Angiographie und endovaskuläre Therapien

Zerebrale Angiographien und endovaskuläre Eingriffe an den Blutgefäßen des Halses und des Gehirns stellen einen Schwerpunkt der Instituts für Neuroradiologie am UKSH Campus Lübeck dar. Mit diesen Techniken können die Blutgefäße des Gehirns in höchster Auflösung bildgebend dargestellt und eine Vielzahl von Erkrankungen der Blutgefäße therapiert werden.

Das Institut für Neuroradiologie verfügt über eine Angiographieanlage der allerneuesten Generation (Philips Azurion B20/15). Mit dieser Anlage können kontinuierlich in zwei Ebenen Aufnahmen mit digitalen Röntgendetektoren gemacht werden. Pro Jahr werden in unserem Institut mehr als 400 minimal-invasive Eingriffe duchgeführt. Neben dem Institutsdirektor stehen vier weitere erfahrene Untersucher zur Verfügung, die das gesamte Spektrum der interventionellen Eingriffe beherrschen. Für Notfalleingriffe besteht jederzeit eine Rufbereitschaft.

Die Eingriffe werden in der Regel von der Leiste oder dem Arm aus durchgeführt. Entweder unter örtlicher Betäubung oder unter Vollnarkose wird unter Röntgenkontrolle ein feiner Schlauch in die Blutgefäße des Halses oder Gehirns vorgeschoben. Mit der Injektion von Röntgenkontrastmittel können die Blutgefäße in höchster Auflösung dargestellt werden.

 Folgende Erkrankungen können über endovaskuläre Eingriffe behandelt werden:

Endovaskuläre Schlaganfalltherapie (Thrombektomie)

Die Effektivität der medikamentösen Gerinnselauflösung beim akuten Schlaganfall durch Gefäßverschluss (systemische Thrombolyse) ist auf frühe Zeitfenster (max. 4,5 Std nach Symptombeginn) und volumenmäßig kleine Gerinnsel beschränkt. In den letzten Jahren wurden spezielle kleinste Spezialwerkzeuge entwickelt, mit denen es möglich ist, durch eine neuroradiologische Intervention das Gerinnsel mechanisch zu entfernen. Bei richtiger Patientenselektion handelt es sich um ein hocheffektives Verfahren, für das – im Unterschied zur systemischen Thrombolyse – kaum Kontraindikationen bestehen. 

Im Institut für Neuroradiologie wird dieses Verfahren mit zunehmender Häufigkeit (aktuell etwa 180 mal/Jahr) angewendet. Die Fallzahlsteigerung der letzten Jahre war auch durch eine Intensivierung der Kooperation mit umliegenden Kliniken, die diese Behandlung nicht (jederzeit) anbieten können, möglich. Im Rahmen des  Schlaganfallnetzwerks dient diese enge Zusammenarbeit mit den an der regionalen Schlaganfallversorgung beteiligten Partnerkliniken der optimalen Versorgung von Schlagafallpatienten im südlichen Schleswig-Holstein.

Nach erfolgter endovaskulärer Schlaganfalltherapie erfolgt die weitere Behandlung der Patienten in der Regel auf der Stroke Unit oder der  neurowissenschaftlichen Intensivstation.

Aneurysmen der Gehirngefäße

Aneurysmen sind krankhafte Erweiterungen an normalen Hirnschlagadern. Die Häufigkeit von Hirngefäßneurysmen in der Bevölkerung beträgt 2-3 %, etwa ein Viertel aller Patienten hat mehrere Aneurysmen. Die Ursachen für ihre Entstehung sind noch nicht genau bekannt, man vermutet unter anderem genetische oder erworbene Defekte der Gefäßwand. Die Wand dieser Aneurysmen ist schwächer als eine normale Gefäßwand und kann sehr dünne Bereiche aufweisen, die bei weiterer Vergrößerung einreissen und zu einer lebensgefährlichen Blutung im Schädelinneren führen können.
Aneurysmen werden häufig als Zufallsbefund bei Untersuchungen des Gehirns in der MRT oder CT entdeckt. Häufiger fallen sie jedoch auf, weil die Gefäßaussackung platzt („Ruptur“). Hierdurch kommt es zum Austritt von Blut in das Gehirn. Dies kann stärkste Kopfschmerzen hervorrufen, im schlimmsten Fall zum Koma führen. Das Ziel der Behandlung ist ein rascher Verschluss dieses Aneurysmas, da ansonsten eine erhebliche Gefahr besteht, dass es zu einer erneuten Blutung mit noch schlimmeren Folgen kommt. Bei der endovaskulären Therapie werden über einen winzigen Mikrokatheter feine Platinspiralen in die Gefäßaussackung eingebracht ohne dass der Schädel geöffnet werden muss. Dies wird unter Röntgenstrahlung kontrolliert. Das Aneurysma kann komplett mit diesen Platinspiralen ausgefüllt werden, so dass es nicht zu einer erneuten Blutung kommen kann. Dieses auch als „Coiling" bezeichnete Verfahren ist im Institut für Neuroradiologie fester Bestandteil der klinischen Routine und wird auch überregional als schonende Therapieoption angeboten. Weiterentwicklungen der endovaskulären Therapie ermöglichen heute auch die Behandlung bisher nur unzureichend therapierbarer diffuser Gefäßaufweitungen (fusiformes Aneurysma) mit flussmodulierenden Gefäßstützen (sog. Flow Diverter) oder intraaneurysmatischen Flowdisruptoren. Beides wird in unserem institu regelmäßig durchgeführt.
Unser Institut kooperiert dabei intensiv mit den Kollegen der Kliniken für Neurochirurgie, Neurologie, Gefäßchirurgie und Anästhesie, um als interdisziplinäres Team für jeden Patienten mit einer Gefäßerkrankung am Hals oder Gehirn die individuell bestmögliche Therapie festzulegen.

Im Rahmen der neuroradiologischen Gefäßsprechstunde stehen wir Ihnen gerne für weitere Befundbesprechungen und Beratungen zur Behandlung eines zufällig entdeckten Aneurysmas zur Verfügung.

Stenosen (Einengungen) der hirnversorgenden Gefäße

Das Gehirn wird durch die Halsschlagadern und die Wirbelschlagadern mit Blut versorgt. Oft kommt es im Rahmen der Arteriosklerose zu Einengungen dieser Blutgefäße, häufig am Abgang der inneren Halsschlagader (Arteria carotis interna), seltener am Abgang der Wirbelschlagadern (Arteria vertebralis) oder in den Gefäßabschnitten an der Schädelbasis. Diese Einengungen können zufällig gefunden werden, können sich aber auch durch einen Schlaganfall äußern. Eine  Therapie hierfür ist die Aufweitung und Normalisierung der eingeengten Gefäßabschnitte mit Gefäßprothesen (Stents). Dies wird in der Regel von der Leiste aus über Katheter durchgeführt. Ein dünner Schlauch, auf dem eine Gefäßprothese aufgebracht ist, wird in den Bereich der Gefäßeinengung gebracht. Dies wird unter Röntgenstrahlung kontrolliert. Mit einem Ballon wird die Gefäßprothese aufgedehnt. Hierdurch wird die Einengung des Gefäßes beseitigt und das Gehirn wieder regelrecht mit Blut versorgt.

Diese minimal-invasive „Katheter-Operation“ wird im Institut für Neuroradiologie regelmäßig durchgeführt. Gerne können wir im Rahmen der neuroradiologischen Gefäßsprechstunde Ihre Befunde besprechen und die Behandlung erläutern.

Arteriovenöse Malformationen des Gehirns und des Rückenmarks

Eine besondere Form der Gefäßmissbildungen stellen arteriovenöse Malformationen (AV-Malformationen) und arteriovenöse Fisteln (AV-Fisteln) dar. Die Ursachen sind zwar unterschiedlich, beiden Erkrankungen ist jedoch gemein, dass eine krankhafte Kurzschlussverbindung zwischen Arterien und Venen besteht. Diese Gefäßmissbildungen werden manchmal zufällig im Rahmen von Schnittbilduntersuchungen des Gehirns entdeckt, sie können aber auch durch Symptome wie Ohregeräusche (Tinnitus) oder sogar durch Blutungen in das Gehirn auffällig werden. In diesem Fall besteht die Gefahr, dass es zu einer erneuten Blutung kommt. Dies kann mit der endovaskulären Therapie verhindert werden, indem die Kurzschlussverbindung verschlossen wird. Hierbei wird ein winziger Katheter von der Leiste aus unter Röntgenkontrolle schonend in die arteriovenöse Malformation gebracht. Dann wird ein Gewebeklebstoff eingespritzt, der zu einer Verödung dieser Kurzschlussverbindung führt. Diese Behandlung kann alleine zum Erfolg führen, es kann sich jedoch auch eine ergänzende Operation oder Strahlentherapie anschließen.

Gerne können wir im Rahmen der neuroradiologischen Gefäßsprechstunde Ihre Befunde besprechen und die Behandlungsmöglichkeiten erläutern.

Embolisationstherapie bei chronischen Subduralhämatomen (cSDH)

Chronische subdurale Hämatome (cSDH) sind Einblutungen in einen Raum zwischen harter Hirnhaut (Dura) und Gehirn und finden sich unterhalb des Schädelknochens. Das Krankheitsbild betrifft vornehmlich ältere Menschen und stellt mit einer Häufigkeit von ca. 15 Patienten auf 100.000 Einwohner pro Jahr eine der häufigsten neurochirurgisch behandelten Erkrankungen dar. Dabei wird über ein kleines Bohrloch am Schädelknochen die Blutung entlastet; allerdings besteht ein Rezidivrisiko für ein erneutes Subduralhämatom, so dass nicht selten eine weitere Operation erforderlich wird.

Mit der minimal-invasiven Embolisationsbehandlung steht für chronische subdurale Hämatome eine wirkungsvolle und gleichzeitig schonende Behandlungsmethode zur Verfügung. Dabei wird von der Leiste oder dem Handgelenk aus die entsprechende Hirnhautarterie mit einem dünnen Katheter sondiert und mit kleinen Partikeln, Spiralen oder einem flüssigen Embolisat verschlossen. Das Rezidivrisiko chronischer Subduralhämatome kann damit deutlich reduzieret werden.