Behandlung bei Harnblasenkrebs

Strahlentherapie-bei-Harnblasenkrebs_Abb1 Abbildung: CT-Bild (Computer-Tomografie) eines Blasentumors. Das Bild zeigt den Querschnitt eines Patienten in Höhe der Hüfte (man schaut von unten auf den Körper, die rechte Seite ist links im Bild). In der Mitte des Körpers liegt vorn die Harnblase. Bei diesem Patienten ist die rechte Blasenwand verdickt; eine Gewebeprobe hatte einen Blasenkrebs (Urothelkarzinom) mit Einwachsen in die Muskelschicht ergeben (also T2). Das CT zeigt, dass der Tumor in diesem Fall auf die Blase beschränkt und noch nicht in die Umgebung eingewachsen ist. Allerdings ist ein Lymphknoten vergrößert.

Blasenkrebs (also ein bösartiger Tumor der Harnblase) tritt bei etwa 30.000 Menschen pro Jahr in Deutschland auf. Allerdings: fast die Hälfte der Fälle sind relativ harmlose Vorstufen und auf die Schleimhaut begrenzte Tumore (nach der T-Einteilung für die Tumorgröße sind das die Kategorien Tis und Ta). Ein großer Teil der „echten“ Karzinome (T1 bis T4) fällt in die Kategorie T1; auch diese Tumoren können im Regelfall unter Erhalt der Harnblase durch eine Operation über die Harnröhre entfernt werden.

Wenn der Tumor allerdings in die Muskelwand der Harnblase eingewachsen ist (Kategorie T2) oder diese sogar durchwachsen hat (T3 oder T4), reicht die Operation über die Harnröhre nicht mehr aus. Eine operative Therapie erfordert dann eine Totalentfernung der Harnblase. Für diese Fälle gibt es eine Alternative, nämlich die organ- und funktionserhaltende Behandlung mit Strahlentherapie (Radiochemotherapie). Diese Therapieoption wird durch internationale Fachgesellschaften empfohlen1 und ist in ihrer Wirksamkeit wissenschaftlich gut belegt.

Für wen kommt eine organerhaltende Behandlung in Frage?

Die Therapie kommt in Frage, wenn

  • der Blasenkrebs durch eine Gewebeprobe gesichert wurde und

  • eine alleinige Operation über die Harnröhre mit Erhalt der Blase nicht ausreichend ist und eine
    Blasenentfernung empfohlen wird.

In diesen Fällen kann man durch eine Radiochemotherapie bei etwa 70% der Patienten die Blase erhalten. Wichtig für die Beratung und Entscheidung der betroffenen Patienten ist: Die Heilungsaussicht (Überlebensaussicht) ist ebenso gut wie bei einer Radikaloperation. Bei etwa 30% der Patienten muss allerdings später die Harnblase doch entfernt werden, weil der Tumor nicht definitiv vernichtet wurde oder weil (das ist der häufigere Fall) im weiteren Verlauf nach Jahren neue Tumoren auftreten. Die organerhaltende Therapie bietet also keine Garantie für einen Blasenerhalt, aber sie hat etliche Vorteile.

Ein entscheidender Vorteil ist die gute Verträglichkeit. Auch ältere Patienten oder Patienten, die ein hohes Narkoserisiko haben, können behandelt werden. Bei sehr großen Tumoren ist die Strahlentherapie meistens ohnehin die bessere Therapie, weil diese Tumoren auch bei
Radikaloperation manchmal gar nicht vollständig entfernt werden können oder weil trotz Operation ein hohes Rückfallrisiko besteht. In manchen Fällen ist sogar eine Kombination von Radikal-OP und Strahlentherapie sinnvoll.

In welchen Situationen ist eine organerhaltende Behandlung nicht sinnvoll?

In einigen eher seltenen Fällen raten wir von einer organerhaltenden Behandlung mit Strahlentherapie ab. Dies betrifft Sonderformen von Blasenkrebs (z.B. Adenokarzinome), Patienten mit vorausgegangener Strahlenbehandlung im Becken und Patienten mit extrem schlechter Blasenfunktion vor Behandlungsbeginn (wenn es sich nicht lohnt, diese Blase zu erhalten).

Wie läuft eine organerhaltende Behandlung ab?

Die Therapie besteht aus einer Strahlentherapie, bei der etwa 30 bis 35 einzelne Bestrahlungen jeweils an Werktagen verabreicht werden; die Strahlentherapie dauert insgesamt also etwa sechs bis sieben Wochen (die tägliche Bestrahlung dauert aber nur etwa 15 Minuten). Zur Verstärkung der Strahlenwirkung im Tumor wird, wenn möglich, eine zusätzliche (strahlensensibilisierende) Chemotherapie verabreicht (sog. simultane Radiochemotherapie; diese Chemotherapie ist deutlich niedriger dosiert als eine übliche Chemotherapie und wird im Regelfall gut vertragen). Die Behandlung wird meistens kombiniert stationär und ambulant durchgeführt.

Welche Risiken und Nebenwirkungen gibt es?

Viele Patienten haben gegen Ende der mehrwöchigen Strahlentherapie eine strahlenbedingte Entzündung der Blase und evtl. auch des Darms; typische Symptome sind vermehrter Harndrang, Brennen beim Wasserlassen oder Durchfall. Diese Beschwerden klingen spontan nach Ende der Bestrahlungsserie innerhalb von 3-4 Wochen ab. Relevante Langzeitfolgen kommen bei etwa 5 bis 10% der Patienten vor (ein im Vergleich zur Radikal-OP günstiger Wert). Bei etwa 70% der Patienten kann die Blase erhalten werden; die Funktion der erhaltenen Blase ist dann in fast allen Fällen normal. Inkontinenz (also unkontrollierter Harnabgang) kommt nach Strahlentherapie selten vor (bei Radikal-OP ist das anders).

Haben Sie noch Fragen?

Jeder Mensch ist einzigartig (und jede Erkrankung auch); allgemeine Informationen wie diese können eine individuelle Beratung nicht ersetzen. Falls Sie Fragen haben oder eine Beratung wünschen, vereinbaren Sie bitte einen Termin in unserer Ambulanz
(Tel: 0431 500-26542).

1 Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie. https://www.degro.org/organerhaltende-behandlung-von-
fortgeschrittenem-blasenkrebs-radiochemotherapie-weit-wirksamer-als-alleinige-bestrahlung