Was ist eine Eileiterschwangerschaft?
Die Diagnose einer ektopen Schwangerschaft ist gewöhnlicherweise eine Überraschung und oft ein seelisches Trauma. Viele Frauen beschäftigen sich schon mit der Planung ihrer Entbindung, wenn die Diagnose gestellt wird. Andere Frauen mit einer ektopen Schwangerschaft wussten bis dahin nicht, dass sie schwanger sind und werden plötzlich mit der Möglichkeit eines operativen Eingriffes oder einer medikamentösen Behandlung konfrontiert. Der nachfolgende Text soll Ihnen Informationen über die Diagnostik und Behandlung von ektopen Schwangerschaften geben.
Definition
Eine ektope Schwangerschaft betrifft 1 – 2 % aller Konzeptionen. Bei einer ektopen Schwangerschaft handelt es sich um einen frühen Embryo (befruchtete Eizelle), der sich außerhalb der Gebärmutter, dem normalen Sitz der Implantation, befindet.
Bei einer normalen Schwangerschaft wird die Eizelle durch das Spermium im Eileitertrichter befruchtet. Der daraus resultierende Embryo bewegt sich durch den Eileiter und erreicht die Gebärmutter 3 bis 4 Tage später. Wenn jedoch die Eileiter verschlossen oder geschädigt sind und somit den Embryo nicht zur Gebärmutter transportieren können, nistet sich der Embryo im Eileiter ein und es resultiert daraus eine Eileiterschwangerschaft.
Der Eileiter kann jedoch nicht wie die Gebärmutter den wachsenden Embryo ernähren. Nach einigen Wochen wird daher der Eileiter platzen und bluten und somit eine bedrohliche Situation herbeiführen.
Ungefähr 95 % aller ektopen Schwangerschaften nisten sich im Eileiter ein. Einnistungsorte können aber auch der Gebärmutterhals (Cervix), die Eierstöcke (Ovarien) oder dieBauchhöhle (Abdomen) sein. Bauchhöhlenschwangerschaften sind extrem selten und werden oft sehr spät erkannt. Eine Entbindung ist dann nur mit einem Bauchschnitt möglich.
Auch der Eierstock gehört zu den seltenen Einnistungsorten. Die Eierstocksschwangerschaft unterscheidet sich meist im Ultraschallbild und auch in der Symptomatik nicht wesentlich von der Eileiterschwangerschaft und wird daher meist erst bei der Bauchspiegelung erkannt.
Hier befindet sich die Schwangerschaft im linken Eierstock woher es auch kräftig blutet.
Alle diese, sich außerhalb der Gebärmutter entwickelnden Schwangerschaften, bezeichnet man als extrauterine Graviditäten (EU, EUG; extra = außerhalb ; uterus = Gebärmutter).
Eine der am häufigsten gestellten Fragen von Frauen mit einer ektopen Schwangerschaft ist, ob der Embryo nicht aus dem Eileiter entfernt und dann in die Gebärmutter eingesetzt werden kann, um normal weiter zu wachsen. Dies ist leider mit den derzeitigen medizinischen Möglichkeiten nicht zu realisieren.
Ursachen
Frauen mit vorangegangenen Veränderungen am Eileiter entwickeln häufiger ektope Schwangerschaften. Untersuchungen besagen, dass 50 % aller ektopen Schwangerschaften mit Veränderungen der Eileiter verbunden sind.
Tubenveränderungen sind häufig das Resultat früherer Infektionen des kleinen Beckens, z.B. Gonorrhö, Chlamydieninfektion oder andere sexuell übertragbare Erkrankungen. Tubenveränderungen resultieren aber ebenso aus einer Endometriose, Blinddarmentzündung und früheren operativen Eingriffen im Bauchraum.
Frauen, die zuerst eine Eileitersterilisation hatten und später diese
wieder rückgängig gemacht wurde oder mit anderen Arten von Eingriffen am Eileiter, haben ebenso ein höheres Risiko für eine ektope Schwangerschaft.
Oftmals gibt es allerdings keine einleuchtende Erklärung, warum eine ektope Schwangerschaft auftrat. Bekannt ist allerdings, dass Frauen mit einer ektopen Schwangerschaft bei der nächsten Schwangerschaft ein erhöhtes Risiko haben, dass wieder eine solche auftritt. Es ist daher wichtig, dass bei einer nächsten Schwangerschaft diese bereits im Frühstadium sorgfältig überwacht wird.
Symptome
Verlängerte oder auffällige Menstruationsblutungen können ein frühes Zeichen für eine ektope Schwangerschaft sein. Wenn eine Schwangerschaft festgestellt ist, können abweichende Werte des Schwangerschaftshormons (ß-hCG), Unterbauchschmerzen und/oder irreguläre Blutungen später in der Schwangerschaft auf eine ektope Schwangerschaft hinweisen. Wenn eine Frau weiß oder vermutet, dass sie schwanger ist und hat Unterbauchschmerzen, sollte sie ihren Arzt aufsuchen, auch wenn die Schmerzen abnehmen oder ganz verschwinden. Manchmal wird auch der Verdacht auf eine ektope
Schwangerschaft geäußert, wenn während der Ultraschalluntersuchung kein Embryo innerhalb der Gebärmutter gefunden wird. Bis heute werden ektope Schwangerschaften oft nicht bis zur 6. oder 8. Woche diagnostiziert, wenn die Patientin Unterbauchschmerzen angibt, irreguläre vaginale Blutungen hat oder mögliche interne Blutungen aufweist. Unter diesen Umständen ist häufig eine Notfall-Operation notwendig, um die Schwangerschaft zu entfernen und die Blutungen zu stoppen. Glücklicherweise werden die meisten ektopen Schwangerschaften früher diagnostiziert, meist, bevor die Patientin akute Probleme ntwickelt. Dies ist möglich durch die Anwendung sensibler Hormontests und durch die Ultraschalluntersuchung.
Diagnostik
Die Untersuchungen, die am meisten zur Diagnostik einer frühen ektopen Schwangerschaft benutzt werden, beinhalten die Messung des Schwangerschaftshormons (ß-hCG), die Ultraschalluntersuchung und die Bauchspiegelung.
Schwangerschaftshormon (ß-hCG)
In einer normalen Schwangerschaft sollte sich der Blutwert von ß-hCG einem Hormon, das von dem Mutterkuchen (Plazentagewebe) produziert wird, alle 48 Stunden verdoppeln. Sollte sich ein entsprechender Anstieg nicht zeigen, bedeutet dies, dass die Schwangerschaft nicht gesund ist und in einer Fehlgeburt oder in einer ektopen Schwangerschaft enden kann.
Wiederholte Messungen des ß-hCG-Wertes sind allerdings notwendig, bevor eine sichere Aussage getroffen werden kann.
Ultraschalluntersuchung
Die Ultraschalluntersuchung kann sehr früh unterscheiden, ob eine Schwangerschaft in der Gebärmutter ist oder nicht. Die Ultraschalluntersuchung durch die Scheide ist dabei deutlich genauer als die Ultraschalluntersuchung durch die Bauchdecken. Im Ultraschallbild kann sich auch Flüssigkeit bzw. Blut im Bauchraum darstellen, das auf eine blutende ektope Schwangerschaft hinweisen kann. Oft kann die Kombination aus Ultraschalluntersuchung, ß-hCG und/oder Progesteron-Bestimmung die Diagnose einer ektopen Schwangerschaft sichern, ohne dass eine Bauchspiegelung oder Ausschabung notwendig sind.
Laparoskopie
In vielen Fällen ist eine Bauchspiegelung notwendig, um die Diagnose einer ektopen Schwangerschaft zu sichern oder oftmals auch gleich zu behandeln. Die Bauchspiegelung wird gewöhnlicherweise in einer Klinik unter Allgemeinnarkose durchgeführt.
Neben dem Laparoskop, das durch den Nabel eingeführt wird, sind bei der Behandlung meist noch zwei kleine Schnitte im Schamhaarbereich nötig, durch die Zusatzinstrumente eingebracht werden.
Curettage
Zeigt das Ergebnis der Blutuntersuchung und der Ultraschalluntersuchung eine nicht intakte Schwangerschaft, d.h. ein Embryo, der sich nicht erfolgreich in die Gebärmutterschleimhaut eingenistet hat, wird eine vorsichtige Ausschabung des Inneren der Gebärmutter empfohlen. Dieser Eingriff kann sowohl in der Klinik als auch in einer Praxis erfolgen. Das entfernte Gewebe wird sorgfältig untersucht. Findet sich Schwangerschaftsgewebe, ist eine ektope Schwangerschaft sehr unwahrscheinlich. Findet sich kein Anhalt für Schwangerschaftsgewebe, muss eine ektope Schwangerschaft bedacht werden.
Behandlung
Operative Behandlung
Für viele Jahre war die Behandlung der Eileiterschwangerschaft mit einer Laparotomie (Bauchschnitt) zur Entfernung des betroffenen Eileiters und manchmal auch des benachbarten Eierstockes verbunden. Wird die Diagnose früh gestellt, kann bei vielen Eileiterschwangerschaften sowohl der Eileiter als auch der Eierstock erhalten werden. Bei diesem als Salpingostomie bezeichneten Eingriff wird der erkrankte Eileiter, also der mit der ektopen Schwangerschaft, geschont. Dabei wird der betroffene Eileiter eröffnet und das Schwangerschaftsgewebe entfernt. Bei diesem Vorgehen besteht allerdings das Risiko, das Schwangerschaftsgewebe im Eileiter verbleibt und weiter wächst. Dies tritt in 5 – 15 % auf und erfordert einen nochmaligen Eingriff mit Entfernung des betroffenen Eileiters oder eine medikamentöse Therapie. Wenn der Teil des Eileiters, der die ektope Schwangerschaft enthält, nicht erhalten werden kann, wird eine sogenannte partielle Salpingektomie vorgenommen. Bei dieser Operation wird nur der Teil des Eileiters entfernt, der die ektope Schwangerschaft enthält. Möglicherweise in einem späteren Eingriff kann versucht werden, die Tube wieder herzustellen.
Ist der Eileiter stark geschädigt und die Eileiterschwangerschaft fortgeschritten oder ein späterer Kinderwunsch nicht realisiert werden soll, wird eine sogenannte Salpingektomie (Entfernung des kompletten Eileiters) oder seltener eine Salpingo-/Oophorektomie (Entfernung des Eileiters und des Eierstockes) durchgeführt.
Vergleich operative Laparoskopie und Laparotomie für die Behandlung der ektopen Schwangerschaft
Bei der Laparotomie wird gewöhnlicherweise ein kleiner Schnitt im Unterbauch durchgeführt und die Patientin kann nach 2 bis 5 Tage nach der Operation die Klinik verlassen und nach wenigen Wochen ihre Arbeit wieder aufnehmen, je nach Ausmaß des operativen Eingriffes. Heute werden viele dieser Operationen per Bauchspiegelung durchgeführt. Nach der Bauchspiegelung können die Patientinnen meist am nächsten Tag nach Hause gehen, erholen sich dabei schneller und können ihre Arbeit ca. nach einer Woche wieder aufnehmen.
Trotz aller Vorteile der Bauchspiegelung muss auch betont werden, dass nicht alle Eingriffe mit dieser Technik durchgeführt werden können. Insbesondere Notfallsituationen mit ausgedehnten inneren Blutungen können auch heute noch einen Bauchschnitt notwendig machen.
Die Ergebnisse insbesondere für eine nachfolgende Schwangerschaft sind dabei für beide Methoden vergleichbar. Letztendlich spielt die Erfahrung des Operateurs mit einem der beiden Eingriffe eine entscheidende Rolle. Sollte also ein entsprechender Eingriff anstehen, sollten Sie sich, wenn es die Umstände und die verfügbare Zeit erlauben, mit Ihrem betreuenden Arzt über die Vor- oder Nachteile des jeweiligen Eingriffes sowie die Risiken unterhalten.
Medikamentöse Behandlung
In den letzten Jahren hat auch eine nichtchirurgische, d.h. medikamentöse Behandlung der ektopen Schwangerschaft von sich Reden gemacht. Dies wurde auch dadurch begünstigt, dass der Trend eindeutig zu einer früheren Erkennung einer ektopen Schwangerschaft geht. Das dafür gewöhnlicherweise einsetzende Medikament heißt Methotrexat und wurde ursprünglich in der Krebsbehandlung eingesetzt, wenn das bösartige Gewebe von Plazentagewebe abstammt. Dieses Medikament ist sehr effektiv bei der Zerstörung ektopen Schwangerschaftsgewebes und erlaubt es dem Körper, dieses zu resorbieren.
Das Medikament Methotrexat kann sowohl als Einzeldosis in den Muskel gespritzt oder verteilt auf mehrere Dosen über mehrere Tage als Spritzen oder Tabletten gegeben werden.
Eine nicht geringe Anzahl früher Schwangerschaften kann erfolgreich mit diesem Medikament behandelt werden, ohne die Eileiter zu eröffnen. Patientinnen mit einer Leber- oder Nierenerkrankung kommen dabei generell für diese Behandlung nicht infrage.
Gegen den Einsatz dieses Medikamentes bei ektopen Schwangerschaften spricht, dass keine Langzeiterfahrung über Nebenwirkungen vorliegen. Die kurzzeitigen Nebenwirkungen sind gering. Das Medikament kann zeitweise zu Veränderungen der Mundschleimhaut oder andere Schleimhäute im Magen-Darm-Trakt führen und ebenso vorübergehende Leberprobleme bieten. Zusätzlich sollte während der Behandlung die Sonne gemieden werden, da unter einer Methotrexat-Behandlung ein Sonnenbrand sehr leicht auftreten kann. Zu den seltenen Komplikationen gehören die Pneumonie (Lungenentzündung), die Hemmung der Blutplättchen-Produktion, die zu Blutungsproblemen in den ersten 2 Wochen der Methotrexat-Behandlung führen können. Patienten beklagen ebenso gelegentlich Bauchschmerzen für 1 oder 2 Tage, die oft aus der Resorption der ektopen Schwangerschaft resultieren. Wenn die o.b. Symptome auftreten, sollten Sie Ihren Arzt konsultieren. Während der Behandlung sollten des weiteren Alkohol und Vitamine, die Folsäure enthalten, gemieden werden.
Methotrexat ist allerdings nicht immer erfolgreich. Insbesondere bei fortgeschrittenen ektopen Schwangerschaften wird über eine zu hohe Fehlerrate berichtet. Ist die Behandlung erfolgreich, sollten die ß-hCG-Werte innerhalb der nächsten 2 – 6 Wochen den 0-Wert erreichen. Fallen die ß-hCG-Werte über einen entsprechenden Zeitraum nicht, muss die Behandlung wiederholt oder die Schwangerschaft chirurgisch entfernt werden.
Resultate
Die Chancen, nach einer behandelten ektopen Schwangerschaft wieder schwanger zu werden, sind vermindert. Zusätzlich erhöht sich das Risiko für das nochmalige Auftreten einer Tubenschwangerschaft deutlich. Erfreulicherweise gebären aber über die Hälfte der Frauen mit einer stattgehabten ektopen Schwangerschaft zu einem späteren Zeitpunkt ein gesundes Baby. Es wird häufig empfohlen, dass Frauen nach einer ektopen Schwangerschaft 3 oder 6 Monate warten, bevor sie wieder schwanger werden. Da eine ektope Schwangerschaft häufig mit vorbestehenden Erkrankungen des Eileiters vergesellschaftet sind und diese Patientinnen ein erhöhte Risiko haben, nicht wieder schwanger werden zu können, wird oftmals nach anderen Wegen gesucht. Es wird daher empfohlen, dass Frauen, die mehrere Eileiterschwangerschaften hatten, sich einer sogenannten IVF-Behandlung (In Vitro-Fertilisation = sogenannte künstliche Befruchtung) unterziehen. Wenn auch bei dieser Behandlung eine ektope Schwangerschaft nicht komplett ausgeschlossen werden kann, so ist doch das Risiko mit ca. 5 % deutlich geringer.
Der seelische Aspekt
Eine ektope Schwangerschaft ist sowohl eine physische als auch eine seelisch-traumatische Erfahrung. Zusätzlich zu dem Verlust der Schwangerschaft fürchten viele Frauen für die Zukunft, nicht wieder schwanger werden zu können. Die folgenden Gefühle von Traurigkeit und Verlust sind normal. Wut, Traurigkeit, Selbstbeschuldigung, Schuldgefühl und Depressionen sind Teile des Trauerprozesses und müssen erkannt und im wahrsten Sinne des Wortes zur Sprache gebracht werden. In diesem Zusammenhang kann es hilfreich sein, diese Erfahrungen und Gefühle in einer Selbsthilfegruppe mit anderen Betroffenen zu teilen.
Es ist daher eine gewisse Zeit sowohl für die physische als auch für die seelische Heilung notwendig, bevor eine erneute Schwangerschaft angestrebt wird.
Zusammenfassung
Ektope Schwangerschaften befinden sich außerhalb der Gebärmutter, gewöhnlicherweise in den Eileitern. Die frühe Diagnose gestützt auf sensible Hormontests, Ultraschalluntersuchungen, Bauchspiegelung oder Ausschabung ist möglich. Moderne chirurgische und medikamentöse Behandlungsverfahren erlauben häufig, den betroffenen Eileiter zu erhalten und ausgedehnte chirurgische Eingriffe zu vermeiden. Nichts desto trotz ist das Risiko für eine wiederholte ektope Schwangerschaft erhöht. Die meisten Frauen haben allerdings auch später die Möglichkeit, wieder schwanger zu werden entweder auf natürlichem Wege oder mit Hilfe der assistierten Reproduktionsmedizin (IVF).