Ein neues Video-EEG Langzeit-Monitoring in Norddeutschland
Während in der Klinik für Neuropädiatrie an der Universitätskinderklinik Schleswig-Holstein, Campus Kiel, bereits seit mehreren Jahren ein Video-EEG-Monitoring zur Differenzialdiagnostik der verschiedenen Epilepsie-Syndrome (Krampfanfälle des Gehirns) durchgeführt wurde, konnten im Herbst 2005 in der Universitäts-Kinderklinik Kiel ein präepilepsiechirurgisches Monitoring etabliert werden. Dies ermöglichte neben der standardisierten Differenzialdiagnose von epileptischen und nicht-epileptischen Anfällen und Epilepsie-Syndromen die Verfeinerung der Identifikation und Lokalisation von herdförmigen (fokalen) Anfalls-ursprungszonen (epileptogene Zone). Damit ergibt sich jetzt im norddeutschen Raum für Kinder, die einzigartige neue Möglichkeit, fokale Anfälle optimal diagnostisch abzuklären und eine mögliche chirurgische Option der Epilepsie zu erwägen und vorzubereiten.
Eine umfangreiche Zusammenarbeit mit der Epilepsie-Ambulanz der Klinik für Neuropädiatrie und insbesondere die enge Kooperation mit dem Epilepsiezentrum Raisdorf (in einem Vorort von Kiel), ermöglicht eine umfassende Betreuung, Diagnostik und Therapie der kleinen Patienten. Neue und moderne diagnostische Untersuchungsmöglichkeiten und Strategien konnten in letzter Zeit integriert werden, z.B. hochauflösende Magnetresonanztomographie (MRT mit 3-Tesla), funktionelle MRT, Magnetresonanz-Spektroskopie, transkranielle Magnetstimmulation, PET und SPECT, sowie EEG-Mapping und EEG-Quellenanalyse. Diese Methoden und ermöglichen die optimierte Suche nach dem anfallsauslösenden Hirngebiet.
Fallbeispiel
Bild: Linksseitiger verminderter Stoffwechsel im Schläfenlappen
Ein Fallbeispiel aus unserem Video-EEG-Langzeit-Monitoting-Alltag zeigt beispielhaft die Möglichkeiten und die Notwendigkeit einer differenzierten Diagnostik:
Eine 14-Jahre alte Patientin die seit ihrem 6. Lebensjahr an mehrfachen Kranmpfanfällen in jeder Woche erkrankt war, wurde in unserer Klinik vorgestellt. Eine erste Magnetresonanztomografie/Kernspin-Untersuchung (MRT) des Gehirns war zuvor unauffällig und trotz mehrfacher medikamentöser Behandlungen war die Patientin nur kurzzeitig anfallsfrei. Durch die Epilepsie, die medikamentöse Behandlung und durch die häufigen stationären Behandlungen war sowohl die schulische, als auch die soziale Entwicklung beeinträchtigt. Auf Grund von schweren Angstzuständen im Vorfeld der Krampfanfälle (Aura) und ihren wie Verhaltensstörungen erscheinenden Anfällen, war sie bereits einmalig in eine psychsomatische Klinik eingeliefert worden.
Nach einwöchigem Video-EEG-Langzeit-Monitoring, konnten die Anfälle eindeutig als epileptische (komplex-fokale) Anfällen mit typischen Angstauren diagnostiziert werden, darüber hinaus wurde der genaue Ursprungsort im linken Schläfenlappen identifiziert . Die anschließende Positronenemissionstomographie (PET-Untersuchung, s.u.) zeigte ein entsprechend deutliches Areal mit einer verminderten Stoffwechselbeteiligung in diesem Hirnbereich. Auf der Basis der durch das Video-EEG-Langzeit-Monitoring gewonnenen Erkenntnisse wurde eine hochauflösende Dünnschicht-MRT-Untersuchung (3-Tesla-MRT) in diesem Bereich durchgeführt und ein kleiner Tumor im Schläfenlappen sowie eine angrenzende Narbe (Hippokampussklerose) nachgewiesen.
Neben einer ursächlichen Klärung der Symptomatik als Epilepsie mit entsprechenden assoziierten Angstzustände und entsprechenden plötzlich auftretenden Verhaltensstörungen im Rahmen von Krampfanfälle, konnte eine zuvor angenommen psychiatrische Erkrankung ausgeschlossen werden. Die Patientin hat jetzt die Möglichkeit sich durch eine epilepsiechirurgische Operation behandeln zu lassen und hat hierdurch recht gute Aussichten dauerhaft anfallsfrei zu werden.