Extraktion von Herzschrittmacher oder Defibrillatorsonden

Hintergrund

Die steigende Zahl von implantierbaren Devices führt zwangsläufig zu vermehrten Komplikationen insbesondere auch an den SM, ICD bzw. CRT Sonden. Nicht nur Infektionen (meist bakteriell), die bei bis zu 5 % aller Eingriffe auftreten können, sondern auch der Umgang mit funktionsgestörten, funktionslosen oder stillgelegten Sonden sowie Strategien bei venösen Gefäßverschlüssen, -anomalien sind so in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus rhythmuschirurgisch orientierter Zentren gerückt. Hierbei stellt die interdisziplinäre Entfernung von Elektroden eine besondere Herausforderung dar. Die Entfernung von Schrittmacher- oder ICD-Sonden umfasst die Sondenexplantation und die Sondenextraktion. Während bei der Sondenexplantation die Sonde durch einfachen mechanischen Zug entfernt werden kann, beschreibt die Sondenextraktion 1. die Entfernung von Sonden, die vor länger als einem Jahr implantiert wurden, 2. eine Entfernung von Sonden, die den Einsatz spezifischen Instrumentariums benötigen oder 3. die Entfernung von Sonden über einen anderen als den initial genutzten venösen Zugangsweg.

Im Folgenden wird auf die Sondenextraktion fokussiert. Die Extraktion von Sonden hat zum Ziel, eine Infektion zu beseitigen, einen Zugang zu einer verschlossenen Venen zu erlangen, das Risiko für Sondenperforationen oder Arrhythmien zu reduzieren, funktionslose oder gebrochene Sonden zu entfernen oder sondenassoziierte Beschwerden zu beseitigen. Infektionen stellen dabei eine besondere Herausforderung dar. Sie können in der Tasche oder aber an den Sonden lokalisiert sein, endogen entstehen oder aber exogen im Rahmen von Revisions- oder Generatorwechsel-Operationen auftreten.

Sonden_Extr Abb. 1: (links) Extraktionssheath (Spectranetics)
Abb. 2: (rechts)Lasersondenextraktion aus der Vena subclavia

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Sonde_Inf Abb. 3: chronisch infizierte Sonde (adaptiert nach Simon C et al. (2008) A case of permanent pacemaker lead infection. Nat Clin Pract Cardiovasc Med doi:10.1038)

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Extraktionsverfahren

Eine Sondenextraktion erfordert ein routiniertes Zusammenspiel von erfahrenen Rhythmologen und speziell trainierten Herzchirurgen, die das gesamte Spektrum der Indikationen, der Extraktionen und aller möglicher Komplikationen beherrschen.

Der Eingriff wird in einer speziellen Operationseinheit vorgenommen, die neben dem Vorhandensein aller Extraktionssysteme auch eine qualitativ hochwertige Durchleuchtungsanlage sowie die Möglichkeit zur notfallmäßigen Thorakotomie innerhalb weniger Minuten beinhaltet. In Anhängigkeit von der zu erwartenden Komplexität der Extraktion wird der Eingriff in Intubationsnarkose oder aber im anästhesiologischen Stand-by vorgenommen. Zudem muss die Möglichkeit zu einer intraoperativen TEE gegeben sein. Für die Extraktion stehen heute eine Reihe verschiedener Extraktionssysteme und -optionen zur Verfügung. Kernelement einer Extraktion ist dabei die Verwendung sogenannter Lead-locking stylets, die in das zentrale Innenlumen der Sonden eingeführt und dort distal oder auf ganzer Länge durch Ausdehnung gewundener Drahtschlingen arretiert werden können. Ergänzend können die Sonden mit Hilfe einer flexiblen Extraktionsschlinge geborgen werden. Alternativ besteht die Möglichkeit, insbesondere bei intrakardial oder fest in der V.subclavia fixierten Sonden, über eine zu extrahierende Elektrode eine rotierbare Extraktionshülse in das tiefe Venensystem antegrad einzubringen. Diese Systeme erlauben es, durch Rotation der helikalen flexiblen Schleusenspitze und leichten Vorschub bei gleichzeitigem Gegenzug an der Sonde intravaskuläre und intrakardiale Verwachsungen um die Zielelektrode herum zu lösen und ermöglichen so eine sichere Elektrodenentfernung. Zudem ist mit diesen Systemen eine Rekanalisation initial verschlossener Venen möglich, wodurch eine ispilaterale Implantation neuer Elektroden ermöglicht wird.

Besteht eine Infektion des Schrittmacher- oder ICD-Systems, ist aufgrund der erhöhten perioperativen Bakteriämie ein Intervall von meist mindestens 2 Wochen abzuwarten, bis ein neues SM- oder ICD, dann meist kontralateral, implantiert werden kann. Liegt bei diesen Patienten zugleich eine Schrittmacherabhängigkeit vor, müssen sie bis zur Neuimplantation passager über einen externen Schrittmacher stimuliert werden. Eine besondere Population stellen Patienten mit großen intrakardialen Sondenvegetationen dar. Hier ist in Abhängigkeit von der Größe der Vegetationen, der Beteiligung der Trikuspidalklappe und dem klinischen Zustand des Patienten eine sehr differenzierte Indikation von geschlossener versus offener Extraktion erforderlich. Eine transvenöse Extraktion von Sondenvegetationen bis zu 2 cm scheint, nach der aktuellen Datenlage gerechtfertigt zu sein. Hier ist erneut das interdisziplinäre Zusammenspiel mit den Herzchirurgen erfolgsversprechend.

Ergebnisse

Valide Ergebnisse zu den Sondenextraktionen liegen nur bedingt vor, da nur wenige Zentren über eine ausreichende Erfahrung und Fallzahl verfügen. Eine Sondenentfernung gelingt in > 90 %. Eine differenzierte Extraktionsstrategie unter Verwendung aller o.g. Extraktionsoptionen kann die Erfolgsrate weiter steigern. Nicht zuletzt kann aktuell bei sehr schwierigen Verhältnissen/ Verwachsungen oder aber schweren Infektionen (Tascheninfektion, Deviceendokarditis) eine vollständige Systemexplantation mittels „Laserextraktion“ (Abb. 1,2,3) erforderlich sein. Diese Therapieform mittels Laser (ExcimerLaser) wird in Norddeutschland nur von sehr wenigen Zentren und in Schleswig-Holstein nur am UKSH angeboten.

Leitlinienbasierte Indikationen für Sondenextraktionen sind somit u.a.:

  • chronische oder akute Sondeninfektion

  • Thrombose oder Stenose in der Vene

  • chronische konservativ nicht kurierbare Schmerzen

  • Sondenbruch und defekte Sonden als Auslöser von Arrhythmien oder Leitungsstörungen

  • funktionslose Sonden immer wenn mehr als vier Sonden pro Seite liegen

Referenzen

  • Borggrefe M, Burkhoff D, Heart Rhythm Society; American Heart Association. Transvenous lead extraction: Heart Rhythm Society expert consensus on facilities, training, indications, and patient management: this document was endorsed by the Ameri-can Heart Association (AHA). Heart Rhythm. 2009;6:1085-1104 Clinical Effects of Cardiac Contractility Modulation (CCM) a Treatment for Chronic Heart FailureEur J Heart Fail, 2012, 703-12.

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