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Neues Register soll Prothesenversorgung verbessern

Donnerstag, 14. Februar 2013

UKSH-Wissenschaftler leistet Pionierarbeit - Pilotphase erfolgreich gestartet

Der künstliche Gelenkersatz ist eine der wichtigsten Entwicklungen der modernen Medizin. Jährlich werden in Deutschland 390.000 künstliche Gelenke eingesetzt. Um die Patientensicherheit und die Versorgungsqualität dauerhaft zu überwachen und zu verbessern, wird auf Initiative von Prof. Dr. Joachim Hassenpflug, Direktor der Klinik für Orthopädie des Universitätsklinikums Schleswig-Holsteins (UKSH), Campus Kiel, erstmals in Deutschland ein nationales Register zur Qualitätssicherung aufgebaut. Nun ist das Endoprothesenregister Deutschland (EPRD) erfolgreich in den Probebetrieb gestartet.

„Mit dem Start in die Pilotphase in deutschlandweit über 30 Kliniken haben wir uns dem Ziel einer deutlich verbesserten Patientensicherheit entscheidend genähert“, sagt Prof. Hassenpflug, der auch die Geschäftsführung der EPRD gGmbH übernommen hat. Auch das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein nimmt an der Erprobung des Registers teil. Mehr als 200 weitere Kliniken haben bereits ihre Bereitschaft zur Teilnahme am EPRD bekundet. „Ein deutschlandweiter Betrieb des Registers wird voraussichtlich ab Sommer 2013 beginnen, erste Ergebnisse erwarten wir bis 2015“, sagt der Professor.

Als nationales Register wird das EPRD erstmals in Deutschland eine flächendeckende Datengrundlage für eine weitere Verbesserung der Versorgungsqualität schaffen. Insbesondere erhoffen sich die Beteiligten mehr Informationen über die Standzeit künstlicher Gelenke zu erhalten, also die Zeit in der die Implantate bis zu einer Wechseloperation funktionstüchtig sind. Bisher ist zwar die Anzahl der eingestetzten Prothesen bekannt, Erkenntnisse über die Standzeit der einzelnen Medizinprodukte und die Ursachen über eventuelle Misserfolge bei Prothesen-Eingriffen sind jedoch bisher unzureichend.

Um eine flächendeckende Datenerhebung zu erreichen, gelang es, alle Beteiligten in das Projekt einzubeziehen und die Kompetenzen zum Wohle der Qualitätssicherung zu bündeln. „Beim EPRD ziehen Wissenschaft, Ärzte, Krankenkassen, Patientenvertretungen und Industrie an einem Strang“, sagt der Initiator des Registers. Schließlich nütze das EPRD als eine Art Frühwarnsystem gleichermaßen Patienten, Kliniken, Ärzten und Herstellern. „Patienten bekommen mehr Sicherheit und EPRD-Kliniken erhalten jährlich exklusiv einen klinikspezifischen Bericht vom Register, so dass die Ärzte die Qualität ihrer Arbeit leichter messen können“, erklärt Prof. Hassenpflug. Auch die Unternehmen erhielten jedes Jahr einen kompletten unabhängigen Bericht des Registers über die Leistung ihrer Produkte, der sogar die Revisionsgründe beanstandeter Produkte erfasse. Dabei sei besonders die Unabhängigkeit des Registers wichtig, das bei der medizinischen Fachgesellschaft angesiedelt ist. Dies untermauere die Aussagekraft der Daten.

Das Endoprothesenregister Deutschland wird getragen von der EPRD gGmbH, einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC). Das BQS-Institut wurde beauftragt, technisch als Registerstelle zu fungieren: Die Registerstelle führt die Datenstränge von Krankenhäusern und Krankenkassen zusammen und greift auf die neue, eigens eingerichtete Implantat-Datenbank der Industrie zurück, in der auf dem deutschen Markt verwendete Knie- und Hüftprothesen erfasst sind. Bei der Teilnahme setzt das Register auf Freiwilligkeit, sowohl die Patienten als auch Ärzte, Kliniken und Industrie müssen einer Datennutzung ausdrücklich zustimmen. Im Einzelnen werden folgende Daten erfasst und ausgewertet:

Von den Krankenkassen erhält das Register Abrechnungsdaten der beteiligten Krankenkassen (AOK, VdEK). Diese Daten fallen schon heute immer dann an, wenn eine Klinik den Einbau einer Endoprothese in Rechnung stellt. Die Kassen leiten Angaben aus den Abrechnungsdaten in pseudonymisierter Form unter Wahrung strengster Datenschutzanforderungen über eine eigens eingerichtete Vertrauensstelle an die Registerstelle weiter. Zudem erhält diese Daten aus der gesetzlichen Qualitätssicherung nach Paragraf 137 Sozialgesetzbuch V direkt von den Krankenhäusern. Diese Datensätze aus der gesetzlichen Qualitätssicherung müssen die Kliniken auch bisher schon dem gemeinsamen Bundesausschuss zur Verfügung stellen. Darüber hinaus müssen Kliniken, die sich am EPRD beteiligen, mithilfe einer neuen Software und eines Barcode-Scanners jedes einzelne Bauteil (Schaft, Kopf, etc.) einer Endoprothese erfassen, mit dem ein Patient versorgt wird. Diese Daten werden im Rahmen des Registers erstmals in Deutschland erhoben und von den Kliniken - ebenfalls auf dem Weg über die Vertrauensstelle - an die Registerstelle gesendet. Mithilfe dieser drei Datenstränge ist es der Registerstelle am Ende möglich zu ermitteln, welcher Prothesentyp wann in welchem Krankenhaus eingesetzt worden ist und ob es sich um eine Erst-Operation oder eine Wechseloperation handelt. Auf dieser Grundlage werden die Ergebnisse regelmäßig ausgewertet und veröffentlicht.

„Es ist uns gelungen, ein aussagekräftiges Verfahren zu entwickeln, das datensparsam, bürokratiearm und vergleichsweise preisgünstig ist - aber großen Nutzen bringt“, sagt Prof. Hassenpflug. Neben den qualitativen Aussagen, mit deren Hilfe Hersteller und Kliniken ihre Arbeit verbessern können, profitierten insbesondere die Patienten von einer besseren und nachhaltigeren Versorgung. Zudem ergebe sich ein erhebliches Einsparpotential, erläutert Prof. Hassenpflug: „Überträgt man die schwedischen Erfahrungen auf die deutschen Verhältnissen, ergibt sich bei vorsichtiger Schätzung ein jährliches Einsparpotential im mittleren zweistelligen Millionenbereich, da sich die Rate der Frührevisionen und die längerfristige Wechselquote verringern.“

Aus der Klinik für Orthopädie am Campus Kiel des UKSH wird das Register schon jetzt mit entsprechenden Daten bedient. „Das System hat sich bei uns in der Testphase schon eingespielt“, sagt Dr. Frieder Traulsen, Oberarzt an der Klinik. „Wir freuen uns, mit unseren Daten, die wir mit vergleichsweise geringem Aufwand aus dem OP-Betrieb erzielen, einen wichtigen Beitrag zur Patientensicherheit, einer Verbesserung der Versorgungsqualität und zur Überprüfung unserer eigenen Leistungsfähigkeit leisten zu können.“

Für Rückfragen steht zur Verfügung:
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel
Klinik für Orthopädie, Prof. Dr. Joachim Hassenpflug
Tel.: 0431 597-2430, E-Mail: Joachim.Hassenpflug@uksh-kiel.de

Prof. Dr. Joachim Hassenpflug, Direktor der Klinik für Orthopädie des Universitätsklinikums Schleswig-Holsteins (UKSH), Campus Kiel

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