere Behandlungsmethode ist auch der fokussierte Ultraschall mit gewissen Risiken verbunden. So können Patienten während der Behandlung kurzzeitig Übelkeit, etwaige Schmerzen oder andere Eindrücke (Hitze- oder Druckgefühl) empfinden. Es besteht das Risiko, möglicherweise vorübergehend oder auch dauerhaft Taubheit oder Kribbeln in Körperregionen zu verspüren. Des weiteren können sich Gleichgewichts- oder Gangstörungen sowie Muskelschwäche einstellen. Diese Risiken sind jedoch eher selten, meist vorübergehend und überwiegend mild in ihrer Ausprägung. So zeigt eine langfristige randomisierte Studie mehrerer Zentren aus den USA, dass 74 Prozent der unerwünschten Nebeneffekte leicht und der Rest moderat waren. Weiterhin sind etwa die Hälfte aller Nebenwirkungen bereits innerhalb von 30 Tagen wieder verschwunden.
Team
Leitung der Arbeitsgruppe
Dr. Steffen Paschen
Seniorleitung
Prof. Dr. Dr. h.c. Günther Deuschl
Professor emeritus
Telefon: 0431 500-23936
E-Mail
Wissenschaftliche Mitarbeitende
Motoriklabor
E-Mail: mrgfus.neurozentrum.kiel@uksh.de
Wissenschaftliche Mitarbeitende
Arbeitsgruppenmitglieder: Tel. 0431 500-23840
Doktoranden
Doktoranden: Tel. 0431 500-23840
Greta Himmelskamp
Judith Albrecht
Noa Bandorski
Melia Bandorski
Maximilian Hoffmeister
Tymme Gerke (HiWi)