Die Behandlung von Tumorerkrankungen mittels Chemotherapie erfolgt in der Klinik für Urologie und Kinderurologie sowohl ambulant als auch (tages)stationär. Betroffene und Angehörige werden mittels eines ganzheitlichen Konzeptes durch alle Phasen der körperlich und seelisch belastenden Erkrankung begleitet.
Behandlungsmethoden
Hormonentzugstherapie
Die Hormonentzugstherapie – kurz: Hormontherapie – wird bei fortgeschrittenem Prostatakrebs angewendet. Das Wachstum von Krebszellen ist hormonabhängig. Die Hormontherapie zielt deshalb darauf ab, die Bildung oder Wirkung von Testosteron zu hemmen. Testosteron ist das wichtigste Androgen, d. h. jenes Hormon, das die Entwicklung der männlichen Geschlechtsmerkmale steuert.
Zur Bildung von Testosteron
Die Bildung von Testosteron beim Mann wird durch einen Regelkreislauf gesteuert. Dabei schüttet das Gehirn über das Freisetzungshormon LHRH Hormone (LH/FSH) ins Blut aus. Das Hormon LH bindet sich über Rezeptoren an die Hoden und, in kleineren Mengen, an die Nebennieren, woraufhin diese Organe Testosteron ins Blut ausschütten. Steigt der Testosteronspiegel im Blut, hemmt dies dann umgekehrt die Ausschüttung des Hormons LH im Gehirn.
Die Hormontherapie unterscheidet zwei Formen, die in diesen Regelkreis eingreifen:
Die Bildung von Testosteron wird unterdrückt.
An den Tumorzellen wird die Wirkung des Testosterons unterdrückt.
zu 1. Die Bildung des männlichen Geschlechtshormons lässt sich medikamentös unterdrücken durch:
sogenannte LHRH-Agonisten, das sind Wirkstoffe, die eine hormonähnliche (gleichsinnige) Wirkung auslösen und indirekt die Bildung von Testosteron unterdrücken, und
sogenannte LHRH-Antagonisten. Das sind Wirkstoffe, die eine gegensätzliche (gegensinnige) Wirkung haben und direkt das Signal zur Testosteronbildung hemmen.
Beide haben denselben Effekt: Der Regelkreislauf wird heruntergefahren und weniger Testosteronbildung in Auftrag gegeben.
Eine Alternative ist die operative Entfernung der Hoden, die das Testosteron produzieren. Diese Operation nennt sich Orchiektomie. Dabei handelt es sich, im Gegensatz zur medikamentösen Therapie, um eine einmalige Maßnahme, die allerdings auch nicht mehr rückgängig zu machen ist.
zu 2. Die Wirkung des Testosterons an den Zellen, somit auch an den Krebszellen, lässt sich durch sogenannte Anti-Androgene unterdrücken. Diese Substanzen blockieren den Testosteron-Rezeptor in der Tumorzelle.
Wie erfolgt die Behandlung?
Die vorgestellten Substanzen können
Kombiniert
Einzeln
In Intervallen, sogenannte Intermittierende Therapie verabreicht werden. LHRH-Präparate werden in Spritzenform verabreicht, Anti-Androgene in Tablettenform eingenommen.
Die Wahl des Präparates ist von mehreren Faktoren abhängig: Tumorstadium, Tumoraggressivität, Vortherapien, und bisherigem Therapieansprechen.
Welches sind die Nebenwirkungen?
Das männliche Hormon hat verschiedenste Wirkungen, so ist es z. B. für das Haarwachstum von Körper- und Barthaaren, den Muskelaufbau und die Spermienreifung verantwortlich. Entsprechend lassen sich die Nebenwirkungen einer Hormonentzugstherapie ableiten. Sie ähneln zum Teil den Beschwerden der Frau in den Wechseljahren:
Hitzewallungen und Schweißausbrüche
Verlust der Libido, Erektionsstörungen
Verminderung der Leistungsfähigkeit und des Antriebs
Schmerzen und Vergrößerung der Brustdrüse
Gewichtszunahme, Muskelabbau, erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Knochenabbau (Osteoporose)
Behandlungsziele
Die antihormonelle Behandlung ist keine kurative, also heilende Therapie. Sie zielt darauf ab, den Tumor zu kontrollieren und das Voranschreiten der Krankheit zu verlangsamen. Nach einiger Zeit der Hormontherapie entwickeln sich jedoch Tumorzellen, die hormonunabhängig wachsen können, so dass eine Therapie mit anderen Substanzen erforderlich wird (Chemotherapie).
Chemotherapie
Für Patienten mit Tumorerkrankungen, bei denen der Krebs bereits gestreut hat, kann eine Chemotherapie eine mögliche Therapie sein. In Abhängigkeit vom betreffenden Organ gibt es unterschiedliche Substanzen, die verwendet werden. Im ausführlichen Gespräch und in Zusammenschau der vorliegenden Befunde wird die entsprechende Therapie im Rahmen der Tumorsprechstunde festgelegt.
Die Art und Länge der Behandlung ist abhängig von der Tumorart und vom Tumorstadium. Chemotherapien können z.B. als Tablettenform eingenommen werden. Andere Substanzen müssen über Blutgefäße verabreicht werden. Hier wird die Substanz entweder während eines Tages (ambulant) oder aber über mehrere Tage (stationär) verabreicht.
In regelmäßigen Abständen wird das therapeutische Ansprechen mittels Blutwertekontrolle oder mittels Bildgebung (z.B. Computertomographie) kontrolliert.
Die im Folgenden beschriebenen Therapien werden entsprechend der nationalen sowie auch internationalen Leitlinien der urologischen Gesellschaften empfohlen und angewandt. Darüber hinaus besteht für eine ausgewählte Gruppe von Patienten die Möglichkeit an Studien teilzunehmen. Weitere Informationen hierzu finden Sie u.a. auch unter Forschung/Klinische Studien.
Blase, Harnleiter, Nierenbecken
Therapie über die Vene
Gemcitabine/Cisplatin Schema: 4 Tage stationär und 1 Tag ambulant
Gemcitabine Paclitaxel Schema: einmalig ambulant
Gemcitabine Mono: ambulant
Javlor: ambulant
Bei Blasentumoren besteht ggf. auch die Möglichkeit der Therapie durch Einbringen von Medikamenten direkt in die Blase: MMC (Mitomycin C), BCG
Prostata
Therapie über die Vene
Docetaxel: ambulant wöchentlich oder alle 3 Wochen
Cabacitaxel: ambulant
Therapie als Tablette
Zytiga
Hoden
Therapie über die Vene
Carboplatin Mono: ambulant
BEP (Bleomycin-Etoposid-Cisplatin) : 8 Tage stationär + 1 Tag ambulant
PEI (Cisplatin- Etoposid-Ifosphamid): 8 Tage stationär + 1 Tag ambulant
TIP (Taxol- Ifosfamid-Cisplatin: 8 Tag stationär
Penis
Therapie über die Vene
Taxol, Cisplatin, 5-FU: 8 Tage stationär
Niere
Therapie über die Vene
Temsirolimus: ambulant
Bevacizumab + Interferon: ambulant
Therapie als Tablette
Sunitinib
Sorafenib
Pazopanib
Everolimus
Immunmonitoring
In Kooperation mit der Klinik für angewandte Zelltherapie am UKSH