In der Neuroradiologie führen wir die Diagnostik und Therapie von Erkrankungen und Veränderungen des Nervensystems, d.h. vor allem von Gehirn und Rückenmark, einschließlich seiner Hüll- und Nachbarstrukturen, durch.
Unsere Ärzte und Medizinisch-Technischen Radiologieassistenten (MTRA) verfügen über ein erhebliches Maß an Erfahrung und Spezialwissen, da heute, je nach Art und Ausprägung der Erkrankungen, zahlreiche Untersuchungs- und Behandlungstechniken in der Neuroradiologie in Frage kommen und bei uns zur Verfügung stehen.
Unser Leistungsspektrum im diagnostischen Bereich reicht von der einfachen Röntgenuntersuchung über die Computertomographie (CT), Magnetresonanztomographie (MRT) und Katheter-Angiographie (DSA) bis zur Myelographie (Untersuchung des Rückenmarkkanals mit Kontrastmittel).
Eine wichtige und zunehmende Bedeutung haben außerdem therapeutische Verfahren der Neuroradiologie, die unter dem Begriff der interventionellen Neuroradiologie zusammengefasst werden.
Interventionelle Neuroradiologie
Die Behandlungen erfolgen bei uns minimal-invasiv. In den meisten Fällen wird die Schlagader in der Leiste durch einen kleinen Einstich eröffnet und die Behandlung erfolgt dann durch dieses „Schlüsselloch“ mit feinen Instrumenten. Diese werden entlang der großen Körperschlagadern (Arterien) vorgeschoben, so dass man am Herz vorbei, durch die Halsschlagadern und zum Teil bis in die sehr dünnen Arterien im Gehirn gelangt.
Sehr häufig führen wir die Behandlung von Engstellen der Kopfschlagadern, also z. B. den Stenosen der A. carotis interna durch. Es erfolgt entweder die minimal-invasive Aufdehnung durch einen kleinen Ballon oder die Implantation von filigranen Drahtgitterröhrchen (Stents).
Der minimal-invasiven Behandlung von Schlaganfällen kommt ebenfalls eine große Bedeutung zu. Da bei der Behandlung eines Schlaganfalles jede Minute zählt, können durch eine perfektionierte Logistik unsere spezialisierten und sehr routinierten neuroradiologischen Fachärzte zu jeder Tages- und Nachtzeit Schlaganfälle unmittelbar behandeln.
Auch Gefäßaussackungen (Aneurysmen) in den Hirnarterien können angiographisch mit filigranen Stents versorgt werden. Zusätzlich werden durch spezielle Techniken die Aneurysmen mit verschiedenen Materialien ausgefüllt, so dass sie nicht weiter wachsen oder zerreißen können. Auch hier wird nur ein kleiner Zugang über die Leistenarterie benötig und viele Eingriffe können wir in lokaler Betäubung durchführen.
Die Versorgung von Blutungen im Hirn ist ebenfalls ein häufig von uns durchgeführter Eingriff, ohne dass dazu eine Eröffnung des Schädels nötig ist. Hierbei werden minimal-invasiv z. B. sehr kleine Metallspiralen (Coils) über die Leiste durch die Arterien bis zur Blutung gebracht und freigesetzt, erst dadurch nehmen sie ihre eigentliche Form an und verbleiben dann sicher an Ort und Stelle. Durch ihre spezielle Oberfläche führen sie zur Blutgerinnung, so dass die Blutung gestoppt werden kann.
Eine arterio-venöse Gefäßmissbildung im Kopf - ein sogenannter Blutschwamm – kann, z.B. durch Einbringen von gewebeverträglichen Partikeln oder Klebstoff, dauerhaft verschlossen, oder wenigstens so verkleinert werden, dass eine anschließende Operation oder Bestrahlung möglich ist.
CT-gestützte Interventionen
Periradikuläre Infiltrationstherapie (PRT)
In enger Kooperation mit der Klinik für Neurochirurgie (Prof. Dr. Synowitz, link) bieten wir eine CT-gestützte Infiltration der spinalen Nervenwurzeln an. Hierbei wird im CT zielgenau eine dünne Punktionsnadel an die betroffene Nervenwurzel platziert. Anschließend wird eine Mischung aus einem lokalen Betäubungsmittel (Lokalanästhetikum) und Cortison injiziert. Dies führt zum einen zu einer unmittelbaren Schmerzlinderung, durch das Cortison wird darüber hinaus ein Abschwellen der häufig gereizten Nervenwurzel erreicht. Eine langfristige Minderung der Beschwerden ist somit ebenfalls gegeben.
Die PRT bietet oft eine gute und schonende Behandlungsmöglichkeit bei akuten oder chronischen Rückenschmerzen, ausgelöst durch Bandscheibenvorfälle oder z.B. knöcherne Engen an den austretenden Nervenwurzeln, für die eine rein medikamentöse Therapie nicht ausreichend, eine Operation aber noch nicht notwendig ist. Die PRT kann aber auch bei Schmerzzuständen nach Bandscheibenoperationen eingesetzt werden. Prinzipiell ist eine Behandlung aller Wirbelsäulenabschnitte mögliche.
Infiltration der Facettengelenke
Die Facettengelenke, auch kleine Wirbelgelenke genannt, stellen die Verbindung zweier Wirbelkörper her. Im Laufe des Lebens können diese degenerieren und durch Reizzustände zu schweren Rückenschmerzen, zum Teil mit ausstrahlendem Charakter führen. Ähnlich wie bei der PRT (siehe oben) wird eine dünne Punktionsnadel unter CT-Sicht an den Gelenkspalt der betroffenen Facettengelenke gebracht und eine Mischung aus einem lokalen Betäubungsmittel (Lokalanästhetikum) und Cortison injiziert. Hierdurch können die Reizzustände und Schmerzen häufig dauerhaft behoben werden.
Die Facettengelenks-Infiltration wird bei uns ambulant durchgeführt. Nach der Punktion ist lediglich eine kurze Beobachtung notwendig. Durch moderne CT-Technik werden höchste Genauigkeit und eine Minimierung der Strahlenbelastung erreicht.
Eine Terminvereinbarung zur CT-gesteuerten Schmerztherapie kann über die Wirbelsäulensprechstunde der Klinik für Neurochirurgie erfolgen. Eine direkte Vorstellung in unserer neuroradiologischen Sprechstunde ist ebenfalls mit Überweisung möglich.
Infiltration des Iliosakralgelenks (ISG)
Ähnlich wie bei der PRT (siehe oben) wird eine dünne Punktionsnadel unter CT-Kontrolle in den Gelenkspalt zwischen Darmbein und Kreuzbein (Iliosakralgelenk, ISG) gebracht und eine Mischung aus einem lokalen Betäubungsmittel (Lokalanästhetikum) und Cortison injiziert. Reizzustände und Blockaden dieser Gelenke sind häufig und führen zu starken Rückenschmerzen, die eine ausstrahlenden Charakter haben können. Die ISG-Infiltration bietet eine unkomplizierte und effektive Behandlung.
Ablauf
Die CT-gestützten Interventionen werden bei uns ambulant durchgeführt. Nach der Punktion ist lediglich eine kurze Nach-Beobachtung notwendig. Durch moderne CT-Technik werden höchste Genauigkeit und eine Minimierung der Strahlenbelastung erreicht.
Eine Terminvereinbarung zur CT-gestützten Intervention kann über die Wirbelsäulensprechstunde der Klinik für Neurochirurgie erfolgen. Eine direkte Vorstellung in unserer neuroradiologischen Sprechstunde ist ebenfalls mit Überweisung möglich.
Kopfschmerztherapie
Kopfschmerzen können vielfältige Ursachen haben. Bei der Diagnosefindung ist die neuroradiologische Diagnostik, insbesondere durch das MRT, ein wichtiger Baustein. In manchen Fällen kann ein Über- oder Unterdruck im Kopf der Auslöser für Kopfschmerzen sein. Für die Druckverhältnisse im Kopf ist unter anderem der Liquor cerebrospinalis, also die Nervenflüssigkeit, von besonderer Bedeutung. Sowohl ein Überdruck als auch ein Unterdruck der Nervenflüssigkeit können zu schweren Kopfschmerzen führen. Die Ursachen hierfür sind ebenfalls vielfältig. Viele können durch spezielle neuroradiologische Untersuchungen erkannt und durch neuroradiologische Interventionen erfolgreich behandelt werden. Hierzu zählen u.a. das Liquorunterdrucksyndrom und das Liquorüberdrucksyndrom, der sogenannte Pseudotumor cerebri, auch idiopathische intrakranielle Hypertension (IIH) genannt.
Liquorunterdrucksyndrom
Das Liquorunterdrucksyndrom beschreibt einen Zustand, bei dem es durch einen Mangel an Nervenflüssigkeit zu einem Unterdruck im Kopf kommt. Hierdurch werden die äußerst schmerzempfindlichen Hirnhäute gereizt. Die häufigste Ursache hierfür ist eine vorangegangene Nervenwasserpunktion (Lumbalpunktion), wie sie z.B. zur Spinalanästhesie oder zur Entnahme von Liquor durchgeführt wird.
Typische Beschwerden sind Kopfschmerzen, die im Stehen zunehmen, sich im Liegen aber wieder bessern. Diese bilden sich meist ein paar Tage nach der Punktion aus. Grund dafür ist der unerwünschte Austritt von Nervenwasser über die ehemalige Punktionsstelle.
In vielen Fällen bilden sich diese Kopfschmerzen mit der Zeit spontan zurück. Sollte dies nicht der Fall sein, ist ein sogenannter Eigenblutpatchmöglich. Hierbei wird unter Röntgendurchleuchtung eine dünne Punktionsnadel außerhalb der Rückenmarkshaut platziert. Durch diese wird dann unmittelbar davor entnommenes venöses Eigenblut injiziert, das das Loch der Rückenmarkshaut verklebt.
Nicht in allen Fällen ist der Liquorunterdruck Folge einer vorangegangenen Nervenwasserpunktion, sodass der Ort des Nervenwasseraustritts erst detektiert werden muss. Oft ist das Leck schon in einer einfachen MRT-Untersuchung sichtbar. Andernfalls kann es notwendig sein, die Leckstelle zu detektieren, indem der Rückenmarkskanal punktiert und mit einem Kontrastmittel gefüllt wird. Anschließend lässt sich das Leck im MRT oder CT darstellen.
Diese Diagnostik und Therapie erfolgen bei uns in enger Kooperation mit der Klinik für Neurologie und der Klinik für Neurochirugie. Häufig ist ein kurzer stationärer Aufenthalt notwendig. Durch moderne CT- und Durchleuchtungstechnik werden höchste Genauigkeit und eine Minimierung der Strahlenbelastung erreicht.
Pseudotumor cerebri (Idiopathische intrakranielle Hypertension (IIH))
Bei der idiopathischen intrakraniellen Hypertension (IIH), früher auch Pseudotumor cerebri genannt, kommt es zu einer Drucksteigerung im Kopf, deren Ursache bisher nicht vollständig geklärt ist (https://www.dgih.org/ueber-uns/). Chronische Kopfschmerzen und Sehstörungen sind häufige Symptome dieser Erkrankung, die unbehandelt bis zur Erblindung führen kann. Wiederholte entlastende Nervenwasserpunktionen können kurzfristig Abhilfe schaffen, führen aber zu keiner dauerhaften Beseitigung der Beschwerden.
In manchen Fällen lässt sich als Ursache des Überdrucks eine Stenose (=Verengung) eines ableitenden Hirnsinus (=venöses Blutgefäß) detektieren, die zur Überdrucksituation führt. Hier kann die Implantation eines Stents (=Gefäßprothese) zu einer Normalisierung der Druckverhältnisse und damit zu einer Rückbildung der Beschwerden führen.
Die Implantation eines Stents erfolgt in Vollnarkose über einen minimalinvasiven Zugang. Hierfür wird ein dünner Katheter über die Leistenvene eingebracht und unter Durchleuchtung bis in den Kopf gesteuert. Über den Katheter wird dann der Stent genau auf der Engstelle platziert. Anschließend erfolgt die Kontrolle des Eingriffes durch Druckmessung direkt vor Ort über den Katheter.
Im Normalfall ist hierfür ein stationärer Aufenthalt über eine Nacht zur Überwachung notwendig. Diese Diagnostik und Therapie erfolgen bei uns in enger Kooperation mit der Klinik für Neurologie und der Klinik für Neurochirugie.
Kontakt und Anmeldung
Anmeldung der neuroradiologischen Angiografie: 0431 500-16641
E-Mail-Adresse für Anfrage an die neuroradiologische Angiografie: neuroangio.kiel@uksh.de