Clinician Scientist-Programme in Kiel und Lübeck – ein großer Gewinn auch für die Tumormedizin
Die Vernetzung von Forschung, Lehre und Krankenversorgung ist eine Kernaufgabe von Universitätskliniken, die ohne forschende Ärztinnen und Ärzte nicht möglich ist. Allerdings geht seit Jahren der Anteil der Mediziner*innen zurück, die diesen Karriereweg einschlagen, da im normalen klinischen Alltag kaum Zeit für ehrgeizige Forschungsprojekte bleibt. Auch fehlte es lange an hinreichend sichtbaren, verlässlichen und attraktiven Karrierewegen für Clinician Scientists. Deshalb ist es eine zentrale Aufgabe der universitären Medizin, die Attraktivität dieses Berufsbildes zu steigern, um forschenden Ärzt*innen zu ermöglichen, Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung in die Krankenversorgung zu übertragen.
Aus diesem Grund haben die Medizinischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und die Sektion Medizin der Universität zu Lübeck zusammen mit dem UKSH strukturierte Clinician Scientist-Programme ins Leben gerufen. In Kiel koordiniert diese Programme die „Clinician Scientist Academy Kiel“ (Ansprechpartner: Prof. Kunzendorf), in Lübeck die „Clinician Scientist School Lübeck“ (Ansprechpartner: Prof. Sadik). An beiden Standorten wurden integrierte fachärztliche und wissenschaftliche Curricula mit der Landesärztekammer abgestimmt und ermöglichen eine verlässliche und strukturierte Facharztausbildung sowie geschützte Forschungszeiten. Am Ende der Programme steht die abgeschlossene Facharztausbildung und idealerweise die erfolgreiche Habilitation.
Regelmäßig gibt es an beiden Standorten Ausschreibungen, auf die sich Ärzt*innen sowohl am Beginn als auch als Quereinsteiger in späteren Phasen ihrer Facharztweiterbildung bewerben können.
Begehrt sind die Programme deshalb, weil sie geschützte Forschungszeiten von bis zu 50 %, z. T. bis zur Facharztreife ermöglichen. Alle Programmteilnehmenden werden während ihrer Projektarbeit von klinischen und wissenschaftlichen Betreuer*innen intensiv begleitet. Darüber hinaus gibt es auf den individuellen Karrierewegen spezifische Weiterbildungsangebote und einen intensiven interdisziplinären Austausch durch die Organisation regionaler Treffen wie Research Days und Retreats.
Ein großer Gewinn für die Tumormedizin des UKSH an beiden Standorten ist, dass rund ein Viertel der Stipendiat*innen an krebsspezifischen Fragen forscht. Im Folgenden stellen die Kieler und Lübecker Clinician Scientists, die an hämato-onkologischen Fragestellungen arbeiten, sich und ihre Projekte kurz vor.
Dr. med. Lorenz Bastian
Mein Interesse gilt innerhalb der Klinik für Innere Medizin II, Hämatologie und Onkologie, den Prinzipien der Leukämie-Entstehung am Beispiel der Akuten Lymphoblastischen Leukämie (ALL). Ich möchte verstehen, wie sich die leukämische Transformation funktioneller Regulationen aus der gesunden Lymphopoese bedient und welche neuen Therapieansätze sich daraus ergeben können. Durch integrative Analyse von Genom-, Transkriptom- und Methylom-Profilen konnten wir die Landschaft genomischer Treiber-Alterationen und ihrer Genregulation in der ALL des Erwachsenenalters charakterisieren (Bastian L et al. Leukemia, 2019). Dabei haben wir einen neuen molekularen Erkrankungssubtyp mit günstigem Risiko-Profil (PAX5-plus ALL) identifiziert. Laufende Projekte beschäftigen sich nun mit dem Versuch, besondere Treiber-Konstellation für weitergehende funktionelle Analysen mittels CRISPR/Cas9 genome editing in Zelllinien und in gesunden B Vorläuferzellen zu modellieren. Basierend auf unserer Referenz-Kohorte von inzwischen über 500 erwachsenen ALL-Patienten sind wir am Hämatologielabor Kiel gemeinsam mit der GMALL Studiengruppe dabei, die Transkriptom-Sequenzierung als neuen umfassenden diagnostischen Standard für die ALL des Erwachsenenalters zu etablieren. Meine Erfahrungen in der Analyse von Hochdurchsatz-Sequenzierungen bringe ich darüber hinaus in das Campus-übergreifende molekulare Tumorboard ein, das wir innerhalb des UCCSH entwickeln, um therapeutische Optionen für Patienten mit weit fortgeschrittenen oder seltenen Tumorerkrankungen zu entwickeln.
Dr. med. Guranda Chitadze
Neben meiner klinischen Tätigkeit war es sehr schwer, meine Forschungsinteressen und akademischen Ziele weiterzuverfolgen. Deshalb trat ich 2019 dem „Clinician Scientist Program in Evolutionary Medicine“ (CSEM) bei. Durch geschützte Zeit für die Forschung, das strukturierte Weiterbildungscurriculum und das für eine akademische Karriere notwendige Soft Skills Training ermöglicht mir das CSEM einen sicheren Weg zur Habilitation und zur Fachärztin für Hämatologie und Onkologie. Zusätzlich ermöglicht das CSEM die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Mein Forschungsschwerpunkt liegt im Bereich der akuten lymphatischen Leukämien (ALL) der B-Zell Reihe, einer aggressiven Art von Blutkrebs, und deren Interaktion mit dem Immunsystem. Auch unter Einsatz immuntherapeutischer Ansätze rezidiviert ein relevanter Anteil der Patienten oder spricht nicht auf die Behandlung an. Im Gegensatz zur Chemotherapie, die vorwiegend stark proliferierende Zellen abtötet, zielt die Immuntherapie (T-Zell aktivierende Therapieansätze) auf alle Zellen ab, die das Zielantigen (z. B. CD19) exprimieren. Entsprechend unterscheidet sich der Verlauf von minimaler Resterkrankung unter diesen beiden Therapieansätzen. Im Rahmen der CSEM in Kooperation mit dem Max Planck Institut für Evolutionsbiologie (unter Betreuung von Prof. Monika Brüggemann, Hämatologie Labor Kiel, Medizin II, UKSH Kiel und Prof. Arne Traulsen, Max Planck Institut für Evolutionsbiologie Plön) modellieren wir den Verlauf von minimaler Resterkrankung unter Chemo- vs. immuntherapeutischen Ansätzen bei der ALL, um die bestmöglichen Therapiesequenzen mit optimalem Outcome zu finden. Die immunphänotypische und genetische Charakterisierung von T-Zellen sowie leukämischer Zellen mittels Durchflusszytometrie, Hochdurchsatzsequenzierung und Einzelzell-RNA-Sequenzierung ermöglicht uns, die Wirkungs- und Resistenzmechanismen dieser neuartigen Therapieansätze besser zu verstehen und Patientenkohorten besser zu identifizieren, die von der Behandlung profitieren können und den Outcome zu optimieren.
Dr. med. Björn-Thore Leonhard Hansen
Seit dem 1. Januar 2020 bin ich als Clinician Scientist und Arzt in Weiterbildung zum Facharzt für Innere Medizin und Hämatologie und Onkologie an der Klinik für Innere Medizin II am Campus Kiel tätig.
Akute lymphoblastische Leukämien entwickeln sich als maligne Transformationen aus frühen Stadien der Lymphopoese und weisen eine ungünstige Prognose auf, da für weniger als 50 % der erwachsenen Patienten ein Langzeitüberleben erreicht werden kann. In meinem Projekt "Evolution of oncogenic signaling in acute lymphoblastic leukemia", das ich im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten „Clinician Scientist Program in Evolutionary Medicine“ (CSEM) verfolge, beschäftige ich mich in Kooperation mit dem Institut für klinische Molekularbiologie (IKMB) der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel mit der Genexpression gesunder Lymphozytenvorläuferzellen sowie der Genexpression der zu den Vorläuferstadien korrespondierenden Formen von akuten lymphoblastischen Leukämien. Ziel ist es, die zellulären Entwicklungsursprünge der verschiedenen molekularen Subgruppen zu ergründen und Leukämie-spezifische Genexpressionsmuster aufzudecken, die sich von denen der physiologischen Lymphopoese unterscheiden. So sollen mögliche therapeutische Zielstrukturen identifiziert werden, um die Therapiemöglichkeiten für Patientinnen und Patienten mit akuten lymphoblastischen Leukämien in Zukunft besser und zielgerichteter gestalten zu können.
Dr. med. Aeint-Steffen Ströh
Ich arbeite an der Klinik für Innere Medizin mit Schwerpunkt Hämatologie und Onkologie am UKSH, Campus Kiel und befinde mich derzeit im dritten Jahr meiner Ausbildung zum Facharzt für Innere Medizin und Hämatologie/Onkologie. Seit Ende letzten Jahres nehme ich an dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten „Clinician Scientist Program in Evolutionary Medicine“ (CSEM) teil. Das CSEM ermöglicht es mir, neben der zeitintensiven klinischen Tätigkeit, meine weitere Facharztausbildung mit Forschungsaktivitäten zu verbinden. Durch ständige Fort- und Zusatzausbildungen werden zudem nützliche Methoden und Kompetenzen für die weitere berufliche Laufbahn vermittelt und ein fachübergreifendes Netzwerken ermöglicht. Mein Forschungsprojekt beschäftigt sich mit spezifischen, oftmals krebsassoziierten und erworbenen Erbgutveränderungen (Mutationen) in Blutstammzellen, ohne dass eine Blut- oder Krebserkrankung bei betroffenen Menschen zu diesem Zeitpunkt festgestellt werden kann. Diese potentiellen Krebsvorstufen nennt sich klonale Hämatopoese und lässt sich als häufiges altersassoziiertes Phänomen bei rund 10-15% von 70-jährigen Menschen nachweisen. Sie steht interessanterweise auch mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen und entzündlichen Prozessen im Zusammenhang. Unter dem Mentoring von Prof. Monika Brüggemann (Klinik für Innere Medizin II, UKSH Kiel) und Prof. Arne Traulsen (Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie Plön) forsche ich an der klonalen Hämatopoese mit Schwerpunkt auf den Entstehungsprozess und Therapieverlauf bei bestimmten Formen von Blut- und Lymphdrüsenkrebs und Diabetes mellitus im Entzündungskontext. Mithilfe der gewonnenen Erkenntnisse sollen präzise Therapieoptionen und risikoadaptierte Strategien bei Menschen mit klonaler Hämatopoese entwickelt werden.
Dr. med. Anna Maxi Wandmacher
Seit dem 01.05.2020 arbeite ich als Clinician Scientist und Ärztin in Weiterbildung zur Fachärztin für Innere Medizin und Hämatologie und Onkologie in der Klinik für Hämatologie und Onkologie am Campus Kiel. In meinem Projekt „Analyse der Evolution molekularer und immunologischer Resistenzmechanismen gastrointestinaler Tumoren“ beschäftige ich mich mit der Entstehung von Resistenzmechanismen gegen etablierte und experimentelle medikamentöse Tumortherapien im Pankreaskarzinom und kolorektalen Karzinom. Besondere Schwerpunkte liegen hierbei auf der Rolle des Immunsystems und die Etablierung patienten-naher in-vitro Modelle, sogenannter Organoide, um bessere Vorhersagen über ein mögliches Therapieansprechen zu treffen. Das langfristige Ziel ist dabei, zur Entwicklung passgenauerer und personalisierter Therapiekonzepte beizutragen.
Dr. med. David Baden
Seit Mai 2021 bin ich Mitglied in dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten „Clinician Scientist Program in Evolutionary Medicine“ (CSEM). Dieses Programm ermöglicht es mir, die Ausbildung zum Facharzt für Innere Medizin, Hämatologie und Onkologie an der Klinik für Innere Medizin II am Campus Kiel mit meinen Forschungsinteressen zu verbinden.
Im Rahmen meiner Forschungstätigkeit möchte ich zu einem besseren Verständnis über die Entstehung, Klassifikation und Behandlung der akuten myeloischen Leukämie (AML) beitragen. Die AML als Erkrankung des Knochenmarks ist mit einem mittleren Erkrankungsalter von 65 bis 75 Jahren vor allem eine Erkrankung der älteren Bevölkerungsgruppen. Insbesondere vor dem Hintergrund einer immer älter werdenden Bevölkerung wird diese eigentlich seltene Erkrankung in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen. Innerhalb der letzten 10-20 Jahre konnten durch neue Einblicke in die genetischen Hintergründe große Fortschritte beim Verständnis für die Entstehung der AML erzielt werden. Viele der gewonnenen Erkenntnisse haben bereits Einzug in die tägliche klinische Routine in Form von verbesserten Therapiemöglichkeiten gehalten. Neben den zahlreichen bereits gut klassifizierten genetischen Mutationen rücken auch immer mehr die epigenetischen Veränderungen des Erbguts in den Fokus des wissenschaftlichen Interesses. Diese Veränderungen scheinen vor allem Einfluss auf die Genexpression, also die Ablesemechanismen des Erbgutes zu nehmen und dadurch den Krankheitsverlauf zu steuern.
Wir möchten diese epigenetischen Veränderungen in Form von Veränderungen der dreidimensionalen Struktur des Erbgutes genauer untersuchen. Ziel unseres Projekts ist ein besseres Verständnis des Effekts von bekannten Mutationen der AML auf die spezifische Form der DNA, die Rolle dieser Strukturänderungen bei der Entstehung, Aufrechterhaltung und Evolution der Erkrankung zu klassifizieren und aus diesen Erkenntnissen Rückschlüsse auf die Entstehung von Resistenzmechanismen gegen bekannte Therapien der AML zu ziehen. Aus den dabei gewonnenen Einblicken ergeben sich möglicherweise neue Therapieansätze, welche im Sinne eines translationalen Forschungsansatzes rasch in verbesserte Behandlungskonzepte für Patienten mit einer akuten myeloischen Leukämie umgesetzt werden sollen.
Dr. med. Tim Versteegen
Dr. med. Karin Huber
Dissection of the human bone marrow niche under transformation by acute leukemia and treatment.
Am 01.04.2022 durfte ich als Ärztin in Weiterbildung für Innere Medizin, Hämatologie und Onkologie meine erste klinische Stelle am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) Campus Kiel antreten. Drei Monate später erfolgte der offizielle Beitritt zum Clinician Scientist Programm im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Klinischen Forschungsgruppe „CATCH-ALL“.
Der primäre Forschungsschwerpunkt der KFO ist die akute lymphatische Leukämie (ALL). Das Ziel geht jedoch diese über Leukämieart hinaus: „We want to catch all“. Daher beschäftigt sich mein Projekt mit der akuten myeloischen Leukämie (AML), genauer gesagt mit den Veränderungen der hämatopoetischen Nische unter der Erkrankung.
Das Knochenmark entsteht durch die komplexe Interaktion verschiedener Zelltypen, welche hoch spezialisierte Nischen bilden. Normalerweise gewährleisten diese Nischenzellen zusammen mit hämatopoetischen Zellen die Bildung und den Erhalt des blutbildenden Systems. AML-Zellen wandern in das Knochenmark ein und formen es zu ihren Gunsten um. Dabei verliert es zunehmend seine ursprüngliche Funktion. In meinem Projekt sollen Veränderungen der menschlichen Knochenmarksarchitektur und -nischenzusammensetzung unter Erkrankung und Therapie genauer charakterisiert werden. Durch die Identifikation entscheidender Umbaumechanismen könnten potenzielle Angriffspunkte für neue Therapien etabliert werden.
Dr. med. Dennis Das Gupta
Funktionelle Module der onkogenen Signaltransduktion in B-Vorläuferzellen
Die akute lymphoblastische Leukämie der B-Vorläuferzellen (B cell progenitor acute lymphoblastic leukemia, BCP-ALL) weist häufig einen präB Zell Phänotyp auf, was auf eine besondere Anfälligkeit dieses Zellstadiums hindeutet. Zwei Signalwege wachen über das Gleichgewicht zwischen Differenzierung und Proliferation in diesem Stadium: der präB-Zellrezeptor (präBZR) sowie der Interleukin-7-Rezeptor α (IL-7Rα). Beide Rezeptorsignalwege sind im Rahmen der BCP-ALL häufig onkogen verändert. In meinem Clinician Scientist Projekt untersuche ich gemeinsam mit Kolleg:innen der Klinischen Forschungsgruppe „CATCH ALL“ die Immunbiologie sowohl des präBZR als auch des IL-7Rα und analysiere ihre Rolle als Treiber der BCP-ALL.
Mittels retroviraler Transduktion von primären murinen präB-Zellen überexprimieren wir sowohl dominant-negative als auch konstitutiv-aktive Mutanten wichtiger Signalmoleküle, die am präBZR- oder am IL-7Rα-Signalweg beteiligt sind. Dadurch erwirkte Veränderungen der Proliferation und der nachgeschalteten Signalübertragung werden mittels Durchflusszytometrie und Western Blotting untersucht. Im Sinne funktioneller Untersuchungen verwenden wir Transkriptom-Sequenzierungen, um zu evaluieren wie unsere künstlichen Modulationen den Phänotyp von präB-Zellen an den von Leukämiezellen annähern. Schließlich verwenden wir adoptiven Transfer von in vitro modulierten präB-Zellen in bestrahlte immundefiziente Mäuse, um das onkogene Potenzial dieser Zellen in vivo zu ermitteln.
Die Ergebnisse des Projektes dienen der Evaluierung eines Modells der onkogenen Signalübertragung in der BCP-ALL und könnten dazu beitragen unser Verständnis der Leukämieentstehung zu erweitern.
Dr. med. Julia Frimmel
Neben meiner klinischen Tätigkeit in der Klinik für Hämatologie und Onkologie, insbesondere der Sektion für Stammzelltransplantation und zellulärer Immuntherapie, bietet das Clinician Scientist Programm mir die Möglichkeit mich wissenschaftlich mit der Biologie der
extramedullären Rezidive der Akuten myeloischen Leukämie (AML) zu beschäftigen.
Patientinnen und Patienten mit einer AML kann heutzutage zu einem großen Anteil eine kurative Therapie bei Diagnosestellung angeboten werden. Dabei spielt die allogene hämatopoetische Stammzelltransplantation als wirksamste Therapieoption in erster Remission oder in zweiter Remission (i.e. nach einem Rezidiv) die wichtigste Rolle. Sowohl nach einer konventionellen Therapie als auch nach einer allogene hämatopoetische Stammzelltransplantation stellt das Rezidiv der AML die häufigste Todesursache dar. Häufig kommt es zu einem Rezidiv der AML im Knochenmark und/oder peripheren Blut. Sowohl nach einer konventionellen Therapie als auch nach einer allogene hämatopoetische Stammzelltransplantation kann es jedoch auch zu einem extramedullärem AML Rezidiv kommen. Dies bedeutet, dass die Leukämiezellen der AML in extramedullären Manifestationen auftreten. Diese extramedulläre AML stellen dann lokale, solide Tumormassen, bestehend aus Leukämiezellen dar, die das umliegende Gewebe verdrängen und zerstören und ein expansives Wachstum haben.
Mein wissenschaftliches Interesse liegt darin, das Verständnis für die extramedulläre AML zu vertiefen und innovative Behandlungsansätze zu entwickeln.
Manuel Hecht
Meine methodische Expertise erstreckt sich über automatisierte Datenzusammenführung, individuelle Visualisierung, statistische Modellierung, Model Selection, Time-to-Event Analysis, KI und neuronale Netze. Mein besonderes Interesse liegt in der Informationsgewinnung aus großen Datenmengen und der Nutzbarmachung von Routinedaten. Hierbei strebe ich am Standort Kiel eine enge Zusammenarbeit mit dem Datenintegrationszentrum sowie mit möglichen Industriepartnern an, um das UKSH weiter in Richtung eines Data-Driven-Hospitals zu entwickeln.
Durch zahlreiche Projekte in der Wissenschaft und auch in der Industrie habe ich vielfältige Erfahrungen in der Anwendung von Data Science und künstlicher Intelligenz gesammelt.
Diese Fähigkeiten möchte ich nutzen, um die Versorgung von Patienten zu verbessern. Ich bin überzeugt, dass meine fachliche Expertise und meine Leidenschaft für Evidenz-Generierung und Daten mithilfe innovativer Forschungsansätze einen wertvollen Beitrag leisten können. Von besonderer Bedeutung ist für mich die Verzahnung der ärztlichen Expertise und die genaue Kenntnis der klinischen Arbeit mit der Fachkenntnis im Bereich Statistik und Programmierung.
Lea-Josephine Spory
Im Juli 2023 habe ich meine erste Stelle als Assistenzärztin in der Klinik für Hämatologie und Onkologie am UKSH Kiel angetreten. Um neben der Arbeit am Krankenbett, ambitionierten Forschungsprojekten nachgehen zu können, habe ich mich als Clinician Scientist beworben. Ich freue ich mich, seit April 2024 Teil des Programms der Medizinischen Fakultät an der CAU Kiel zu sein.
Im Rahmen meines Forschungsprojektes in der Klinischen Forschungsgruppe „CATCH ALL“ möchten wir in Zusammenarbeit mit dem Biochemischen Institut der CAU Kiel (unter der Leitung von Prof. Elmar Wolff) Proteindegradierung als neuen Ansatz in der Behandlung insbesondere der Akuten Lymphoblastischen Leukämie untersuchen.
Der gezielte Proteinabbau stellt ein innovatives Prinzip zur Entwicklung neuer Wirkstoffe dar. Ziel dieser Methode ist es, krankheitstreibende oder verursachende Proteine aus den betroffenen Zellen zu entfernen, in dem sie dem zelleigenen Protein-Abbauapparat (sog. Proteasom) zugeführt werden. Therapeutisch genutzt werden kann dieses Prinzip z.B. mittels „Proteolysis Targeting Chimeras“ (sog. PROTAC Degrader).
Der maßgebliche Vorteil von Proteindegradierung mittels PROTACs, im Vergleich zur bindungsbasierten Inhibition z.B. mittels kleiner inhibierender Moleküle oder therapeutischer Antikörper, besteht darin, dass auch Proteine angegriffen und beseitigt werden können, die bislang als nicht therapierbar („undruggable“) galten. Zudem bieten PROTACs das Potential, nebenwirkungsärmer als bislang existierende Inhibitoren zu sein.
Im ersten Schritt des Forschungsprojektes sollen u.a. basierend auf Expressionsdaten und genetischen Screens potentielle Kandidatenproteine für eine Proteindegradierung identifiziert werden. Da die Entwicklung von PROTACs komplex und zeitaufwändig ist, wollen wir die identifizierten Kandidaten zunächst in zellulären und murinen Modellen validieren. Hierzu wollen wir die Auxin-induzierbaren-Degron-(AID)-Technologie nutzen, da diese eine einfache Methode der Proteindegradierung darstellt, die vermittelt durch die Hinzugabe des exklusiv in Pflanzen vorkommende Hormon Auxin, einen schnellen und selektiven Abbau von Zielproteinen verursacht. Somit sind mechanistische Untersuchungen einer gezielten Targetdegradierung möglich, welche Rückschlüsse über die Wirkung entsprechender PROTACs erlauben.
Die gewonnenen Erkenntnisse sollen dazu beitragen, PROTACs für die Behandlung der ALL zu entwickeln. Ziel ist es, für bislang nicht oder nur unzureichend behandelbare Untergruppen neue zielgerichtete Therapieansätze vorzuschlagen und nebenwirkungsärmere Behandlungsoptionen hervorzubringen.