Heute, 27. September 2023, überreichte Gesundheitsministerin Prof. Dr. Kerstin von der Decken einen Förderbescheid über 500.000 Euro zugunsten des Projektes SKIP-SH. Ziel des Versorgungsprojektes der Klinik für Innere Medizin IV des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel, ist es, die Peritonealdialyse in Schleswig-Holstein nachhaltig zu stärken und die Lebensqualität von Patientinnen und Patienten mit terminaler Nierenerkrankung zu verbessern. Die Peritonealdialyse, auch Bauchfelldialyse genannt, ermöglicht es Erkrankten, die Therapie eigenständig zu Hause durchzuführen und bietet zahlreiche Vorteile gegenüber der herkömmlichen Hämodialyse.
Zur Übergabe des Förderbescheides sagte die Gesundheitsministerin: „Gute Versorgung und effizienter Ressourceneinsatz müssen nicht im Widerspruch stehen – sondern können Hand in Hand funktionieren. Das zeigt das Projekt SKIP-SH. Durch die Förderung der Heimdialyse kann einerseits die Lebensqualität der Betroffenen gesteigert werden, während andererseits die vorhandenen Ressourcen effizienter eingesetzt werden. Ich danke allen Beteiligten für die tolle Initiative, die wir als Land sehr gerne mit Mitteln des Versorgungssicherungsfonds fördern.“
PD Dr. Kevin Schulte, komm. Direktor der Klinik für Innere Medizin IV mit den Schwerpunkten Nieren- und Hochdruckkrankheiten, sagte: „Unsere Maxime lautet: Jeder hat das Recht, Zuhause zu dialysieren. Wir sehen das Projekt vor allem als Beitrag zur Freiheit und Lebensqualität von Patientinnen und Patienten. Ziel dieses Vorhabens ist es, strukturelle Hürden abzubauen und den Zugang zur Bauchfelldialyse zu erleichtern.“ Der Experte für Nephrologie hat das Projekt gemeinsam mit Assistenzarzt Dr. Benedikt Kolbrink initiiert.
Hintergrund:
Menschen mit fortgeschrittener chronischer Nierenerkrankung sind auf Nierenersatztherapien angewiesen, wenn die lebenswichtigen Funktionen der erkrankten Nieren versagen. Die Dialyse befreit das Blut von Abfallprodukten des Stoffwechsels und überschüssigem Wasser. Bei der weit verbreiteten Hämodialyse werden diese Behandlungen in spezialisierten Einrichtungen durchgeführt. Dabei müssen die Patientinnen und Patienten in der Regel dreimal wöchentlich für mindestens vier Stunden in einem Dialysezentrum behandelt werden. Die Peritonealdialyse bietet eine vielversprechende Alternative. Bei diesem Verfahren können die Betroffenen die Therapie eigenständig zu Hause durchführen und benötigen in aller Regel nur eine Vorstellung im Dialysezentrum im Abstand von mehreren Wochen.
Beide Dialyseverfahren gelten in Bezug auf die Lebenserwartung der Erkrankten als gleichwertig. In puncto Lebensqualität bestehen für viele Menschen aber Vorteile zugunsten der Peritonealdialyse. Die selbstständige Durchführung ermöglicht mehr Freiheit im Alltag, was die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben und die Berufstätigkeit erleichtert. Zudem ist die Peritonealdialyse kostengünstiger und ressourceneffizienter. Fachleute gehen davon aus, dass für die Versorgung von Erkrankten mittels Hämodialyse im Vergleich zur Bauchfelldialyse viermal so viele medizinische Fachkräfte benötigt werden.
Trotz dieser Vorteile führt die Peritonealdialyse in Deutschland ein Schattendasein. Nur 6,1 Prozent der dialysepflichtigen Menschen nutzen dieses Verfahren, während die überwiegende Mehrheit, nämlich 93,2 Prozent, die Zentrums-Hämodialyse in Anspruch nimmt. Besonders in Schleswig-Holstein ist dieser Unterschied eklatant, wo nur 4,3 Prozent der Patientinnen und Patienten die Peritonealdialyse nutzen. Internationale Experten schätzen, dass bis zu 50 Prozent der Betroffenen von den Vorteilen der Peritonealdialyse profitieren könnten.
„Mit Blick auf die demographische Entwicklung kann die Stärkung der Heimdialyse darüber hinaus ein wichtiger Beitrag zur Versorgungssicherheit sein – auch für Patientinnen und Patienten, die aus verschiedenen Gründen keine Peritonealdialyse durchführen können“, sagt Dr. Kolbrink, „durch eine Entlastung des ohnehin knappen Fachpersonals in den Dialysepraxen könnten die vorhandenen Ressourcen besser auf diese Menschen konzentriert werden.“
Projekt „SKIP-SH“:
Das Akronym „SKIP-SH“ steht für „Sektorenübergreifende Koordinierungsstelle zur nachhaltigen Intensivierung der Peritonealdialyse in Schleswig-Holstein“. Im Zentrum steht die Gründung einer sektorenübergreifende Koordinierungsstelle Peritonealdialyse in der Klinik für Innere Medizin IV am UKSH, Campus Kiel. Sie soll die bestehenden strukturellen Hürden abbauen und das Behandlungsverfahren dauerhaft stärken. Gelingen soll dies durch Unterstützung der Patientinnen und Patienten zur gemeinsamen Entscheidungsfindung für das richtige Dialyseverfahren, die Terminkoordination zwischen ambulanten und stationären Einrichtungen und der Aufbau einer Beratungs- und Fortbildungsstruktur zum Thema Peritonealdialyse unter enger Einbindung der niedergelassenen Praxen in Schleswig-Holstein.
Forschung und Lehre:
Flankiert wird das Projekt durch eine wissenschaftliche Studie, um zu prüfen, ob das Projekt tatsächlich den erwünschten Nutzen bringt. Die Begleitforschung soll hierzu ein evidenzbasiertes Fundament schaffen, um das Konzept für Andere nachvollziehbar und bei erfolgreicher Umsetzung reproduzierbar zu machen.
An der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel beginnt zeitgleich ein innovatives Lehrprojekt: Durch Unterstützung des Kuratoriums der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie erhalten Medizinstudierenden die Möglichkeit, mittels VR-Brille das Anlegen einer Bauchfelldialyse zu erlernen. Ziel ist dabei auch, die Bauchfelldialyse als sicheres Therapieverfahren bereits in der medizinischen Ausbildung bekannter zu machen.
Für Rückfragen von Journalistinnen und Journalisten steht zur Verfügung
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel
Klinik für Innere Medizin IV, PD Dr. Kevin Schulte
Tel. 0431 500-23001, Kevin.Schulte@uksh.de
Pressebilder

Bei der Peritonealdialyse erfolgt die Blutreinigung innerhalb des Körpers über das Bauchfell, das die Bauchhöhle auskleidet und als Filtermembran dient. Dialysepflichtige Nierenkranke können diese Methode selbständig zu Hause durchführen. Sie verwenden einen fest eingenähten Katheter in der Bauchwand, um regelmäßig eine spezielle Spüllösung (Dialysat) in die Bauchhöhle einzuführen. Das Dialysat umspült das Bauchfell, wodurch Schadstoffe aus den Blutgefäßen des Bauchfells in das Dialysat übertreten. Gleichzeitig wird überschüssiges Wasser dem Blut entzogen, da das Dialysat Zucker oder zuckerähnliche Stoffe enthält. Nach einigen Stunden wird das angereicherte Dialysat über den Katheter abgelassen und durch neues, steriles Dialysat ersetzt. Dieser Zyklus wiederholt sich mehrmals am Tag.
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Gesundheitsministerin Prof. Dr. Kerstin von der Decken überreichte einen Förderbescheid über 500.000 Euro an PD Dr. Kevin Schulte (r.), komm. Direktor der Klinik für Innere Medizin IV, und Dr. Benedikt Kolbrink. (Foto: M. Livschütz)
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Dr. Schulte und Oberarzt Thorben Schrumpf erläutern Patientin Elive Güley die Funktion der Automatisierten Peritonealdialyse.
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PD Dr. Kevin Schulte, komm. Direktor der Klinik für Innere Medizin IV mit den Schwerpunkten Nieren- und Hochdruckkrankheiten
Bild in OriginalgrößeVerantwortlich für diese Presseinformation
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