Vorhofseptumdefekt

Allgemeines

Der Vorhofseptumdefekt tritt mit einer Häufigkeit von 7 bis 12 % aller angeborenen Herzfehler auf. Zusammen mit dem Ventrikelseptumdefekt macht er damit etwa die Hälfte aller angeborenen Herzfehler aus.

Anatomie

Vorhofseptumdefekt vom Sekundumtyp Vorhofseptumdefekt vom Sekundumtyp

Bei einem Vorhofseptumdefekt besteht ein Defekt in der Scheidewand zwischen den beiden Vorkammern. Dieser Defekt kann an verschiedenen Stellen der Scheidewand liegen. Bei dem häufigsten Typ eines Vorhofseptumdefektes vom Sekundumtyp (ASD II) liegt der Defekt etwa in der Mitte des Vorhofseptums, im Bereich des sogenannten Foramen ovale (die beim ungeborenen Kind bestehende Öffnung zwischen den beiden Vorhöfen, welche sich in der Regel ebenso wie der Ductus arteriosus nach der Geburt verschließt). Der seltenere obere Sinus-venosus-Defekt ist weit oben in der Vorhofscheidewand im Einmündungsbereich der oberen Hohlvene gelegen, der untere Sinus-venosus- Defekt entsprechend im unteren Anteil des Septums im Mündungsbereich der unteren Hohlvene gelegen.

Bei dem Vorhofseptumdefekt vom Primumtyp (ASD I) befindet sich der Defekt weiter unten in der Vorhofscheidewand nahe den Vorhof-Kammer-Klappen (Mitral- und Trikuspidalklappe). Dieser Defekt geht häufig mit einer Spaltbildung eines Segels der Mitralklappe einher, erkennbar an einer zusätzlich bestehenden Undichtigkeit dieser Klappe. Der ASD I mit Mitralklappenspalt wird auch als partieller AV-Kanal bezeichnet und hinsichtlich seiner Behandlung im Zusammenhang mit dem kompletten AV-Kanal besprochen.

Folgewirkungen

Da in der linken Vorkammer ein höherer Druck herrscht als in der rechten Vorkammer, fließt das Blut aus dem linken Vorhof über den Vorhofseptumdefekt in den rechten Vorhof (Links-Rechts-Shunt), dann über die rechte Hauptkammer in die Lungenschlagader. Durch dieses über den Defekt zusätzlich zirkulierende Blut kann es abhängig von der Größe des Defektes zu einer Volumenbelastung kommen, worunter sich rechter Vorhof und die rechte Hauptkammer vergrößern. Die Lunge wird „überflutet“. Anders als beim Ventrikelseptumdefekt besteht beim Vorhofseptum- defekt aber meistens nicht die Gefahr der Ausbildung eines Lungenhochdrucks (pulmonale Hypertension). Der Arbeitsdruck in den beiden Vorkammern ist deutlich niedriger als in den Hauptkammern, in den Lungengefäßen kommt es nur zu einer Durchfluss-Vermehrung, aber nicht zu einer bedeutsamen Druckerhöhung. Der nur durch eine erhöhte Druckeinwirkung auf die Lungengefäße entstehende Lungenhochdruck entwickelt sich beim Vorhofseptumdefekt somit üblicherweise nicht. Sehr selten ist dies doch der Fall, wenn bei einem Kind noch zusätzlich aufgrund anderer Ursachen eine Erkrankung des Lungengewebes vorliegt.

Die bei den Kindern auftretenden Symptome sind abhängig von der Größe des Defektes unterschiedlich. Häufig haben die Kinder keinerlei Symptome. Nur bei großen Defekten zeigt sich unter Umständen eine Gedeihstörung und eine vermehrte Infektanfälligkeit, eine Leistungsminderung ist nur selten vorhanden.

Bleibt ein großer Vorhofseptumdefekt unentdeckt, kann es im Jugendlichen- bis jungen Erwachsenenalter aber zu Funktionsstörungen der belasteten rechten Herzkammer oder auch zu Herzrhythmusstörungen infolge der Vorhofvergrößerung kommen.

Ein Verschluss solcher Defekte ist somit erforderlich. Insgesamt bergen aber auch die kleineren Vorhofseptumdefekte langfristige Gefahren. So kann es zum Beispiel als Folge einer Beinvenenthrombose zum Abwandern eines Blutgerinnsels über die Hohlvenen in den rechten Vorhof, über den Defekt auf die linke Herzseite und damit zum Beispiel in die Kopfgefäße mit der Gefahr eines Schlaganfalls kommen. Somit ist zumindest bei hinsichtlich einer Thromboseentwicklung gefährdeten Patienten ein Verschluss des Vorhofseptumdefektes zu erwägen. Sehr kleine Vorhofseptumdefekte bedürfen keiner Behandlung und können sich im Verlauf auch noch spontan verschließen. Der Verschluss eines Vorhofseptumdefektes kann mittels Operation oder durch eine Herzkatheterbehandlung erfolgen, wobei sich die Herzkatheterbehandlung heutzutage zu einem etablierten und erfolgreichen Verfahren entwickelt hat.

Operation

Operativer ASD-Verschluss mit Patch Operativer ASD-Verschluss mit Patch

Der operative Verschluss eines Vorhofseptumdefektes erfolgt unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine. Nach Eröffnen des Brustkorbs eröffnet der Kinderherzchirurg den rechten Vorhof und kann dann den Defekt mit einer Naht oder einem Flicken aus Herzbeutelmaterial verschließen. Anschließend wird der Vorhof wieder zugenäht und der Brustkorb verschlossen. Mittlerweile haben sich die Operationsverfahren so verbessert, dass nur noch sehr kleine Narben am Brustkorb zurückbleiben.

Der Verschluss eines Sinus-venosus-Defektes ist aufgrund der engen Nachbarschaft zu den Hohlvenen und den Lungenvenen technisch aufwendiger und eben durch diese enge Lagebeziehung nicht durch eine Herzkatheterbehandlung zu erreichen.

Das Operationsrisiko ist vergleichsweise gering, gelegentlich kann es nach der Operation zum Auftreten eines Ergusses im Herzbeutel kommen. Bei gutem Verlauf ist eine Entlassung aus der Klinik bereits nach einer Woche durchaus möglich.

Herzkatherbehandlung

Schirmchenverschluss des ASD im Herzkatheter Schirmchenverschluss des ASD im Herzkatheter

Ein Verschluss eines Vorhofseptumdefektes mit einem Schirmchen im Rahmen einer Herzkatheterbehandlung ist mittlerweile auch im frühen Kindesalter möglich. Dafür stehen verschiedene Systeme mehrerer Hersteller zur Verfügung. Voraussetzung für das Einsetzen bei allen Verschluss-Systemen ist das Vorhandensein eines ausreichenden Saumes von Vorhofseptumgewebe zu allen Seiten des Defektes. Dieser Randsaum ist erforderlich, damit das Schirmchen befestigt werden kann. Das je nach Größe und Lage des Defektes ausgewählte Verschluss-System wird dann bei der Herzkatheteruntersuchung durch eine in der Leistenvene vorgeschobene Schleuse im Defekt positioniert. Nach gleichzeitiger Lagekontrolle über eine in der Speiseröhre liegende Ultraschallsonde wird das Schirmchen vom Katheter abgelöst. Der Eingriff wird in Vollnarkose mit maschineller Beatmung durchgeführt.

Nach der Untersuchung erfolgt die Verabreichung gerinnungshemmender Medikamente (Heparin) per Dauertropfinfusion für 24 Stunden. Eine Entlassung aus der Klinik ist in der Regel am Tag nach der Behandlung möglich.