Forscher der Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, Campus Kiel, haben genetisch bedingte Parallelen von Schlafverhalten und Ansprechen auf Narkosemittel festgestellt. Die Studie der Kieler Arbeitsgruppe um Privatdozent Dr. Berthold Bein ist damit die erste weltweit, die eine Verbindung zwischen Schlaf und Anästhesie auf molekularer Ebene belegt. Das Forschungsergebnis ist ein erster Schritt, um Patienten in Zukunft individuell angepasste Narkosen anbieten zu können.
Narkosegase werden weltweit millionenfach eingesetzt, ohne das man bislang den exakten Wirkmechanismus kennt. Eine Genmutation im Erbgut der Fruchtfliege Drosophila könnte nun eine wichtige Rolle dabei spielen, die Wirkungsweise aufzuklären. In einer Untersuchung, die in der Februar-Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift "Anesthesiology" publiziert wurde, berichten die Kieler Forscher, dass Fruchtfliegen mit einer bestimmten Genmutation sowohl ein deutlich vermindertes Schlafbedürfnis haben, als auch deutlich mehr Narkosegase zur Anästhesie benötigen.
Die Fruchtfliege Drosophila ist ein interessantes Modell für die genetische Forschung, da sich viele Schlüsselgene des Menschen schon in der Fruchtfliege mit ähnlicher Funktion finden lassen. Daher können Erkenntnisse aus der Forschung mit Fruchtfliegen im Prinzip auf den Menschen übertragen werden. Das sogenannte "Shaker"-Gen, welches die Kieler Forschergruppe für ihre Studie isoliert hatte, ist für das extrem geringe Schlafbedürfnis dieser Mutanten verantwortlich. Dies wurde kürzlich von Forschern der University of Wisconsin-Madison (USA), die mit der Kieler Klinik kooperieren, in der Fachzeitschrift "Nature" publiziert. "Wir vermuteten, dass Fliegen mit der Kurzschläfer-Mutation erheblich mehr Narkosegase benötigen würden als die normalen Fliegen. Genau dies konnten wir in unseren Versuchen bestätigen" erläutert Dr. Berthold Bein.
Bisher wird die Dosierung von Anästhetika überwiegend nach Gewicht und Alter der Patienten abgestimmt. Ein genaueres Verständnis der Faktoren, die den grundsätzlichen Anästhetika-Bedarf der Patienten außerdem noch beeinflussen, könnte die medizinische Praxis künftig in erheblicher Weise verändern. Ziel der Kieler Forschung ist es, individuell optimal dosierte Narkosen zu erreichen, um die Nebenwirkungen der Anästhesie weiter zu reduzieren.
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PD Dr. Berthold Bein, lt. Oberarzt der Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin
Tel.: 0431 597-3739, E-Mail: bein@anaesthesie.uni-kiel.de
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