Prostatakarzinom: 177Lu-PSMA-Therapie (Radioligandentherapie-PRLT)

Im Rahmen einer Prostatakarzinomerkrankung kann es trotz leitliniengerechter Therapie (Hormontherapie, Chemotherapie) zu einem Krankheitsprogress kommen, dadurch dass die Medikamente ihre Wirksamkeit einbüßen. Insbesondere wenn die Hormontherapie nicht mehr den gewünschten Effekt erzielt, sprich man von einer Kastrationsresistenz. Im Falle eines fortgeschrittenen, metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinoms steht als Behandlungsoption die Therapie mit radioaktiven 177Lutetium-markierten PSMA-Liganden zur Verfügung.

Es handelt sich hierbei um eine sogenannte palliative Therapieform, deren Ziel es ist, die Tumorlast zu verringern bzw. das Tumorwachstum zu verlangsamen bzw. zu stoppen. Auf diese Weise soll das Fortschreiten der Erkrankung verzögert werden und die mit der Erkrankung einhergehende klinischen Beschwerden minimiert werden. Eine Heilung ist durch diese Behandlung nicht zu erreichen. Internationale Studien (VISION) haben die Wirksamkeit dieser Therapie bei guter Verträglichkeit gezeigt.

Die Behandlung steht in Deutschland sowohl gesetzlich als auch privat Versicherten zur Verfügung und erfolgt grundsätzlich stationär. Für die Therapie ist ein etwa vier- bis fünftägiger Aufenthalt auf unserer Station (Kontrollbereich) erforderlich.

Therapieprinzip und -durchführung

Die stationäre Aufnahme erfolgt bei Bedarf am Vortag der eigentlichen Behandlung, um ggf. fehlende Untersuchungen aktuell zu ergänzen bzw. den Patienten optimal auf die Therapie vorzubereiten. Die eigentliche Therapie mit dem 177Lu-markierten PSMA-Liganden erfolgt intravenös über eine zuvor gelegte peripher venöse Verweilkanüle. Dies bedeutet es erfolgt eine Applikation im Rahmen des stationären Aufenthalts. Die Substanz bindet an ein transmembranöses Eiweißmolekül, das sogenannte Prostata-spezifisches Membran-Antigen, kurz PSMA genannt, das auf den Tumorzellen überexprimiert wird und erreicht dadurch eine Bestrahlung am Ort des Tumorgeschehens durch den Betastrahler 177Lu.

Nach der Gabe des Radiotherapeutikums kann dessen Verteilung aufgrund einer zusätzlichen Gammastrahlung des 177Lu mittels einer Gammakamera abgebildet werden. Auf diese Weise kann einerseits die gewünschte Anreicherung in den Tumorherden dokumentiert werden und andererseits die Dosis von Risikoorganen und -geweben, wie dem Knochenmark und den Nieren kontrolliert werden, um bei weiteren Therapiezyklen gegebenenfalls die Dosierung anzupassen und somit Schädigungen dieser Organe und Gewebe zu vermeiden.

Nach Wechselwirkung des Radiotherapeutikums mit dem Tumorgewebe entfaltet sich die Wirkung üblicherweise in den folgenden Wochen. Bei guter Verträglichkeit, einem guten Speicherverhalten sowie unauffälligen Blutwerten und unauffälliger Nierenfunktion erfolgt die Therapie in Zyklen, die jeweils im Abstand von sechs bis acht Wochen erfolgen. Je nach Ausgangslage und Therapieverlauf können vier bis im Einzelfall sechs Zyklen durchgeführt werden. Zwischen den Zyklen werden regelmäßige Kontrolluntersuchungen zum Restaging, d.h. zur Überprüfung des Therapieansprechens sowie zur Detektion von möglichen Nebenwirkungen durchgeführt.

Der Anteil des 177Lu-PSMA, der nicht an das PSMA auf den Tumorzellen bindet oder an anderer Stelle physiologisch angereichert wird, wird zum Großteil in den ersten Tagen vornehmlich über die Nieren und den Urin aus dem Körper ausgeschieden. Ein weiterer Anteil wird über den Stuhl ausgeschieden. Aus Gründen des Strahlenschutzes wird diese Therapie mit dem Radiotherapeutikum 177Lu-PSMA auf unserer Radionuklidstation, einem sogenannten Kontrollbereich mit eigener Abklinganlage, durchgeführt. Besucherinnen und Besucher sind auf dieser Station leider nicht erlaubt.

Vorbereitung

Zur Überprüfung einer möglichen Therapieoption mittels 177Lu-markierter PSMA-Liganden sind bei den betroffenen Patienten einige Voruntersuchungen und vorbereitende Maßnahmen notwendig. Grundlegende Voraussetzung sind die Überlassung von aktuellen uro(onko)logischen Arztbriefen mit der Diagnose, der vollständigen Anamnese und dem bisherigen Krankheitsverlauf einschließlich der bereits erfolgten Therapien und deren Ansprechen sowie des PSA-Verlaufs. Außerdem sollte der Fall in einer uroonkologischen Tumorkonferenz vorgestellt und sich darin positiv für diese Therapieform ausgesprochen worden sein. Des Weiteren sollten alle Untersuchungsbefunde von bereits durchgeführten bildgebenden Verfahren (Szintigraphien, PET/CT, CT und MRT) in schriftlicher Form sowie auch deren Bilddokumentation in digitaler Form (CD/DVD) vorliegen.

Die Kontaktaufnahme und Einbestellung der betroffenen Patienten zur Durchführung eines Aufklärungsgesprächs und ggf. zur Planung weiterer zusätzlich notwendiger diagnostischer Untersuchungen sowie mögliche Planung und Terminierung der stationären Behandlung erfolgt nach telefonischer Kontaktaufnahme unter der Nummer 0431 500-16820.

In jeden Fall ist vor einer möglichen 177Lu-PSMA -Radioligandentherapie die Durchführung einer aktuellen PSMA-Bildgebung, meist in Form einer PSMA-PET/CT-Untersuchung erforderlich, da das Speicherverhalten des Radiotracers für die Indikationsstellung von besonderer Bedeutung ist. Diese PSMA-PET/CT-Untersuchung kann problemlos in unserem Hause nach telefonischer Terminvereinbarung erfolgen. Es können jedoch selbstverständlich auch Ergebnisse, Befunde und Bilddaten extern durchgeführter PSMA-PET/CT-Untersuchungen mitgebracht werden und als Grundlage für eine Therapieentscheidung dienen.

Im Rahmen des ausführlichen ambulanten Aufklärungsgesprächs werden die betroffenen Patienten über den Termin und die Durchführung der stationären Behandlung, der Wirkungsweise der Therapie sowie über deren Risiken, Nebenwirkungen und mögliche Komplikationen informiert sowie die Einwilligung der Patienten zu dieser Therapie eingeholt. Im Bedarfsfall werden ggf. fehlende Blutentnahmen für Laborbestimmungen sowie ergänzende aktuelle szintigraphische Untersuchungen der Nieren zur Überprüfung der regelrechten Nierenfunktion durchgeführt oder vereinbart und terminiert.

Nebenwirkungen und Risiken

Die Therapie mit 177Lutetium--markierten PSMA-Liganden ist eine effektive und in der Regel nebenwirkungsarme und gut verträgliche Therapie. Mögliche Risiken und typische Komplikationen werden Ihnen vorab in dem Aufklärungsgespräch erörtert.

In seltenen Fällen kann es unter anderem zu folgenden Nebenwirkungen und unerwünschten Begleiterscheinungen kommen:

Übelkeit und Erbrechen, Blutbildveränderungen, Mund- und Augentrockenheit sowie Nierenfunktionseinschränkungen. Bei gewissenhafter Vorbereitung und Dosierung lassen sich die Nebenwirkungen in der Regel sehr gut kontrollieren. Insbesondere zum Schutz der Nierenfunktion erfolgt begleitend im Rahmen des stationären Aufenthaltes ein Infusionsprogramm.  Nach Abschluss der stationären Behandlung erhalten Sie einen Arztbrief in dem alle relevanten Informationen über die aktuelle Behandlung enthalten sind. Zusätzlich sind die weiteren Termine für die folgenden ambulanten sowie stationären Wiedervorstellungen vermerkt, ebenso wie die Empfehlungen zu zwischenzeitlichen Kontrollen (Blutbild). 

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