Harnsteine (Urolithiasis)
Urolithiasis nennt man das Vorhandensein von Harnsteinen in der Niere, dem Harnleiter oder der Blase. Diese Steine entstehen aus verschiedenen Ursachen. Abhängig von ihrer Position und Größe gibt es unterschiedliche Behandlungsmethoden. Nieren- und Harnleitersteine bilden sich immer in der Niere und können dort Beschwerden auslösen (Nierenstein) oder in den Harnleiter wandern und diesen blockieren (Harnleiterstein). Nieren- und Harnleitersteine sind oft schmerzhaft. Der Schmerz hängt von Lage und Form der Steine ab. Wenn ein Stein den Urinfluss blockiert, können starke Schmerzen (Nierenkolik) auftreten, die in die Flanke oder den Unterbauch ausstrahlen. Diese Schmerzen sind oft wellenförmig und können von Übelkeit und Erbrechen begleitet sein. Dies ist ein Notfall – suchen Sie sofort einen Arzt oder ein Krankenhaus auf.
Wie häufig und warum treten Harnsteine auf?
In Deutschland erkranken ca. 4% der Bevölkerung im Laufe ihres Lebens einmalig oder mehrfach an Harnsteinen, d.h. 3.2 Mio. Menschen in Deutschland sind während ihres Lebens von einer Steinerkrankung betroffen. Die Steinbildung wird oftmals von den Lebensgewohnheiten, vor allem von der Ernährung und dem Trinkverhalten begünstigt. Kurz gefasst kann man sagen, dass eine zu hohe Kalorienzufuhr und eine zu geringe Trinkmenge das Risiko Steine zu bilden erhöhen. Auch genetische Ursachen oder auch anderen Erkrankungen, z.B. des Darms können zu einem erhöhten Risiko Stein zu bilden führen.
Wo bilden sich Harnsteine?
Harnsteine bilden sich in den Nieren und können vor dort in den Harntrakt gelangen. Beim Abgang der Steine über den Harnleiter in die Blase können die Steine im Harnleiter „stecken bleiben“ und eine Kolik verursachen.
Welche Beschwerden sind für Harnsteine typisch?
Harnsteine können unterschiedliche Beschwerden hervorrufen, die von kaum bemerkbaren Bauch- oder Rückenschmerzen bis zu stärksten, wellenförmigen Schmerzen (den sog. Koliken) reichen. Kleine Steine in der Niere rufen Koliken im Bereich der Flanke hervor. Treten die Steine in den Harnleiter ein, kommt es zur Ausstrahlung der Schmerzen in den Unterbauch bis in die Genitalien. Große Steine in der Niere verursachen dagegen meist nur geringe, unklare Rückenschmerzen. Sie können trotzdem das Nierengewebe schädigen und zu lebensgefährlichen Entzündungen führen.
Diagnostik
Bei charakteristischen Beschwerden wird der Arzt/ die Ärztin als ersten Schritt eine Ultraschalluntersuchung durchführen. Hierbei kann die Lage des Steins in der Niere sehr gut bestimmt werden. Ein Urinaufstau kann ein indirektes Anzeichen für einen Harnleiterstein sein, der ein Abflusshindernis bildet. Nach dieser schnellen, nur wenige Minuten dauernden Untersuchung erhalten die Patienten eine Schmerzmedikation und eine Röntgenuntersuchung (Computertomographie), um die Verdachtsdiagnose endgültig zu bestätigen. Anhand der vorliegenden Befunde kann dann die Therapie geplant werden. Diese richtet sich nach der Art der Beschwerden, Steingröße und Lage und begleitenden Symptomen, wie z.B. Entzündungen oder Auswirkungen auf die Nierenfunktion.
Therapie
Urinableitung bei Harnstau
Harnleiterschiene (DJ-Schiene)
Die DJ-Harnleiterschiene ist ein dünner und weicher Kunststoffschlauch, mit wenigen mm Durchmesser. Es wird in den Harnleiter (zwischen Blase und Niere) platziert, um den Urin am Stein vorbeizuleiten.
Weitere Informationen im Video:
Nierenfistel (Nephrostomie)
Die perkutane Nephrostomie (Nierenfistel) ist ein Verfahren zur Ableitung des gestauten Urins aus dem Nierenbecken unter Verwendung eines über die Haut eingeführten dünnen Kunststoffschlauchs. Dieses wird unter Ultraschall- und/oder Röntgenkontrolle in der Niere platziert, und beseitigt den Harnstau.
Nierensteinzertrümmerung durch die Haut (ESWL)
Bei der Stoßwellenlithotripsie (ESWL) werden Nierensteine von außen zertrümmert. Fokussierte Stoßwellen zerbrechen den Stein, dessen Fragmente dann mit dem Harn ausgeschieden werden. Der Erfolg hängt von verschiedenen Faktoren ab. Während der Behandlung liegen Sie auf dem OP-Tisch und der Stein wird durch Ultraschall oder Röntgen lokalisiert. Die Methode kann ohne Anästhesie durchgeführt werden, oft sind jedoch Schmerzmittel und mehrere Sitzungen erforderlich. In einigen Fällen ist eine ESWL nicht möglich, Ihr Arzt wird dies mit Ihnen besprechen.
Nieren- und Harnleitersteinbehandlung, endoskopisch (Ureterorenoskopie)
Die Ureteroskopie (URS) ist die bevorzugte Methode zur Behandlung von kleinen bis mittelgroßen Nierensteinen in den Harnwegen. Der Eingriff erfolgt unter leichter Vollnarkose, wobei ein dünnes Sichtgerät durch die Harnröhre in den Harnleiter oder die Niere eingeführt wird. Mit Kameras und Röntgen identifiziert der Arzt den Stein, der dann mit einem "Steinfangkörbchen" entfernt oder per Laser zertrümmert wird. Moderne Geräte erreichen jeden Punkt im Harntrakt und entfernen Steine effektiv in einem einzigen Eingriff.
Weitere Informationen im Video:
Perkutane (über die Haut) Nierensteintherapie (PCNL)
Die PCNL (perkutane Nierensteintherapie) ist ein operativer Eingriff zur Entfernung großer Nierensteine. Diese Methode ermöglicht die Entfernung auch sehr großer Steine mit einer einzigen Operation, jedoch bei erhöhter Invasivität. Bei der PCNL schafft der Arzt oder die Ärztin einen Zugang zur Niere und zum Stein. Dieser Zugang wird so weit erweitert, dass der Stein mit einem Sichtgerät (Nephroskop) entfernt oder zerkleinert (z.B. Laser oder Ultraschall) werden kann. Nach dem Eingriff kann ein DJ-Stent und/oder eine Nierenfistel platziert werden, um sicherzustellen, dass der Urin aus der Niere abfließen kann.
Weitere Informationen im Video:
Wie kann man das (Wieder-)Erkrankungsrisiko verringern?
Harnsteine können erneut auftreten (Rezidiv). Abhängig von der Steinzusammensetzung und den Ursachen bzw. ursächlichen Begleiterkrankungen ist das Risiko unterschiedlich hoch. Allgemeine Empfehlungen beinhalten eine Erhöhung der Trinkmenge, so dass der Urin immer gut verdünnt (klar) ist, eine Reduktion der täglichen Kalorienzufuhr und des Konsums von tierischem Eiweiß sowie eine Verbesserung der körperlichen Bewegung. Durch diese – grob zusammengefasst – gesunde Lebensführung lässt sich das Risiko erneut Stein zu bilden deutlich verringern, aber nicht ausschließen.
Abhängig von der Steinzusammensetzung und den individuellen Risikofaktoren der Patienten, gilt es eine persönliche Empfehlung für die Risikoreduktion zur erneuten Steinbildung zu definieren. Hier wird ihr Urologe/ihre Urologin einen detailierten Plan mit Ihnen festlegen.