Allgemeines
Der persistierende Ductus arteriosus zählt mit 5 bis 9 % zu den häufigen Herz-Gefäß-Fehlbildungen und kommt isoliert oder in Kombination mit anderen Fehlbildungen des Herzens und der großen Arterien vor.
Anatomie
Der Ductus arteriosus stellt im Kreislauf des ungeborenen Kindes (fetaler Kreislauf) eine normale und notwendige Verbindung zwischen Lungenschlagader und Körperschlagader dar. Über den Ductus wird im Mutterleib das Blut aus der rechten Herzkammer unter Umgehung der Lunge in die Körperschlagader gepumpt (siehe Kapitel Fetaler Kreislauf). Normalerweise verschließt sich der Ductus innerhalb von Stunden bis Tagen nach der Geburt spontan. Bleibt dieser Verschluss aus, spricht man von einem fortbestehenden (=persistierenden) Ductus arteriosus. Es handelt sich im eigentlichen Sinne nicht um einen Herzfehler, sondern um eine Gefäßfehlbildung. Das Fortbestehen dieser Verbindung wirkt sich allerdings auf die Herzfunktion aus. Mit Absinken des Blutdruckes in den Lungengefäßen nach der Geburt besteht in der Lungenschlagader ein geringerer Druck als in der Körperschlagader. Durch dieses Druckgefälle fließt sauerstoffreiches Blut aus der Körperschlagader über den Ductus in die sauerstoffarmes Blut führende Lungenschlagader (Links-Rechts-Shunt).
Folgewirkungen
Die Auswirkungen sind abhängig von der Größe des Ductus. Kinder mit einem kleinen Ductus arteriosus sind in der Regel beschwerdefrei. Häufig fällt die Fehlbildung im Rahmen einer kinderärztlichen Vorsorgeuntersuchung durch ein Herzgeräusch auf. Bei einem mittelgroßen oder großen Ductus arteriosus fließt mehr Blut von der Körperschlagader über den Ductus in die Lungenschlagader. Das zusätzliche Blutvolumen fließt über den Ductus weiter durch die kleinen Lungengefäße und wieder zurück zum linken Vorhof, in die linke Herzkammer und erneut zur Körperschlagader (Aorta). Das zusätzliche, in diesen Abschnitten kreisende Blut, nennt man Shuntvolumen. Je nach Ausmaß des Shuntvolumens kommt es zu einer Vergrößerung von linkem Vorhof und linker Herzkammer. Diese Vergrößerung stellt eine Fehlbelastung des Herzens dar, die im späteren Lebensalter bei ausbleibender Behandlung mit Folgen verbunden ist. Bei großem Shuntvolumen können bereits im Kindesalter Krankheitszeichen wie Kurzatmigkeit, vermehrtes Schwitzen beim Trinken und eine Gedeihstörung auf die Herzfehlbelastung hinweisen. Bei einem sehr großem Ductus arteriosus kann es im Verlauf von Monaten bis Jahren zu einem Druckangleich zwischen Körperschlagader und Lungenschlagader kommen. In diesem Fall verändern sich die Lungengefäße und es entwickelt sich ein Lungenhochdruck (pulmonaler Hypertonus). Sind diese Veränderungen unumkehrbar eingetreten, besteht keine Möglichkeit mehr, den Ductus arteriosus zu verschließen. Diese Situation ist bei rechtzeitiger Diagnose äußerst selten.
Behandlung bis zum Ductusverschluss
Kinder mit einem kleinen Ductus arteriosus ohne ersichtliche Fehlbelastung des Herzens brauchen keine Behandlung. Gelegentlich ist ein Spontanverschluss auch jenseits des Säuglingsalters möglich, aber selten.
Bei sehr unreifen Frühgeborenen bleibt der Spontanverschluss des Ductus häufig aus. Diese Kinder sind mit ihrer unreifen Lunge durch den vermehrten Blutfluss oft sehr krank und benötigen eine maschinelle Beatmung. Auf der Frühgeborenenintensivstation kann in dieser Situation ein Verschluss bzw. eine Verkleinerung des Ductus arteriosus durch Medikamente und weitere Maßnahmen erfolgreich sein.
Operation
Die Operation wird in der Regel ohne Einsatz der Herz-Lungen-Maschine durchgeführt. Über einen Schnitt zwischen den Rippen der linken Brustkorbseite hat der Kinderherzchirurg Zugang zum Operationsgebiet. Der offene Ductus wird mit Fäden oder einem Metallclip unterbunden, manchmal wird der Ductus zwischen den Fäden zusätzlich durchtrennt. Das Operationsrisiko ist gering, eine spontane Wiedereröffnung des Ductus kann in wenigen Fällen vorkommen, wenn der Ductus nicht durchtrennt wurde.
Insgesamt ist ein Verschluss eines offenen Ductus durch eine Operation heute nur noch in wenigen Fällen notwendig, etwa bei sehr kleinen Frühgeborenen oder sehr großem Ductus. Den meisten Kindern kann heutzutage durch Einsatz einer speziellen Technik im Herzkatheterlabor ohne Operation geholfen werden.
Herzkatherbehandlung
Schon ab dem frühen Säuglingsalter kann ein offener Ductus arteriosus durch eine Herzkathetertechnik mit einem Schirmchen oder mit Drahtspiralen verschlossen werden (siehe nebenstehendes Bild). Das abhängig von der Größe und Form des Ductus ausgewählte Verschlusssystem wird über eine durch die Leistengefäße vorgeschobene Schleuse im Ductus positioniert. Die Ergebnisse dieser Behandlungsmethode kommen denen einer Operation gleich. Das Risiko ist gering, eine Narbe am Brustkorb wird vermieden.
Weiterer Verlauf
Nach Verschluss eines isolierten persistierenden Ductus arteriosus durch eine Operation oder Herzkatheterprozedur sind die Kinder meist gesund. Eine Endokarditisprophylaxe ist nach der Herzkatheterprozedur für ein halbes Jahr angeraten. Nachuntersuchungen sind in der ersten Zeit erforderlich, um das Behandlungsergebnis zu überprüfen. Jahre nach dem Verschluss sind in den meisten Fällen keine weiteren Kontrolluntersuchungen notwendig.